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Teil 14: Topfit mit 80 Teil 14: Topfit mit 80: Sportskanone Rotraut Höer zum 10. Mal bei der MZ-Radpartie

Von Bärbel Böttcher 17.06.2016, 16:31
Rotraut Höer legt so gut wie jeden Weg mit dem Fahrrad zurück.
Rotraut Höer legt so gut wie jeden Weg mit dem Fahrrad zurück. Andreas Stedtler

Von der Geburtstagsfeier direkt zur MZ-Radpartie - wer ist so enthusiastisch? Rotraut Höer! Am Freitag wurde sie 80 Jahre alt. Am Sonnabend stößt die Hallenserin mit der Familie darauf an. Am Sonntag steht sie zum zehnten Mal bei der MZ am Start.

Die Doppel-Jubilarin hat sich angesichts des ereignisreichen Vortages in diesem Jahr „nur“ für die 17-Kilometer-Tour entschieden. „Aber ich will unbedingt dabei sein“, sagt sie. Sie freue sich jedes Mal darauf, alte Bekannte zu treffen. Und sie wolle die Landschaft genießen. „Es kommt mir nicht auf die Zeit an. Viel lieber schaue ich mal nach rechts und links.“

Die 80-Jährige hat sich auf die Radpartie nicht speziell vorbereitet. Brauchte sie auch gar nicht. Denn sie ist ohnehin immer in Bewegung. Sport gehört zu ihrem Leben - und dem der ganzen Familie - wie der Sattel zum Fahrrad. Besser sollte man vielleicht sagen: Sport gehört zum Leben der Familie Höer wie der Barren zum Gerätturnen. Denn es handelt sich um eine kleine Turner-Dynastie.

Leidenschaft für Sport im Blut

Rotraut Höer schloss sich schon als Kind einer Turnergruppe. Damals lebte ihre Familie in Treuenbrietzen (Brandenburg). Später war sie dort nicht nur selbst aktiv, sondern trainierte andere Turner. So entstand auch ihr Wunsch, Sportlehrerin zu werden. Übrigens - beim Studium im damaligen Karl-Marx-Stadt erfüllte sich nicht nur ein beruflicher Traum. Rotraut Höer fand auch ihren Traummann Hans. Die beiden trainierten in der Institutsmannschaft.

1957 - nach dem Studium - verschlug es das Paar zunächst nach Dieskau (Saalekreis). Dort bauten sie ein heute nicht mehr existierendes Trainingszentrum für Gerätturner auf. Gewohnt hat das Paar bis 1971 im etwa drei Kilometer entfernten Zwintschöna - eine Strecke, die mit dem Fahrrad zurückgelegt wurde. Rotraut Höer erinnert sich, dass in Zwintschöna das Wohnen selbst eine kleine sportliche Herausforderung gewesen sei. Wasser für den täglichen Gebrauch musste bis zum Schluss von einer Pumpe auf dem Hof herangeschafft werden. Auch das Wäschewaschen im Waschhaus wurde zu einem Kraftakt. Zumal sich bald Nachwuchs einstellte und der Wäscheberg nicht klein war. 1971 zog die Familie dann nach Halle-Neustadt - in eine Wohnung wo das warme Wasser aus der Wand kam.

Erfolgreiche Sportlerfamilie

In Ha-Neu, wo die Eheleute nun auch arbeiteten, hatte der Tag für Rotraut Höer zwei Teile. Vormittags der Beruf, nachmittags das Ehrenamt im Trainingszentrum für Turner. Die fünf Söhne - darunter ein Zwillingspärchen - waren an den Nachmittagen immer mit dabei. „Als sie ganz klein waren, standen sie im Kinderwagen vor der Tür. Sobald sie laufen konnten, mussten sie mitmachen“, erzählt die Mutter. Ist es da ein Wunder, dass alle fünf später die Kinder- und Jugendsportschule besucht haben und noch etwas später erfolgreiche Sportakrobaten wurden?

Um von ihrer Wohnung zur Schule zu kommen, da musste Rotraut Höer einmal quer durch Halle-Neustadt. Sie legte diese Strecke natürlich mit dem Fahrrad zurück. Und als sie einige Jahre lang Kreissportlehrerin war und Besuche verschiedener Schulen zu ihrem Aufgabengebiet gehörten, da wurde der Drahtesel zum Dienstfahrzeug. „Und einige wurden auch aus dem Keller gestohlen“, sagt sie. Zum Beispiel „ein wunderschönes Diamant-Fahrrad, das mir meine Jungs zum 60. Geburtstag geschenkt hatten“. Darüber ärgert sie sich noch heute.

Mit über 80 ins regelmäßig Fitnessstudio

1992 wurden Rotraut und Hans Höer dann aus dem Schuldienst in den Vorruhestand entlassen. Dem Trainingszentrum des Vereins SG 67 Halle-Neustadt blieben sie aber noch viele Jahre treu. Erst als Hans Höer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so konnte wie er wollte, gaben sie die Arbeit dort auf. „Natürlich fehlt einem manchmal etwas, wenn man das ganze Leben in Schwung war“, sagt der 83-Jährige. Aber es hilft nichts - er muss kürzertreten. Trotzdem: Zweimal in der Woche geht das Ehepaar ins Fitnessstudio, wo jeder der beiden ein nach seinen Fähigkeiten zugeschnittenes Programm absolviert. Rotraut Höer reicht das aber bei weitem nicht aus. „Ich fühle mich jung und fit“, sagt sie. Und sie erzählt, dass sich ihr Mann schon ärgere, wenn sie wieder los wolle und ihm tue alles weh. Doch es findet sich so mancher Kompromiss: Wenn die beiden in der Stadt etwas zu erledigen haben, dann fährt er mit der Straßenbahn und sie mit dem Fahrrad. Auf dem Marktplatz treffen die zwei sich dann.

Überhaupt erledigt Rotraut Höer alles was möglich ist, mit dem Fahrrad. Ohne Schutzhelm, wie sie selbstkritisch eingesteht. „Aber ich fahre nicht rasant. Und wenn es kritisch wird, dann steige ich ab“, sagt sie. Unfälle mit dem Fahrrad habe es noch nicht gegeben. Die Rentnerin benutzt übrigens auch die Klingel nur ganz selten. „Ich will ja niemanden erschrecken.“

Radfahren vor dem Fernseher

Abends, vor dem Fernseher, da greift Rotraut Höer zu Handarbeiten. Manchmal. Häufig kommt es aber auch vor, dass sie die Nachrichtensendung oder den Film auf dem Fahrradergometer verfolgt, das im Wohnzimmer seinen festen Platz hat. „Nur so dasitzen, das kann ich einfach nicht“, betont sie. Müssen da die wöchentlichen Nordic-Walking-Touren mit einer Nachbarin, bei dem die Frauen etwa sechs Kilometer straff unterwegs sind, eigentlich noch erwähnt werden?

Als Rotraut Höer zur ersten MZ-Radpartie startete, da suchte sie Ablenkung, weil ihr Mann im Krankenhaus lag. „Bei den folgenden Touren kam dann der Ehrgeiz hinzu“, sagt sie und präsentiert T-Shirts und Anstecker, die es bei jeder Radpartie gibt. Sie hat sie alle. „Und sie sind mein ganzer Stolz“, unterstreicht die Rentnerin.

Am Sonntag kommt nun ein zehnter Anstecker hinzu. Und im nächsten Jahr? „Wenn es gut läuft, dann bin ich auch 2017 wieder mit von der Radpartie.“ Rotraut Höer hat nur einen Wunsch: gesund bleiben. „Ich bin im Leben nie groß krank gewesen“, sagt sie und klopft auf Holz.

Mehr zum Thema Gesundheit unter:mz-web.de/gesundheitsserie (mz)