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Borreliose Borreliose: So lange kann ein Zeckenstich gefährlich sein

03.09.2014, 11:19
Zecken sind bis etwa November aktiv.
Zecken sind bis etwa November aktiv. dpa Lizenz

Zeckenstiche sind kein reines Sommerphänomen. Die Spinnentiere sind noch bis etwa November aktiv, dann ziehen sie sich in den Boden zurück, um zu überwintern. Daher sollten sich Waldbesucher auch im Herbst noch gut vor ihnen schützen. Denn sie können Krankheiten übertragen. Meist bleibe das ohne gesundheitliche Folgen oder die Beschwerden seien mild, erläutert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Trotzdem ist es sinnvoll, für den seltenen Fall der Fälle Bescheid zu wissen.

Gegen die von Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gibt es eine Impfung, gegen die ebenfalls übertragene Lyme-Borreliose nicht. Letztere kommt dem IQWiG zufolge häufiger vor als FSME. Wer von einem der Spinnentiere erwischt wurde, sollte die Stichstelle daher sechs Wochen lang beobachten, rät Volker Fingerle vom Nationalen Referenzzentrum für Borrelien in Oberschleißheim. Außerdem sollte der Betroffene im Hinterkopf behalten, dass ihn eine Zecke gestochen hat, und dies bei späteren Gesundheitsbeschwerden seinem Arzt mitteilen. So denkt dieser bei der Untersuchung auch an eine Borreliose.

Kreisförmige Rötung an der Einstichstelle

Auslöser einer Borreliose sind Borrelien. Von diesen Bakterien gibt es etwa 20 genetisch voneinander unterscheidbare Arten. Von fünf dieser Arten weiß man, dass sie krank machen. Nicht jede Zecke ist Borrelien-Träger. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) schwankt das Vorkommen regional und lokal sehr stark und kann bis zu 30 Prozent betragen. Bei etwa fünf Prozent derjenigen, die von einer Zecke gestochen worden sind, tritt eine Infektion auf. Nur bei rund einem Prozent der Infizierten zeigen sich dann auch Krankheitssymptome.

Das Frühstadium: Eine Infektion mit Borrelien macht sich im frühen Stadium durch eine sich kreisförmig bis oval ausbreitende Rötung um die Einstichstelle herum bemerkbar. „Das dauert mindestens zwei bis drei Tage bis hin zu sechs bis acht Wochen, bis diese Wanderröte auftritt“, erläutert Fingerle. 80 bis 90 Prozent aller Borreliose-Erkrankungen zeigen sich auf diese Weise. Die Haut sei nur gerötet und nicht erhaben und jucke auch nicht. „Die meisten Patienten fühlen sich auch nicht krank bei so einer lokalen Infektion“, ergänzt der Mediziner. Leichtes Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen sind möglich.

Nach einiger Zeit kann eine Wanderröte aber auch an verschiedenen Körperstellen auftreten. Wenn die Borrelien über das Blut und die Lymphe durch den Körper gewandert sind, ist außerdem eine leuchtend violette Hautverdickung meist am Ohrläppchen, der Brustwarze oder am Hodensack möglich. Der Knubbel schmerzt nicht.

Schreckliche brennende, stechende Schmerzen

Manchmal entwickelt sich eine Neuro-Borreliose, bei der Nerven oder das Zentralnervensystem betroffen sein können. Bei Kindern äußert sie sich am häufigsten als Hirnhautentzündung (Meningitis), bei Erwachsenen als Bannwarth-Syndrom. „Die Patienten haben typischerweise nachts schreckliche brennende, stechende Schmerzen im Brustbereich, in den Armen oder Beinen“, erklärt Fingerle. „Die Schmerzen können sich im Verlauf auf andere Körperregionen ausbreiten oder auch ganz verlagern, Schmerzmittel helfen kaum.“ Häufig sind auch Hirnnerven betroffen, vor allem der Gesichtsnerv, so dass zum Beispiel ein Mundwinkel hängt. In seltenen Fällen kommt es außerdem zu Herzrhythmusstörungen.

