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Was kommt vor dem ersten Schritt? Ob Recruiting und Einstellungsprozesse gelingen können, hängt von der Vorarbeit der Arbeitgebenden ab

19.08.2022, 10:19
Experte für Einstellungsprozesse und Personalmarketing Michael Volosinovszki.
Experte für Einstellungsprozesse und Personalmarketing Michael Volosinovszki. © schnellestelle.de

Der erste Eindruck ist der wichtigste. Der erste Schritt entscheidet den Weg. Auf Anfangsmomente wird viel Wert gelegt, dementsprechend viel Druck lastet auch auf ihnen. Kurz bevor wir etwas zum ersten Mal erleben oder einen neuen Weg einschlagen, steigt die Aufregung – für viele so stark, dass der Stress und die Nervosität zur Belastung werden. Aber kommt da nicht noch etwas davor?

Der Fokus auf den ersten Eindruck ist nicht mehr zeitgemäß

Ob der Druck auf den ersten Moment eigentlich legitim ist, ist eine berechtigte Frage. In vielen Szenarien kann man darauf heute getrost „nein“ antworten. Dass am Anfang immer alles perfekt sein muss, ist nicht mehr zeitgemäß (außerdem, was ist schon perfekt?). Wir kämen zu keinem schönen Miteinander, würden wir immer gleich aussortieren, wenn es anfänglich nicht ideal lief. Das gilt für Bewerbungsgespräche, gleichermaßen wie für erste Dates oder die ersten Minuten einer Präsentation. Wenn wir Menschen zu sehr dazu drängen, den Auftakt meisterhaft hinzulegen, werden viele dem Druck nicht standhalten und ein verzerrtes Bild aufgenommen. Viel sympathischer ist es, Verständnis für Lampenfieber und nervöse Seelen zu zeigen. „Letztendlich waren wir alle schon in der gleichen Situation und sollten uns in das Gegenüber hineinversetzen können. Erinnern wir uns an unsere Gespräche zum Berufseinstieg.“ appelliert der Experte für Einstellungsprozesse und Personalmarketing Michael Volosinovszki von SchnelleStelle.de.  Also erstmal ankommen, akklimatisieren und am besten transparent mit der eigenen Nervosität umgehen. Sätze wie „Puh, ich bin unerwartet aufgeregt heute.“ zeugen von Ehrlichkeit. Es ist also nicht schlimm, aufgeregt zu sein. Es ist nur wichtig, mit der eigenen Aufregung umgehen zu können.

Mit dem richtigen Team schwindet die Nervosität

Genauso gilt: einfach erstmal machen. „Die Angst vor dem ersten Schritt oder vor dem ersten Wort ist unbegründet, wenn wir uns in einem fairen Umfeld aufhalten.“ weiß Michael aus seiner Erfahrung im Personalmarketing. In einem empathischen Team werden anfängliche Holprigkeiten nämlich gelassen genommen. „Viel interessanter ist doch, was passiert, wenn sich die aufgeregte Person wieder einpendelt und sich dann auf ihrem gewohnten Niveau präsentiert.“ so Michael.

Menschlichkeit nimmt den Druck aus dem ersten Moment. Wenn also das Gefühl aufkommt, dass alles von diesem einen, ersten Augenblick abhängt; dass das Outfit, die Stimme, die Frisur, der erste Satz umhauen müssen – dann sollte man sich überlegen, ob das wirklich Personen sind, auf die man sich einlassen möchte. Viel lieber soll doch der authentische Mensch erkannt werden – nicht die inszenierte Hülle, hinter der er sich versteckt, um beim Auftakt zu glänzen.

