Knochen gratis Tiertafel füttert hungrige Mäuler
Nordenham/dpa. - Nordenham Der Tisch ist gedeckt: Trockenfutter, Katzennahrung und Knochen vom Metzger erwarten hungrige Gäste. Bezahlen müssen Hund und Herrchen hier nichts.
Einmal in der Woche gibt es bei der Tiertafel in Nordenham Unterstützung für alle, denen artgerechte Haltung aus finanziellen Gründen sonst schwer fällt. Leiterin Marion Krüger betreibt hier seit drei Monaten die einzige Futterausgabestation in Niedersachsen.
Sabine ist mit ihrer Hündin Susi gekommen. «Mein Mann verdient nicht genug. Wir bekommen Aufstockung vom Staat.» Die Spende entlastet die Mutter erheblich. Futter in guter Qualität ist teuer. Auch Joachim lässt sich von Marion Krüger eine Ration für seine Vierbeiner abpacken. Der Harz IV-Empfänger hält zwei große Hunde.
«Jeder muss hier nachweisen, dass er Anspruch auf die Leistung hat», sagt Krüger. Der Beleg einer niedrigen Rente oder ein Arbeitslosengeld-II-Bescheid, das genügt. Eine Vollverpflegung gibt es allerdings nicht. Das Futter reicht für drei bis vier Tage. «Wir möchten die Leute nicht dazu animieren, sich neue Tiere zuzulegen», sagt Krüger.
Im Juni 2006 gründete Claudia Hollm den Verein Tiertafel Deutschland. Das Prinzip ist dem der Hilfsorganisation für Menschen ähnlich. Tiernahrung, die nicht verdorben, aber dennoch nicht mehr zu verkaufen ist, wird von Herstellern oder Supermärkten gespendet und an Bedürftige verteilt. Drei Monate später eröffnete Hollm die erste Futterausgabestation im brandenburgischen Rathenow.
Motiviert hat sie das Schicksal einer Familie, die durch Harz IV plötzlich vor der Entscheidung stand: Geben wir die letzten 30 Euro für den Hund oder unsere Kinder aus? «Das Tier musste aus einer liebevollen Familie raus und ins Tierheim. Das darf nicht sein», sagt die Vereinsvorsitzende. Finanzielle Engpässe sollten niemanden dazu zwingen, seinen Vierbeiner abgeben oder gar aussetzen zu müssen. Gerade Menschen, die durch Armut und Alter vereinsamen, brauchen ihre Haustiere. «Für viele sind Tiere die letzten Sozialkontakte.»
Heute hat der Verein knapp 300 Mitglieder. Deutschlandweit gibt es bereits mehrere Ausgabestellen, unter anderem in Hamburg, München, Frankfurt und Magdeburg. Die Nachfrage ist groß, doch geeignete Räume sind knapp.
Marion Krüger, die auch für die «Menschentafel» arbeitet, erfuhr durch ein Flugblatt von dem Verein. «Ich dachte: Was für den Menschen gut ist, kann für das Tier nicht schlecht sein.» Die vierfache Mutter stellte spontan ihre Waschküche zur Verfügung. Tatkräftige Unterstützung kam von zwei Freundinnen und ihrem Mann. Heute betreut die Station im Landkreis Wesermarsch über 200 Hunde. Hinzu kommen Katzen und Kleinvieh wie Nagetiere und Vögel. Die Daten der Vierbeiner und ihr Gesundheitszustand werden auf Karteikarten vermerkt. Denn die Mitarbeiter sollen auch darauf achten, dass kein Tier vernachlässigt wird. «Wir mussten aber noch keines aus einer Familie nehmen.»
Neben Futter bekommen die Besitzer Beratung zur artgerechten Haltung, Zuschüsse für teure Tierarztkosten und bei Bedarf auch mal einen gespendeten Kratzbaum. Zu verteilen gibt es mal mehr und mal weniger, je nachdem was ortsansässige Gönner zur Verfügung stellen. Doch leer ausgegangen sei noch niemand, so die Tierfreundin. «Und sollte es mal einen Versorgungsengpass geben, hilft uns die Zentrale in Rathenow», sagt Krüger.
Informationen des Vereins Tiertafel Deutschland: www.tiertafel.de (dpa)