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Karibik-Boom Karibik-Boom: Warum wollen alle auf einmal nach Kuba?

Von Rebecca Erken 07.10.2015, 12:56

Kuba boomt derzeit wie kaum ein anderes Fernreiseziel. Fast zweieinhalb Millionen Touristen kamen zwischen Januar und August 2015 nach Angaben der kubanischen Behörden - 400.000 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dabei stammen die meisten Besucher aus Kanada, gefolgt von England - und Deutschland.

Auf Kuba kann es eng werden

Reiseveranstalter befürchten in diesem Winter Engpässe auf der Karibikinsel. Nicht nur, weil es deutlich mehr Flüge gibt, die von Deutschland aus nach Kuba starten. „Wir Reiseveranstalter werden überrollt“, sagt Wolfgang Keller, deutscher Reise-Unternehmer von Cuba4Travel.com. Bei seiner Agentur sind die Anfragen im Vergleich zum Vorjahr von fünf bis zehn auf rund 150 Anfragen pro Tag gestiegen - dabei wollten die meisten schnell nach Kuba, am besten noch dieses Jahr.

Schnell nach Kuba reisen, bevor die Amerikaner kommen

„Alle haben Angst, dass sie durch den Einfluss der USA nicht mehr das Kuba sehen, das sie sehen wollen“, sagt Keller. Seit Kubas Staatschef Raúl Castro und US-Präsident Barack Obama sich im April die Hand reichten, stehen die Zeichen stärker als je zuvor auf Veränderung. Auch Reiseveranstalterin Gudrun Schlehhuber von der Agentur „Islands and More“ nimmt wahr, dass viele Deutsche und Europäer das „sozialistische Museum Kuba“ schnell noch besuchen wollen, „bevor sich die Auswirkungen bemerkbar machen.“ Die Bettenzahl auf der Karibik-Insel sei jedoch begrenzt, warnt Keller. Der Unternehmer, der viele Jahre auf Kuba gelebt hat, glaubt, dass die Veränderungen nicht so schnell eintreten werden, wie viele Touristen mit Torschlusspanik vermuten.

Konservierter Sozialismus oder neues Disneyland?

Bald könnte es nicht mehr so sein, wie es einmal war - glauben die Nostalgiker, für die der konservierte Sozialismus der Hauptgrund ist, auf die Karibikinsel zu reisen. Nicht wenige Kubaner wünschen sich jedoch genau das: Dass sich endlich etwas ändert. Was für Touristen nostalgische Urlaubskulisse - mit Oldtimern, Che-Guevara-Accessoires und Klängen aus dem Buena Vista Social Club - sein mag, ist für die Kubaner schließlich harte Lebensrealität. Demgegenüber steht die Sorge, dass Kuba zu einer Art ausgelagerter Vergnügungspark der USA werden könnte, ein Disneyland, inklusive Starbucks und McDonalds.

Ein eigener kubanischer Weg?

Wer sich unter Kubanern umhört, gewinnt den Eindruck, dass die meisten von ihnen die vor einigen Jahren angeschobenen Reformen - Kubaner dürfen inzwischen Zimmer vermieten, kleine Restaurants führen und Taxi fahren - für einen Schritt in die richtige Richtung halten. Vielleicht schaffen es die Kubaner ja, ihren ganz eigenen Weg zu gehen. „Das Unmögliche“ ist ihnen jedenfalls zuzutrauen.

Ein Streifzug durch Havanna Centro, „das echte Kuba“, Übernachten in Casas Particulares, mit dem Taxi über die Insel fahren, Mojito trinken und am Malecón die Sonne untergehen sehen: Was man auf Kuba nicht auslassen sollte - Tipps für die Reise auf der nächsten Seite

1. Ein Streifzug durch Havanna Centro

Die aufwendig sanierte Altstadt von Havanna gehört zum Unesco-Weltkulturerbe - und ist doch nicht typisch für Kuba. Touristen sind hier überall, Kubaner trifft man kaum. Wer das „echte“ Leben in Kuba kennenlernen will, sollte deshalb durch Havanna Centro streifen. In den Straßen mit den heruntergekommenen Prachtbauten spielen Kinder zwischen Bauschutt, betteln Frauen um Hygiene-Artikel, reparieren Männer notdürftig die berühmten Oldtimer. An vielen Straßenecken stehen Menschen für Lebensmittel an. Mit der Essensration, die der Staat vorsieht, kommen die meisten nicht aus. Doch die Kubaner leben Nachbarschaftshilfe, sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Überlebenskünstler.

2. Übernachten in Casas Particulares

Übernachten auf Kuba, das geht am besten in eine der vielen Casas Particulares. Seit ein paar Jahren dürfen die Kubaner Zimmer vermieten, eine der Reformen, die vielen von ihnen zugute kommt. Die Zimmer kosten im Durchschnitt 25 CUC (also rund 23 Euro), für etwa 5 CUC (etwa 4,50 Euro) pro Person gibt es ein leckeres Frühstück mit Eiern und Obst dazu. In vielen Casas Particulares wohnt man deutlich besser als im Hotel. Wertvolle Tipps gibt es vom Gastgeber am Frühstückstisch gratis dazu.

3. Mit dem Taxi über die Insel fahren

Wer Kuba annähernd verstehen will, sollte mit dem Taxi über die Insel fahren. Im Taxi erfährt man mehr über die Kubaner als sonst irgendwo, gerade dann, wenn man mit dem Fahrer alleine ist - und kein Spitzel der Regierung mithören kann. Wie groß die Angst der Kubaner vor dem Regime ist, wird nämlich deutlich, wenn man sie ganz offen auf Politik anspricht. Die meisten weichen dem Thema aus. Nur im Taxi ist das anders. Man fährt vorbei an Schildern auf denen „Sozialismus oder Tod“ steht, während der Taxifahrer über die Villen der Castros spricht.