Soft Skills bleiben Wettbewerbsvorteil

„In solchen Szenarios besteht immer ein klares Machtverhältnis.“ kritisiert Michael Volosinovszki. Sobald irgendwie Druck ausgeübt wird, gibt es jemanden, der von oben drückt und jemanden darunter, der es abbekommt. „Menschlichkeit und Empathie zu vorzuleben, ist deswegen vor allem Aufgabe derjenigen, die in der autoritären Position oder der höheren Machtstellung sind. Im Arbeitskontext sind das die Arbeitgebenden und Vorgesetzten.“ Besonders heutzutage werden diese Eigenschaften an der Unternehmensspitze immer wichtiger. Soft Skills sind Zeichen einer modernen, aufgeklärten Unternehmenskultur, sie sind Qualitätsmerkmal und Wettbewerbsvorteil.

Wer bewirbt sich eigentlich bei wem?

„Auf diese Werte achten Bewerbende schon beim Erstkontakt.“ erklärt Michael. Es kommt also nicht jede:r ohne einen überzeugenden ersten Eindruck aus: Wen man eigentlich beim Bewerbungsgespräch auf dem Kieker haben sollte, sind die Arbeitgebenden. „Das liegt auch daran, dass sich der Bewerber-Arbeitgeber-Markt schon lange umgekehrt hat. Wir haben einen Arbeitnehmermarkt und Unternehmen müssen sich zunehmend bei Kandidat:innen bewerben, nicht andersherum.“ Dem bibbernden Bewerber mit Nachsicht zu begegnen oder der aufgeregten Topkandidatin bei der Gehaltsverhandlung die Nervosität zu nehmen, sind Situationen direkt am Anfang eines Arbeitsverhältnisses, die positiv ins Gewicht fallen. Hinzu kommen Political Correctness oder ein zeitgemäßer Sprachgebrauch. Daran wird heute ein guter Führungsstil gemessen. In diesem Fall zählt der erste Eindruck sogar mehr denn je, denn unsere Welt sensibilisiert sich und Machtverhältnisse passen sich dem positiv an.

You Attract What You Are

Dafür bedarf es einiger Vorbereitung und regelmäßiger Weiterentwicklung von Personen mit Führungsverantwortung. Um für diese wirklich wichtigen Punkte Zeit und Muße zu haben, sollte an anderer Stelle Aufwand eingespart werden – Stichwort: Digitalisierung. Das Team von Michael bei Schnellestelle.de weiß: „Für einen optimierten Bewerbungsprozess helfen Recruitingexpert:innen. Recruiting oder E-Recruiting ist dann effektiv, wenn es modern gestaltet wird und sich somit der jungen Generation anpasst. Wenn die Vision stimmt und die Zeiger auf Innovation stehen, merken das auch die Bewerbenden.“

Neben dem Verzicht auf Papier und Postwege gehören dazu auch eine knappe, aber originelle Stellen- und Unternehmensbeschreibung sowie eine Schaltung der Annonce auf mehreren Portalen und sozialen Netzwerken. Das alles spart Zeit, die ohnehin besser im Personalmarketing oder Branding investiert ist. „Wer aufgeklärtes, ideenreiches und engagiertes Personal gewinnen möchte, muss dieselben Eigenschaften ausstrahlen. Mit dem ersten Schritt der Stellenschaltung müssen diese Werte unmissverständlich kommuniziert und die richtige Zielgruppe ins Auge gefasst werden. Nur dann macht man genug qualitativ starke Kandidat:innen auf sich aufmerksam.”

Der wichtigste nullte Schritt

Das Hauptgewicht liegt also wieder auf dem ersten Schritt, sprich der Stellenanzeige? Auch hier weiß das Team von Schnellestelle.de, dass eigentlich die Vorarbeit die wichtigste ist. Weil der nullte Schritt, die Vision, der Kern, die Außenkommunikation, die Philosophie des Unternehmens immer Einfluss übt, bevor ein Job überhaupt ausgeschrieben wird.

Auch wenn es einem manchmal so vorkommt: Der erste Eindruck ist nicht der erste Schritt auf einem Weg. Davor muss schon vieles richtig gemacht werden, damit eine Zusammenarbeit überhaupt funktionieren kann. Darauf sollte auch das Hauptaugenmerk liegen – und nicht auf den Kleidungsstil beim ersten Treffen.