Sattler Sattler: Traditionsberuf für handwerklich Begabte

Rockenberg/Osnabrück/dpa. - Die Bespannung eines Cabrio-Verdecks gehört ebenso zu ihrer Arbeitwie das Bespannen von Sitzen in Auto-Prototypen oder die Erneuerungvon Bootsausstattungen. Reitsattler fertigen neben Sätteln undZaumzeug auch Gurtzeug, Geschirre, Zügel, Leinen und Decken. Auf denFreizeitbereich sind die Sportartikelsattler spezialisiert. Siefertigen und reparieren Sportbekleidungen und Ausrüstungen aus Lederund Segeltüchern. Zu den Produkten gehören beispielsweiseGewehrhüllen, Trageriemen oder Ausrüstungen für Drachenflieger.
Aktuelle Designs spielen bei der Arbeit der Feintäschner einebesondere Rolle. Sie stellen aus Leder Koffer, Handtaschen, Etuis,Werkzeug- und Spezialtaschen, Trachtenkleidung und Werbeartikel her.«Deutschlands Hochburg der Feintäschnerei liegt im Raum Offenbach»,sagt Wilhelm Weil, Bundesvorsitzender des Sattler- undFeintäschnerhandwerks. «Dort bestellen Nobelmarken kleine Serien undManager Einzelstücke.»
Den Großteil der deutschen Sattlerunternehmen stellten aber dieFahrzeugsattlereien, sagt Weil. Mehr als 600 Betriebe sind derzeit imBundesverband gemeldet, die meisten sind kleine Familienunternehmenmit zwei bis drei Mitarbeitern. Das Sattlerhandwerk deckt ein breitesSpektrum ab, die meisten Betriebe sind jedoch auf einen Bereichspezialisiert. Oft orientiert sich die Wahl am eigenen Hobby. «AlsReitsportsattler muss man Pferde mögen, als Sattler für Autos sichfür die Technik da drin interessieren», betont Weil, der inRockenberg bei Bad Nauheim eine Sattlerei für Oldtimer besitzt.
Auch Sattlermeister Andreas Wendt aus Satow(Mecklenburg-Vorpommern) schätzt die immer wieder neuenHerausforderungen seinen Berufes. Ein großer Teil seiner Kunden sindAutonarren, die neben den technischen Details auch dieInnenausstattung ihres Autos tunen. «Ich habe schon Kofferräume,eingebaute Fernseher und Navigationssysteme mit Leder verkleidet»,sagt Wendt. Im Frühjahr ließen zudem die ersten Bootsbesitzer diePlanen und Polster ihrer Yachten erneuern.
Beim Aufarbeiten von Liebhaber-Stücken ist auch organisatorischesGeschick gefragt, wenn etwa Originalstoff für die Bespannung desWagenhimmels eines Oldtimers besorgt werden soll. Anders als vieleandere Handwerksberufe können sich die Sattler nicht über mangelndesweibliches Interesse beklagen. Im Reitsport sind 80 Prozent derSattler Frauen, bei den Fahrzeugsattlern rund 40 Prozent.
Voraussetzung für eine Sattlerausbildung ist einHauptschulabschluss oder die Mittlere Reife. «Außerdem muss auf jedenFall handwerkliches Geschick da sein, gepaart mit einem Sinn fürMaterialien und Farben», sagt Weil. Die Ausbildung dauert drei Jahre.Im ersten Jahr gibt es zurzeit 307, im zweiten 383 und im dritten 460Euro.
In der Ausbildung lernen die Lehrlinge, Materialien wie Leder,Textilien und Kunststoffe zu verarbeiten. Auch das Schärfen vonLederkanten oder das Nähen mit der Hand und der Maschine gehören zumAusbildungsprogramm. In den Betrieben wird erstes Fachwissen dereinzelnen Spezialbereiche vermittelt. Auch kleinere Betriebe bildenhäufig aus, ein Großteil der Sattler-Lehrlinge ist jedoch bei dengroßen Fahrzeugherstellern und Bootsbauern beschäftigt.
«Die gehen dann meist in die Entwicklung oder in die Fertigung vonSonderserien. Für die Montage wird kein Sattler mehr gebraucht», soWeil. «Das Sattlerhandwerk hat Zukunft. Wer sich in seinerAusbildungszeit als Lehrling bewährt hat, hat auch gute Chancen,übernommen zu werden.»
Im Sattlerhandwerk gibt es keine Tarifverträge. Die Gehälter derGesellen sind regional unterschiedlich. Viele Sattler absolvierteneine Meister-Ausbildung, sagt Weil. Für die Gründung eines eigenenUnternehmens sei das bei Sattlern aber nicht mehr notwendig. Gesellenkönnen sich nach sechs Jahren Berufserfahrung, davon vier Jahre ineiner verantwortlichen Stellung, selbstständig machen.
«Der lukrativste Bereich mit den größten Aufstiegschancen istzweifellos die Fahrzeugsattlerei», sagt Weil. Immer wieder würden indiesem Bereich gut bezahlte Experten für Neuentwicklungen oder denBezug eines Cabrios gesucht. Interessante Einzelaufträge gebe es aberauch in anderen Bereichen. «Es kann schon passieren, dass man zumFertigmachen eines Bootes nach Ibiza geschickt wird.»
Bei Autozulieferern übernehmen häufig Fahrzeuginnenausstatter dieEntwicklung und Produktion neuer Verdecke und Bezüge. Kreativität undselbstständiges Arbeiten seien auch hier wichtige Voraussetzungen,sagt Erik Hofmeyer, Ausbilder beim Autozulieferer Karmann inOsnabrück. Es sei zwar zu befürchten, dass die Innenausstattung derAutos zunehmend in Billiglohnländer verlagert werde. Die Entwicklungbis zur Serienreife werde aber wahrscheinlich auch künftig inDeutschland erfolgen.
Konkurrenz machen den deutschen Sattlern vor allem Billiganbieteraus Asien. «Das wird bei allem zum Problem, was in Serie hergestelltwird», sagt Weil. Es gelte deshalb, vielseitig zu bleiben. «Wennetwas nicht läuft, macht man eben etwas anderes. Wir sterben nichtaus, da mach' ich mir keine Sorgen.»