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Vertrauen Vertrauen: Mühsamer Weg zum Wunscharzt

Von Dirk Averesch 19.04.2005, 12:34

Berlin/Heppenheim/dpa. - Freie Arztwahl haben manche Patienten nur auf dem Papier. Zum Teil sind sie über Bonusprogramme an Vorschriften ihrer Versicherungen gebunden oder müssen bei Ärzten mit einem guten Ruf lange auf einen Termin warten.

Schließlich dürfte auch die Praxisgebühr von zehn Euro etliche Patienten davon abhalten, einen Arzt, dem sie nicht wirklich vertrauen, umgehend zu wechseln. Die Frage, ob der Haus- oder ein Facharzt die beste Anlaufstelle ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. «So lange wir die elektronische Patientenakte noch nicht haben, ist ein Arzt des Vertrauens in jeder Hinsicht sinnvoll», sagt Stefan Etgeton vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin.

Das müsse nicht der Hausarzt sein, gerade bei chronisch Kranken biete sich ein Facharzt an. Anders sieht die Situation laut Etgeton bei Neuerkrankungen aus: «Bei Fachärzten besteht die Gefahr, dass der Kranke eine langwierige Diagnosemaschinerie ergebnislos durchläuft.» Patienten mit «diffusen Phänomenen» seien deshalb am besten beim Hausarzt aufgehoben.

Gerät die Behandlung beim Hausarzt «ins Stocken», sollte der Patient das Problem offen ansprechen. «Dann ist es sinnvoll, einen Facharztbesuch vorzuschlagen», rät Christian Zimmermann, Vorsitzender des Allgemeinen Patientenverbandes in Marburg. Hausärzte hätten immer Angst, dass ein Patient zum Facharzt «überläuft». Der Hausarzt könnte den Patienten «länger halten als gut ist» - gerade bei einer nicht ausgelasteten Praxis. Überlastete Ärzte würden «den Patienten prinzipiell eher wegschicken.» Wenn ein Patient das Gefühl hat, an einer diffusen Erkrankung zu leiden, sollte er auf einer Untersuchung beim Hausarzt bestehen und sich nicht wegschicken lassen.

Unabhängig von der Krankenkasse gibt es drei Kategorien von Ärzten, die der Patient «überweisungsfrei» - also ohne erneute Praxisgebühr - aufsuchen kann: «Es ist gesetzlich geregelt, dass man direkt zum Augenarzt, Kinderarzt und Gynäkologen gehen kann», erläutert Wolfram Candidus, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten in Heppenheim in Hessen.

Problematisch bei der freien Arztwahl können spezielle Bonusprogramme der Krankenkassen sein. In einem Bonusprogramm wage es der Kranke vielleicht nicht, den Wunscharzt aufzusuchen, weil er so Geld oder geldwerte Vorteile einbüßen würde, so Candidus.

Viele Haus- und Fachärzte versuchten, ihre finanzielle Situation mit freiverkäuflichen Leistungen aus der so genannten IGeL-Liste aufzubessern, bemängelt Candidus. Dazu gehörten 330 Posten wie etwa ein Belastungs-EKG oder sportmedizinische Beratungen, die der Patient alle selbst tragen muss. «Patienten sollten sich individuelle Leistungen, die die Kasse nicht trägt, stets schriftlich anbieten lassen und sich nicht in der Praxis entscheiden», rät Candidus.

«Generell ist die Entscheidung zwischen Haus- und Facharzt sehr individuell und auch eine Frage der persönlichen Souveränität», sagt Verbraucherschützer Etgeton. Manche Patienten bewegten sich sicher durch das System und bezahlten ihre Praxisgebühr für das Quartal auch direkt beim Facharzt. Zu einem «konstruktiven Selbstbewusstsein» rät Candidus den Patienten: «Niemand sollte bitten, betteln und flehen.»