1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Gelenkschmerz: Gelenkschmerz: Rheuma-Vorsorge auch für Kinder

Gelenkschmerz Gelenkschmerz: Rheuma-Vorsorge auch für Kinder

Von Manja Greß 02.12.2004, 14:11

Garmisch-Partenkirchen/Bonn/dpa. - Rheuma gilt immer noch weitgehend als Altersleiden. Doch die Volkskrankheit, die nach Angaben der Deutschen Rheuma-Liga bundesweit etwa neun Millionen Menschen betrifft, ist längst nicht nur auf Senioren beschränkt.

Auch rund 50 000 Kinder und Jugendliche haben mit der schmerzhaften Erkrankung zu kämpfen. Die Krankheit tritt bei Kindern in vielen verschiedenen Formen auf und unterscheidet sich vom Erwachsenen-Rheuma. «Bei den jungen Patienten handelt es sich vor allem um entzündliche Erkrankungen. Verschleiß- und Abbauerscheinungen kommen bei ihnen, im Gegensatz zu den Erwachsenen, meistens nicht vor», erklärt Hartmut Michels, Chefarzt der Rheuma-Kinderklinik in Garmisch-Partenkirchen. «Zu den ersten Anzeichen gehören zum Beispiel bestimmte Fiebersymptome. Auch die so genannte Schmetterlingskrankheit weist bei Kindern auf Rheuma hin.» Die zeigt sich in vielen Fällen durch Rötungen an den Wangen, kann aber auch an bestimmten Gelenken und Organen zu finden sein.

Die häufigste Form des Kinder-Rheumas ist die Oligo-Arthritis, auch als «Wenig-Gelenkrheuma» bekannt. Bei ihr sind nur wenige Gelenke, meist die am Knie, entzündet. Eine weitere wichtige Form ist die juvenile Polyarthritis, die von Anfang an gleich mehrere Gelenke befällt. «Bei den Entzündungen schwillt das betroffene Gelenk an oder wird warm», sagt Michels. Deshalb kann es schlechter bewegt werden und verursacht Schmerzen.

Die Anzeichen dafür werden von Eltern allerdings oft übersehen. «Gerade bei Kleinkindern fallen Schwellungen weniger auf, da sie noch Babyspeck haben», weiß der Experte. Oft werde auch nur ein Sturz vermutet. Hält die Schwellung aber länger als sechs Wochen an und wurden alle anderen in Frage kommenden Ursachen ausgeschlossen, könnte es Rheuma sein.

Auch die Schmerzen, die auf Rheuma hinweisen können, werden von Müttern und Vätern oft nicht wahrgenommen. «Im Gegensatz zu betroffenen Erwachsenen klagen Kinder seltener über Schmerzen», sagt Gerd Ganser von der Klinik für Rheumatologie St.Josef-Stift in Sendenhorst bei Münster. Sie halten ihre Gelenke lieber so, dass es nicht wehtut. «Wenn dagegen nichts unternommen wird, können sich daraus schwere Fehlstellungen entwickeln», warnt der Experte.

Genauso vielfältig wie das Krankheitsbild sind auch die Therapien gegen Kinderrheuma. «Dazu arbeiten wir mit anderen Fachärzten zusammen. Das sind vor allem Augenärzte, Rheumatologen, Hautärzte oder Neurologen», erklärt Ganser. Eine medikamentöse Therapie bekämpft Schmerzen und Fieber. Parallel dazu besuchen kleine Patienten die Krankengymnastik. «So werden die Gelenkigkeit verbessert, die Muskulatur gekräftigt, Spannungen gelöst und Fehlstellungen verhindert.»

Ein wichtiger Ansprechpartner für betroffene Familien ist die Deutsche Rheuma-Liga. «Bei uns können Eltern Rat und Hilfe bekommen, wenn sie nicht mehr weiter wissen», sagt Bundesgeschäftsführerin Ursula Faubel in Bonn. Sie und ihre Mitarbeiter informieren über die Krankheit und nennen den Angehörigen Therapie-Möglichkeiten und Ansprechpartner. «Dabei können sich die Eltern auch vor Ort informieren. Wir haben insgesamt 16 Landesverbände, die für Betroffene schnell zu erreichen sind», erklärt Faubel.

Wichtig ist laut Faubel vor allem, den Familien genau zu erklären, was auf sie zukommen wird. Schließlich werde sich deren Leben nach der Diagnose sehr verändern. «Das Kind muss oft zu Behandlungen in die Klinik, und auch zu Hause ist die Krankheit allgegenwärtig.» Was das bedeutet, wissen die Mitarbeiter der Elternkreise, die von der Rheuma-Liga ins Leben gerufen wurden. «Dabei treffen sich die Eltern erkrankter Kinder, reden über ihre Probleme, verteilen Informationsmaterial und helfen sich gegenseitig.»

Ulrike Poznanski ist Landeselternsprecherin des Elternkreises rheumaerkrankter Kinder und Jugendlicher in Hamburg. Auch sie weiß aus eigener Erfahrung, was betroffene Eltern durchmachen. «Bei meinem Sohn Kim stand die schlimme Diagnose fest, als er zwei Jahre war. Doch schon vorher hab ich geahnt, dass etwas nicht stimmt», erklärt die Mutter.

Ihr Junge hatte ständig Fieber und wollte plötzlich nicht mehr laufen. «Wir sind von Arzt zu Arzt gerannt, aber keiner konnte uns sagen, was los ist. Erst in der Uniklinik Eppendorf wurde uns gesagt, dass Kim Rheuma hat.» Seitdem muss der heute Zwölfjährige ständig Medikamente nehmen und zweimal in der Woche zur Krankengymnastik. Gerade diese Bewegungstherapie sei sehr wichtig für Kim - müsste er längere Zeit aussetzen, würde er «einsteifen», wie die Fachleute sagen: «Er könnte sich in kurzer Zeit kaum noch bewegen.»