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Planänderung Planänderung: Vom Ingenieur zum Lehrer

Von Thorsten Wiese 26.08.2005, 17:11

Lüneburg/dpa. - Als sie nach mehreren Jahren als Hausfrau und Mutter den beruflichen Wiedereinstieg suchte, kam ihr die Möglichkeit, als Quereinsteiger in den Schuldienst einzutreten, gerade recht.

Werbung von Praktikern

Seit einigen Jahren werben die Bundesländer verstärkt Praktiker für den pädagogischen Dienst an. Anders können Lehrerstellen in so genannten Mangelfächern auf lange Sicht nicht besetzt werden. Laut der Kultusministerkonferenz (KMK) in Bonn scheiden rund 40 Prozent der heutigen Lehrer in den kommenden 15 Jahren aus dem Schuldienst aus. Die Aussicht auf eine feste Stelle und die Möglichkeit einer späteren Verbeamtung locken viele - auch weil es in der Regel keine Altersgrenze für den Seiteneinstieg gibt. Chancen haben vor allem Ingenieure und Naturwissenschaftler, und das vor allem an Berufsschulen sowie an Haupt- und Realschulen: Laut KMK gehören zu den so genannten Mangelfächern besonders Mathematik und die Naturwissenschaften. Bisweilen seien Lehrer für alte Sprachen, Religion, Kunst und Musik gefragt. Absolventen neusprachlicher oder sozialwissenschaftlicher Studiengänge hätten eher schlechte Aussichten auf den späten Einstieg an der Schule.

Professor Kurt Czerwenka, Leiter des Instituts für Schul- und Hochschulforschung an der Universität Lüneburg, hat in seinen Kursen neben Architekten und Ingenieuren auch schon gestandene Manager aus der Industrie erlebt sowie einen Leopardenforscher. "Die können Schüler möglicherweise ganz anders begeistern", sagt Czerwenka über die Seiteneinsteiger, die an seinem Institut auf den Lehrerberuf vorbereitet werden.

Einjähriges Studium

Von Bewerbern ohne lehrrelevante Berufserfahrung von mindestens vier Jahren fordert das Land Niedersachsen zunächst den erfolgreichen Abschluss eines einjährigen Intensivstudiengangs. Wer sowohl einen Diplom- oder Magisterabschluss als auch Berufserfahrung vorweisen kann, kann nach Auskunft des Kultusministeriums in Hannover sofort in den zweijährigen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst eintreten.

Ein weit verbreitetes Bild des Lehrerberufs will auch die KMK gerade rücken: Einen "Halbtagsjob mit Ganztagsbezahlung" sollten Bewerber nicht erwarten. "Ein Wagnis ist der Seiteneinstieg in jedem Fall", sagt Matthias Jähne, Referent für Hochschulpolitik im Büro Berlin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wenige Quereinsteiger hätten Erfahrungen in der Lehre. Auch Wissenschaftler Czerwenka rät davon ab, ohne jegliche pädagogische Vorbildung an die Schule zu gehen. "Es gibt einen Unterschied zwischen Verstehen und Vermitteln." Unabdingbar sind laut Czerwenka Offenheit und psychische Belastbarkeit. Laut Hochschulreferent Matthias Jähne sollte der Lehrerberuf keinesfalls ein "Lückenfüller" sein, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden.