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Fitness-Trend Tabata und HIIT: Fitness-Trends auf dem Prüfstand

16.06.2016, 14:15
Beim Tabata-Training geht es mit verschiedenen Übungen richtig zur Sache. Die Effekte der Methode lassen staunen.
Beim Tabata-Training geht es mit verschiedenen Übungen richtig zur Sache. Die Effekte der Methode lassen staunen. Andreas Stedtler

Wie lang sind 20 Sekunden? Elend lang. Der Freizeitsportler wähnt sich schon kurz vor dem Scheintod als der Trainer endlich rückwärts zählt: „Drei, zwei, eins, Pause!“

Wie kurz sind zehn Sekunden? Auf jeden Fall viel kürzer als gedacht, denn zur Erholung reichen sie nicht ansatzweise.

Danach heißt es wieder: 20 Sekunden Vollgas! Und wie! Bis zum Maximalpuls und „natürlich mehr als hundert Prozent“, verlangt  der Antreiber, übrigens noch einige Male hintereinander.

Genau achtmal für 20 Sekunden gilt es, sich bis zum Umfallen zu schinden, immer mit zehn Sekunden Pause dazwischen. Egal ob auf dem Spinning-Fahrrad, mit Sprints, Gewichten oder bei diversen Körperübungen. Das Ganze nennt sich Tabata-Training oder auch bei einer leicht abgewandelten Form High Intensity Intervall Training (hochintensives Intervalltraining, abgekürzt HIT oder HIIT).

Es werden große Versprechungen gemacht

Die Erfolge, die demjenigen versprochen werden, der sich dieser Hardcore-Belastung aussetzt, klingen phänomenal: Die Sauerstoffaufnahme des Körpers wird in Größenordnungen gesteigert, der Muskelaufbau und die Muskelleistung werden verbessert.

Das Vier-Minuten-Training bringt bessere Ergebnisse als ein 60-minütiges Ausdauertraining, und - für viele am wichtigsten - der sogenannte „Nachbrenneffekt“ soll 72 Stunden anhalten! Das meint, dass über eine solch lange Zeit in den Muskeln Kalorien verbrannt werden und damit Fett dahinschmilzt.

Weshalb die Zeitschrift „Brigitte“ darauf hinweist, dass vor allem Frauen von dieser Art Training beim Gewichtsabbau profitieren würden.

Was ist dran an der Wundermethode, die derzeit in Fitness-Studios und auf einschlägigen Portalen in den Fokus rückt? „Sie ist durchaus wirksam“, sagt Daniel Grüner. Der angehende Sportwissenschaftler kennt Tabata-Training. „Neu ist es nämlich nicht“, erklärt er, „in der Fitnessbranche hat es sich seit ungefähr fünf Jahren durchgesetzt. Der Japaner Izumi Tabata hat die Methode schon 1996 entwickelt und geprüft.“

Durch Messungen und Untersuchungen fand er heraus, dass die beschriebenen Effekte tatsächlich eintreten. Das ähnlich wirkende Functional Training ist übrigens von der Idee her noch älter.

Wie es auch immer im Einzelnen war: Irgendwer hat die Methoden wiederentdeckt und neu vermarktet - und der abnehmwillige und leistungsbereite Freizeitsportler staunt und macht mit. Allerdings: Wer gerade mal einmal pro Woche das letzte aus sich herausholt, erreicht - so gut wie nichts.

Regelmäßiges Training ist nötig

Tabata selbst empfiehlt sein Training fünfmal pro Woche. Die vier Minuten Intervall-Übungen werden dabei mit einer etwa zehnminütigen leichten Erwärmung, zum Beispiel auf dem Fahrradergometer, und einigen Minuten Cool-Down zum Heruntertouren kombiniert.

Der Schlauberger hat mitgerechnet und herausgefunden:  Pro Einheit etwa 20 bis 25 Minuten, macht in der Woche mehr als eineinhalb Stunden - das ergibt zwei Ausdauertrainingseinheiten ...

„Sich jedoch jeweils für mehr als eine Stunde frei zu machen, ist schwieriger, als sich 20 Minuten mehrmals pro Woche Zeit zu nehmen“, gibt Daniel Grüner zu bedenken. Er hält den Zeitspareffekt für einen wesentlichen Grund, dass sich Freizeitsportler der Methode zuwenden. 

Diesen Haken hat die neue Trainingsmethode

Um die positiven Wirkungen des Tabata-Trainings auch wirklich zu erreichen, bedarf es allerdings etwas Durchhaltevermögens, nicht nur für die jeweils 20 Sekunden Anstrengung. „Viermal die Woche über einen längeren Zeitraum von zwei bis drei Monaten sollte man schon dran bleiben“, rät der 26-jährige Grüner, der über mehrere Trainerlizenzen verfügt.

Untrainierte sollten nach seiner Auffassung auch keinesfalls sofort in die Vollen starten. Wer allerdings kein Leistungs-, sondern nur Freizeitsportler ist, wird schnell  feststellen, dass der Körper ganz von allein dieser intensiven Belastung Grenzen setzt, auch gut Trainierten.

Das ist nämlich der Haken an der Sache: die schier unmenschliche Anstrengung. Nach etwa der Hälfte der vier Minuten will bei manchem schon gar nichts mehr gehen, die Belastung schlägt mitunter nahtlos in Übelkeit um.

Außerdem bedarf es gehöriger Selbstdisziplin, sich selbst ohne Trainer 20 Sekunden lang bis zum Äußersten zu motivieren.  Ob immer dieselbe Übung absolviert oder variiert wird, ist übrigens nicht entscheidend.

Doch gar nicht mehr zu trainieren, weil man meint, dass nichts mehr ginge - das  ist kein Grund, bei Tabata oder HIIT aufzugeben. „Wenn man nicht an seine Grenzen geht, ist das Ganze dennoch nicht sinnlos“, sagt Tarik  Al-Jorafi, Trainer im Fitness-Bootcamp Halle.

„Tabata-Training lässt sich auch einfacher gestalten, wenn man seine positiven Wirkungen erreichen will“,  erklärt der 24-jährige Sportstudent. So ist es auch möglich, dass Einsteiger die Leistungsintervalle etwas abkürzen und die Erholungspausen  verlängern oder auch die Leistungsintervalle insgesamt verlängern und sich dabei von vornherein niedriger belasten.

Anregungen für Übungen

Langeweile kommt jedenfalls kaum bei Tabata und HIIT auf, es gibt jede Menge Übungen. Entsprechende Anregungen finden sich beispielsweise im Netz. Außerdem helfen Trainingsapps mit Musikdateien in entsprechender Länge Einzelsportlern, die ohne „Sekundanten“ auskommen wollen oder müssen.

Und intensive Kniehebeläufe auf der Stelle, Skipping genannt, lassen sich sogar ganz ohne multimediale Hilfsmittel vor einer großen Uhr mit Sekundenzeiger ausführen. (mz)