Lyme-Arthritis, Akrodermatitis: Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Spätfolgen ein Zeckenstich auslösen kann

Das Spätstadium: In einem späteren Stadium kann eine Lyme-Arthritis auftreten. „Dabei kommt es zu massiven Schwellungen eines oder wenigen großen Gelenken“, erläutert Fingerle. Vor allem das Kniegelenk, aber auch Sprung-, Hüft- und Schultergelenk können betroffen sein. Da die Schwellungen plötzlich kommen und gehen, ist es umso wichtiger, den behandelnden Arzt auf einen möglicherweise lang zurückliegenden Zeckenstich hinzuweisen.

Außerdem kann sich eine Akrodermatitis entwickeln. Das heißt, die Haut verändert sich, ist eine Zeit lang entzündet, geschwollen, gerötet und warm. „Dann wird die Haut immer dünner, ist zigarettenpapierartig gefaltet und die Gefäße treten hervor“, sagt Fingerle. Manchmal tritt in Verbindung mit der Akrodermatitis auch eine Polyneuropathie auf, also eine Nervenstörung, die sich etwa durch Taubheitsgefühle an den Füßen bemerkbar macht.

Symptome einer Borreliose

Die Diagnose: Grundsätzlich gilt laut Robert-Koch-Institut (RKI), dass viele Symptome einer Borreliose auch bei anderen Krankheiten zu beobachten sind. Das macht es nicht immer leicht, die Erkrankung zu diagnostizieren. Im Frühstadium ist eine Lyme-Borreliose aber in der Regel gut an der Wanderröte zu erkennen. Um einer Neuro-Borreliose auf die Spur zu kommen, entnimmt der Arzt Nervenwasser aus dem Rückenmark und lässt es auf bestimmte Werte untersuchen. Im Spätstadium bei einer Lyme-Arthritis wird das Blut auf Borrelien-IgG-Antikörper untersucht und dem betroffenen Gelenk Flüssigkeit entnommen. „In 70 Prozent der Fälle kann man die Borrelien in der Gelenkflüssigkeit nachweisen“, sagt Fingerle.

Die Therapie: Bei einer Borreliose kommen immer Antibiotika zum Einsatz. Im Frühstadium dauert es dann nur einige Tage bis Wochen, bis sie ausgeheilt ist. Allerdings sollte die Antibiotika-Gabe erst erfolgen, wenn sicher feststeht, dass es sich um eine Borreliose handelt. Sonst können sich Resistenzen bilden.

Therapie mit Antibiotika

„Auch Erkrankungen, die schon lange bestehen, lassen sich so behandeln“, betont Fingerle. „Wenn Sie bei einer immer wiederkehrenden Lyme-Arthritis Antibiotika nehmen, liegt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie völlig weggeht.“ Allerdings können die Borrelien vor allem bei späten Erkrankungsformen schon unumkehrbare Schäden verursacht haben. So kann es etwa bei der chronischen Neuro-Borreliose zu bleibenden Schmerzen oder Gefühlsstörungen kommen.

Die Prävention: Da es keine Impfung gegen Borreliose gibt, sollten sich Spaziergänger, Wanderer und Forstarbeiter im Wald und auf Wiesen mit festen Schuhen, langärmeligen Oberteilen und langen Hosen vor Zeckenbissen schützen, empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Nach jedem Wald- oder Wiesenbesuch sucht man am besten seinen gesamten Körper nach Zecken ab und entfernt sie umgehend. Je länger die Zecke am Menschen saugen kann, desto größer ist Risiko, dass sie Borrelien überträgt. Beim Entfernen darf das Spinnentier nicht gequetscht werden, weil die Erreger sonst schneller oder vermehrt übertragen werden können, warnt die BZgA. (dpa/tmn)

Elektronenmikroskopaufnahme einer Zecke: Nicht jedes Tiere trägt gefährliche Krankheitserreger in sich.
Elektronenmikroskopaufnahme einer Zecke: Nicht jedes Tiere trägt gefährliche Krankheitserreger in sich.
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Waldbesucher sollten sich mit langer Kleidung und geschlossenen Schuhen vor Zecken schützen.
Waldbesucher sollten sich mit langer Kleidung und geschlossenen Schuhen vor Zecken schützen.
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