4. Mojito trinken und dem Son lauschen

Das „El Floridita“ war Ernest Hemingways bevorzugtes Lokal, hier bestellte der Schriftsteller meist einen „Frozen Daiquiri“. Auch die „Bodeguita del Medio“ gehörte zu Hemingways nächtlichen Anlaufstellen. Und auch wenn es kitschig klingt, der Mojito schmeckt hier noch besser, wenn eine kubanische Band „„Cuando salí de Cuba“ spielt. Typisch kubanische Gerichte wie „Moros y Cristianos“ (Reis mit Bohnen), modern interpretiert, sind im weniger bekannten Café de los Artistas besonders lecker. Nach dem Essen gibt es - richtig - eine „puro“, eine kubanische Zigarre.

5. Sonnenuntergang am Malecón

Die Stimmung am Malecón, wenn die Sonne untergeht, kann man kaum beschreiben. Die Uferpromenade am Rande von Havanna ist für viele Kubaner tatsächlich „das Ende ihrer Welt“. Wer nicht weiß, wie Sehnsucht aussieht, sollte am Malecón spazieren gehen. Kleine Jungen, die Fische fangen, Paare, die eng umschlungen auf der Mauer sitzen, Son-Musiker, die „Guantanamera“ spielen. Die meisten eint, dass sie jeden Abend die Sonne im Meer versinken sehen und hoffen, dass die Diktatur irgendwann mit ihr untergeht.

Abstecher in die Callejón de Hamel, Rumba tanzen, Wandern durchs Valle de Viñales, eine Dusche unterm Wasserfall, ein Spaziergang an Kubas schönstem Strand - Weitere Tipps auf der nächsten Seite

6. Abstecher in die Callejón de Hamel

Kuba, das ist nicht nur Ron und Rumba: Die Callejón de Hamel ist ein Kleinod afrokubanischer Kultur: Eine kleine Straße, die von Kunstgalerien und -Werkstätten gesäumt wird. Graffiti des Künstlers Salvador González Escalona zieren die Häuserfassaden. Überall kann man Heiligtümer der Religion der Santería sehen. Dazwischen finden sich aber auch Statuen des kubanischen Nationaldichters José Martí.

7. Rumba tanzen in der Casa de la Música

Irgendwo ist immer Musik. Wenn nicht an der nächsten Straßenecke, dann hört man sie aus der nächsten Bar klingen. Und wo Musik ist, wird getanzt auf Kuba. Immer. Deswegen sollte man unbedingt Salsa und Rumba lernen - am besten unter Kubanern. Das geht zum Beispiel besonders gut, in der Casa de la Música im Stadtteil Miramar, wo zwei bis drei Mal am Tag Konzerte kubanischer Musiker stattfinden.

8. Wandern durchs Valle de Viñales

Die Atmosphärere Havannas ist unvergleichlich. Einen Abstecher in die Natur sollte man auf Kuba trotzdem nicht auslassen. Im Tal „Valle de Viñales“ wandert man durch ein grünes Naturschutzgebiet, vorbei an Mogotes, besonderen Felsformationen, Höhlen und tropischen Pflanzen. Außerdem kann man auf Feldern zusehen, wie die berühmten kubanischen Zigarren hergestellt werden: wie die Tabakblätter geerntet, getrocknet und gedreht werden. Hier lieber eine Übernachtung einplanen, als nur einen Tagestrip von Havanna aus zu buchen.

9. Eine Dusche im Wasserfall El Nicho nehmen

Es würde einen nicht wundern, wenn hier eine Neuauflage von die „Blaue Lagune“ gedreht würde. Der Wasserfall „El Nicho“ wurde lange Zeit als Geheimtipp gehandelt und liegt in einem Naturpark (Eintritt: rund 10 CUC, etwa 9 Euro) im Süden der Insel auf dem Weg zwischen Cienfuegos und der Kolonialstadt Trinidad (beide auch sehenswert). Das Wasser des Rio Hanabanilla stürzt hier in einen glasklaren Naturteich, in dem man sich sehr gut erfrischen kann.

10. Ein Strandspaziergang am Playa de Pilar

Der schönste Strand Kubas liegt im Norden auf dem Archipel Cayo Guiillermo und es stimmt, was so viele über ihn sagen. Der nach der Yacht von Ernest Hemingway benannte Strand sieht wirklich aus wie auf einer Postkarte, weißer feiner Sand, türkises klares Wasser. Auf dem Weg dorthin fährt man über eine Dammstraße vorbei an Mangroven und Flamingos. Nur: Kubaner dürfen die Halbinsel nicht betreten. Es sei denn, sie arbeiten in einem der drei Luxushotels auf Cayo Guillermo. „Das Paradies“ kann man also nicht wirklich genießen.

Eine Taxifahrt auf Kuba bleibt in Erinnerung.
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dpa Lizenz
Nirgendwo ist Sehnsucht so spürbar wie am Malecón - der Uferpromenade von Havanna.
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imago/Christian Franz Tragni stock&people
Kunstrojekt: Rumba-Tänzerinnen in der Callejón de Hamel.
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imago/Sabine Gudath stock&people
Die farbenfrohe Altstadt Trinidads begeistert viele Kuba-Urlauber.
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imago/Peter Widmann stock&people
Marode Schönheit: Heruntergekommene Prachtbauten in Havanna Centro.
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imago/epd Lizenz
Legendäre Oldtimer in den Straßen von Havanna: Für viele Touristen ein Grund, nach Kuba zu reisen.
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imago/epd/Klaus Honigschnabel Lizenz