Geht das nur mir so? Geht das nur mir so?: Mamasein - mit jeder "Phase" der Kinder wieder blutige Anfängerin

Köln - Jetzt hab ich es wirklich raus mit dem Muttersein. Ich weiß, wie der Hase läuft, wie meine Kinder ticken, wie diese komplexe Elternwelt funktioniert. Ich lehne mich kurz zurück und sonne mich in einem dieser Mama-Rockstar-Momente, klopfe mir imaginär auf die Schulter und schwebe so ein bisschen vor mich hin, stolz meine Kinder betrachtend. Ich spüre es: Ab jetzt wird alles leichter. Vorbei die Unsicherheit, das Durchwursteln, das ständige Hinterfragen. Denn ich bin jetzt ein Profi.
Aber noch während ich den Gedanken ganz und gar unbescheiden vor mich hin sage, ahne ich schon, dass dieses Gefühl nicht lange anhält.
Und just am nächsten Tag geschieht es. Ich sitze mit meiner fünfjährigen Tochter bei der Anmeldung in der Grundschule. Und fühle mich, als hätte man mich nackt im Dschungel ausgesetzt. Ich rutsche nervös auf dem Stuhl neben der Direktorin hin und her, als wäre ich selbst Erstklässlerin. Und merke, dass ich absolut keine Ahnung habe, was hier gerade passiert. Ich fülle stapelweise Papiere aus und sehe, wie mein Kind fröhlich mit einer Lehrerin in einem Raum verschwindet. Soll ich mit? Darf ich überhaupt? Und was kommt als nächstes? Ich fühle mich planlos und unsicher. Schon wieder.
Jede neue Entwicklung wirft neue Rätsel auf
Ich war schon so oft an diesem Punkt. Im einen Moment dachte ich noch, ich hätte alles im Griff. Im nächsten stand ich absolut ratlos vor meinem Kind. Oder fand mich völlig perplex in einer unmöglichen Eltern-Situation wieder.
In der Babyzeit, der Rush Hour der kindlichen Entwicklungsschritte, passiert ständig etwas Neues und die Ratlosigkeit ist sozusagen an der Tagesordnung. Und doch bin ich immer wieder darauf reingefallen und wähnte mich in Sicherheit. Bis erbarmungslos die nächste Phase nahte. Mein Kind wollte plötzlich partout nicht mehr schlafen. Oder keinen Brei essen. Oder hatte den ersten Magen-Darm-Infekt und ich stand versteinert vor dem vollgesauten Bett und wusste nicht, was ich als erstes tun sollte.
Als dann alles einigermaßen schnurrte im Kleinkind-Zuhause, da rollte auch schon die Kita-Eingewöhnung heran. Und mit ihr all die tausend Fragen: Vermisst mich mein Kind? Ist es zu früh? Wird es auch wirklich gut betreut? Wie ein schüchternes Nervenbündel habe ich mich die ersten Wochen durch die Kita-Tür geschlichen, weil ich nichts falsch machen wollte. Und keine Ahnung hatte, was man so tut als Kita-Mama.
Immer neu: Die erste Wunde, der erste Wutanfall
Dann kam irgendwann der erste Wutanfall, bei dem ich aus Verzweiflung mitgeheult habe, weil nichts gegen das Gebrüll wirkte. Und der erste Besuch in der Notaufnahme, bei dem ich innerlich fast ausgerastet bin vor Sorge und Nervosität, obwohl es nur um eine triefende Platzwunde ging.
Dann kam der erste Tag zuhause mit dem zweiten Kind – und die Frage, wie man gleichzeitig das Baby beruhigt und mit dem großen Kind Sterne ausschneidet. Irgendwann der erste selbst veranstaltete Kindergeburtstag, bei dem ich stundenlang überfordert war, weil ich gleichzeitig Animateurin sein, Streit schlichten, Kuchenchaos beseitigen und Wespenstiche kühlen musste.
Elternsein heißt: Nie enden wollende Fragen
Und seit Neustem gerate ich auch erklärtechnisch öfter ins Stottern und suche nach der richtigen Antwort. Wenn meine Tochter mir am Abendbrottisch Fragen stellt wie: Wie kommt der Nikolaus denn zur Türe herein? Und warum gibt es in Syrien Krieg? Ich kann mir nur ausmalen, dass das nur zwei von vielen schwierigen Gesprächen sind, die wir in den nächsten 20 Jahren führen werden.
Denn eigentlich haben wir ja gerade erst angefangen mit dem Elternsein. Da kommt noch so einiges. So viele Phasen. Und ein echter Profi im Mutterbusiness werde ich wohl nie werden. Muss ja auch nicht sein. Und trotzdem wird es hoffentlich immer wieder diese kleinen kurzen Momente geben, an denen ich mich doch ein bisschen so fühle. Wenn ich im Überschwang des Moments denke: Aus dem Weg! Miss Mama-Checker is in the house!