Ehrenamtliche machen Zeitung für Blinde hörbar
Passau/dpa. - Passau - Wenn Barbara Ebner nach einem langen Arbeitstag im Passauer Arbeitsgericht nach Hause kommt, verspürt sie nur noch wenig Lust, die Tageszeitung zu lesen.
«Mit einer Sehhilfe könnte ich das zwar tun», sagt Ebner, die nur noch minimal sieht, «aber viel angenehmer ist es natürlich, mir die neuesten Nachrichten anzuhören.» Seit 15 Jahren legt sie daher regelmäßig Kassetten oder CDs in ihr Abspielgerät und hört zu, wie bekannte Stimmen ihr das Neueste aus der Region Passau erzählen. Solch ein Angebot gibt es auch in anderen Landesteilen für rund 82 000 Blinde und stark Sehbehinderte in Bayern. Die Macher der Hörzeitungen stellen damit sicher, dass sich auch Blinde umfassend über lokale und regionale Nachrichten informieren können.
In Passau klingt dies dann so: Zunächst tönt Blasmusik aus dem Lautsprecher, dann setzt eine männliche Stimme ein. Es ist Walter Hengstberger. Der 71-Jährige recherchiert, organisiert und vertont den Passauer Blindenreport von Blindenbund und Bayerischem Roten Kreuz. Er tut dies ehrenamtlich seit 1984 ohne Unterbrechung bis heute. Mittlerweile wurden unter seiner Regie 1270 Kassetten aufgezeichnet. Seit diesem Jahr gibt es den Blindenreport auf CD, zudem können die Beiträge auch aus dem Internet geladen werden.
«Mich hat der Umgang mit der Technik gereizt, die journalistische Arbeit, der Nutzen des Ganzen», sagt Hengstberger. Jeden Samstagmorgen begrüßt er eines seiner vier Sprecherteams, das in Eigenverantwortung die Artikel auswählt und vertont. Als Grundlage dienen dafür oft die Texte der Heimatzeitung «Passauer Neue Presse». Hengstberger schreibt die gedruckten Berichte dann in hörgerechte Versionen um, doch damit ist es nicht getan. Er liefert auch als Reporter O-Töne von Veranstaltungen in und um Passau, und selbst einen politischen Kolumnisten hat der Blindenreport inzwischen.
Umschreiben, eigene Recherchen, selbst produzierte Berichte - das macht den Passauer Blindenreport im Kreise der Nachrichtenangebote für Blinde so besonders. Das Vorlesen von Zeitungsgeschichten sei dagegen überall ein alltägliches Angebot, das es schon lange gibt, erklärt Elke Runte vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund. «Fast alle unsere Lokalgruppen bieten Nachrichten in gelesener Form an, manche sogar über eine Telefonhotline.»
Vorleser wie Franziska Lindinger vom Passauer Blindenreport erhalten dieses Angebot am Leben. Die 51-Jährige hat bereits über 150 Kassetten und CDs besprochen. Der Gedanke, etwas Nützliches und Gutes zu tun, hat sie zum Blindenreport gebracht, außerdem ihr Interesse an Kommunalpolitik und ihren Mitmenschen. «Ich habe hier im Studio viele liebenswerte Leute kennengelernt», sagt Lindinger.
An einem Samstagvormittag sind die Nachrichten einer Woche gesprochen. Sie werden sofort auf die Homepage gestellt und an die 32 Abonnenten geschickt. Die zahlen für den Service 30 Euro im Jahr. Finanziell ist dies auf niedrigem Niveau, für die Kunden aber ist die Hörzeitung unbezahlbar. Schließlich erleichtert das Angebot das Leben, wie Hörerin Barbara Ebner feststellt. «Wenn mir erzählt wird, dass eine Straße aufgerissen wird, dann werde ich die in den nächsten Wochen ganz bestimmt meiden», erzählt Ebner. «Und die Eröffnung eines neuen Geschäfts kann ja auch eine viel kürzere Strecke zum Einkaufen bedeuten.»
Einmal im Jahr kommen die Abonnenten zum Hörertreffen. Dort äußern sie ihre Wünsche. Kritik hören die Verantwortlichen eigentlich nur, wenn die Nachrichten die Hörer zu spät erreichen oder wenn wegen technischer Schwierigkeiten das Rauschen zu laut ist. Ansonsten freuen sich die Blinden über die gewohnten Hintergrundberichte und standesamtlichen Nachrichten - gesprochen von den vertrauten Stimmen und garniert mit bayerischer Blasmusik.
Passauer Blindenreport: www.blindenreport.de (dpa)