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Sport Sport: Kontrollierte Offensive

14.06.2006, 07:41
Den Kreislauf auf den Prüfstand stellen - wer (wie hier die Kreisliga-Kicker aus der Sat.1-Serie «Freunde für immer - Das Leben ist rund») in vorgerückten Jahren Fußball spielt, sollte sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. (Foto: dpa)
Den Kreislauf auf den Prüfstand stellen - wer (wie hier die Kreisliga-Kicker aus der Sat.1-Serie «Freunde für immer - Das Leben ist rund») in vorgerückten Jahren Fußball spielt, sollte sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. (Foto: dpa) dpa

Kamen/Münster/dpa. - Wer aberin einem Alter die alten Fußballschuhe vom Nagel nimmt, in dem Profisans Aufhören denken, sollte behutsam vorgehen.

Die Fußballverbände beginnen, sich auf die neue Lust am rundenLeder einzustellen: Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen(FLVW) hat beispielsweise eine Arbeitsgruppe «Sport fürJunggebliebene» gebildet. Für Fußballwiedereinsteiger ab 50 Jahrenbietet der FLVW spezielle Wochenendkurse an. «In dem Alter muss maneinen anderen Zugang zum Fußball wählen, da kann man nicht einfachzweimal eine Dreiviertelstunde spielen», sagt Karl-Heinz Trockel vomFLVW in Kamen.

Gesundheitliche Aspekte stehen im Vordergrund, weil es auchgefährlich ist, wenn Leute nach 20 Jahre Pause gleich mit Sprintsloslegen wollen, sagt Trockel. Vor dem Spiel mit dem Ball sollen dieTeilnehmer daher lernen, in ihren Körper reinzuhorchen und zuerkennen, wo dessen Belastungsgrenzen liegen, «Wir raten in solchenLehrgängen auch, sich zuerst mal von einem Arzt untersuchen zulassen.»

Die Empfehlung gilt nicht nur für Kicker jenseits der 50. «Wereinen gesunden Kreislauf hat, kann sich beim Fußball eigentlich kaumüberbelasten», sagt der Sportmediziner Prof. Karl Weber vom Institutfür Sportspiele der Deutschen Sporthochschule Köln. Aber ab einemAlter von 35 Jahren gelte die generelle Empfehlung, vor demWiedereintritt in die Kickerlaufbahn eine sportärztliche Untersuchungzu machen. Dabei kommt der Kreislauf auf den Prüfstand. Insbesonderemüssen Herz-Kreislauferkrankungen und Infekte ausgeschlossen werden.

Aber auch orthopädische Risiken sollten ausgelotet werden. Beimanchen Vorschäden am Bewegungspparat empfiehlt es sich, auf Fußballganz zu verzichten. «Fußball ist keine Sportart, die gesundeBelastungen darstellt. Das Risiko der Fehlbelastungen ist relativhoch, vor allem wenn man technisch nicht so fit ist und mit Ehrgeizan die Sache ran geht», erklärt Prof. Klaus Völker aus Münster, beider Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) fürden Breitensport zuständig. Im Idealfall bereiten sich angegrauteHobbykicker mit Krafttraining auf die zweite Sportlerkarriere vor.«Ein guter muskulärer Status ist die Grundlage dafür, dass wenigpassiert», so Völker.

Und eine vernünftige Vorbereitung unmittelbar vor dem Spielbesteht nicht nur darin, dass Muskulatur und Herz-Kreislaufsystem aufTrapp gebracht werden. «Laufen Sie nicht nur geradeaus, sondernmachen Sie auch komplexere Bewegungen», rät Völker. Wie die Profis imStadion sollten Hobbykicker kleine Sprints einlegen, sich beim Laufendrehen und häufig die Richtung wechseln. «Das bereitet dann aufähnliche Situationen im Spiel vor und man wärmt damit auch seinneuromuskuläres System auf.» Dass sich Freizeitkicker wie Profis 25Minuten lang warmmachen, erwartet der Mediziner nicht. Aber 10Minuten für Dehnübungen und Einlaufen sollten schon drin sein.

Steht aus ärztlicher Sicht dem Fußballspielen nichts mehr im Wege,gilt es, den Körper verletzungsfrei zu halten und Überlastungen zuvermeiden. Während Mannschaften in der Altersklasse «Alte Herren» (ab32 Jahren) noch nach den normalen Fußballregeln spielen, sieht diesfür Kicker von Ü40 (über 40), Ü50 oder Ü60 anders aus.

Die Regeln werden dem körperlichen Zustand der Oldie-Kickerangepasst. Statt 90 Minuten heißt es maximal 2 mal 15 oder 20Minuten. Das Wechselkontigent ist wie beim Eishockey unerschöpflich.Wer eine Pause braucht, ruht sich auf der Bank aus. «Die Seniorenspielen auf kleinen Feldern, die nur die halbe Spielfläche einesnormalen Platzes haben», erklärt Verbandsvertreter Trockel. DieMannschafen bestehen aus vier oder fünf Feldspielern plus Torwart.

Das größte Verletzungsrisko stellt der Ehrgeiz der Spieler dar.«Die Verletzungsquote bei Meisterschaftsspielen ist drei Mal so hochwie bei Trainingsspielen», sagt Sportmediziner Weber. Aber auch ohneerbitterte Zweikämpfe ist man vor Verletzungen nicht gefeit. Amhäufigsten machen Sprunggelenke und Knie den Fußballspielern zuschaffen. Aber, wie Prof. Weber sagt: «Wenn etwas Spaß macht, nimmtman auch die Verletzungen in Kauf.»