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finanzen Sichere Kontoeröffnung im Vorbeigehen

24.05.2024, 10:25
Moderne Banking-Trends: Von der Filiale zum Online-Banking und zur einfachen Kontoeröffnung.
Moderne Banking-Trends: Von der Filiale zum Online-Banking und zur einfachen Kontoeröffnung. Bild: Freepik

Trotz eines rasanten Filialsterbens gilt Deutschland in vielen Regionen immer noch als „overbanked“ und zugleich als generell „underbanked“: Denn die Geschäftsmodelle vieler Direkt- und Onlinebanken kranken immer noch an überbürokratisierten Prozessen und intransparenten Gebühren. Doch es geht auch anders.

Was war das noch einfach für unsere Eltern und Großeltern und manch ältere Semester unserer Lesergeneration: Das Taschengeld ging ins Sparschwein – und das wurde alle paar Monate beim freundlichen Herrn der lokalen Sparkasse ausgeschüttet und aufs (schon damals miserabel verzinste) Sparbuch eingezahlt. Etwas Betuchtere konnten damals schon zur Deutschen Bank, zur Commerzbank oder zur einst noch existierenden Dresdner Bank gehen. Und heute? Die Bankenwelt ist auf jeden Fall vielfältiger geworden. Filialen sind auf dem Rückzug, Bargeld – wenn es überhaupt noch nötig ist –, besorgt man sich beim Tanken oder beim Einkaufen an der Supermarktkasse.

Online-Banking ist zu einem generationsübergreifenden Megatrend geworden

Das Konto – etwa für Überweisungen oder das Einrichten von Daueraufträgen – führen mehr und mehr Deutsche digital. Das gilt auch für das Brokerage, also das Verwalten von Aktien oder Fondsanteilen auf digitalem Weg. 81 Prozent der Menschen in Deutschland erledigen ihre Bankgeschäfte inzwischen online. Das hat der IT-Branchenverband Bitkom jüngst in einer Umfrage unter knapp 1.009 Menschen ermittelt. Tendenz: weiter steigend. Wohin es sich noch entwickeln könnte, machen in Europa vor allem die skandinavischen Länder vor. Ob es das Wort „Bankfiliale“ im Norwegischen noch gibt? Dort lag bereits 2021 laut Datendienst Statista der Anteil derjenigen, die Bankgeschäfte über das Internet abwickeln, bei 96 Prozent. Vor allem die Deutschen in den Großstädten setzen aufs Online-Banking – eigentlich merkwürdig, da ihr Weg zur nächsten Filiale oft noch kürzer ist als der im ländlichen Raum.

Doch auch dort macht das Online- und vor allem Mobile-Banking immer weiter Fortschritte – und das in allen Generationen. Auch Senioren entdecken Online-Banking für sich. Besonders der Anteil der Online-Banking-Nutzer unter den Senioren ab 65 Jahren ist durch die Corona-Pandemie stark gestiegen: In der Gruppe der Menschen ab 65 Jahren nutzte bei der jüngsten jährlichen Befragung des IT-Branchenverbandes Bitkom erstmals 54 Prozent der Senioren die Online-Dienste ihrer Bank nutzten. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 45 Prozent.

Boom bei Neobanken, doch es gibt Fragezeichen hinter manchem Geschäftsmodell

Alles online, alles gut? Das wäre zu einfach. Maßgeblich für den jüngsten Boom beim digitalen Banking – in Deutschland, aber auch weltweit – sind vor allem die Neobanken wie die deutsche N26, die sich mit ihren Geschäftsprozessen nochmals grundlegend von den ersten Online-Banken in Deutschland unterscheiden, die oft nur Ableger und Ausgründungen großer Banken und Sparkassen waren, wie beispielweise die Commerzbank-Tochter Comdirect, die jetzt wieder voll im Mutterkonzern aufgegangen ist. Eine Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher hat vor Kurzem etwa 400 Neobanken weltweit analysiert. Die Kundenanzahl hat danach global bereits die Milliardengrenze überschritten. Aktuell liegt sie bei rund 1,1 Milliarden betreuten Kunden. Dies entspricht einem Wachstum von mehr als 30 Prozent in den vergangenen anderthalb Jahren.

Doch dieses Wachstum sagt noch nichts darüber aus, wie tragfähig diese Entwicklung ist und ob alle Geschäftsmodelle langfristig fruchten. Dafür genügt ein stichprobenartiger Blick auf die laufende Berichterstattung über die Neobanken: Euphorie liest sich anders. Viele der scheinbar leicht zugänglichen Geschäftsmodelle entpuppen sich bei näherem Hinsehen als arg komplex bis intransparent. Die Zahlen wirken mehr Rot als Schwarz. Das Produktsortiment, das viele Neobanken und Neobroker offerieren, ist meist zu groß und damit unübersichtlich. Das gilt auch für die oft versteckten Kosten, die Kunden entstehen.

Kontoeröffnung im Lottoladen: Kann das gutgehen?

Einen anderen Weg geht Nickel aus Frankreich, mittlerweile ein Tochterunternehmen der Großbank BNP Paribas. Die Franzosen werben auch in Deutschland mit einer „Kontoeröffnung to Go“ – und einer einfachen Kontoeröffnung in den „Filialen“, die sich in der Praxis als Lottoannahmestellen entpuppen. Kontoeröffnung beim Lottohändler?

Das scheint tatsächlich zu funktionieren: Nickel zählt in Europa bereits mehr als 3,5 Millionen Kunden. In Deutschland ist das Fintech seit 2023 aktiv – und schielt vor allem auf Kundschaft, die hierzulande bislang von Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken bedient wurde.

Das Produkt hat sich neben Frankreich bereits in Spanien, Portugal und auch Belgien nachhaltig bewährt. Nickel bietet nach eigener Aussage jeder Person die Möglichkeit, in nur wenigen Minuten ein Konto zu eröffnen – und das ohne aufwendigen Schufa-Nachweis. Bei der Eröffnung des Kontos spielt die Kreditgeschichte keine Rolle.

Geschäftsführer Thomas Courtois: „Nickel wurde 2014 von den ursprünglichen Gründern ins Leben gerufen, um der Ausgrenzung bestimmter Personen durch die Banken entgegenzuwirken, von der viele Menschen in Frankreich betroffen sind. Für traditionelle Banken ist es schwierig, sozial benachteiligte Menschen mit geringem Einkommen zu bedienen, da sie aufgrund ihrer geringeren Liquidität und Kreditwürdigkeit oft durch die Maschen fallen. Aufgrund des großen Erfolgs in Frankreich haben wir beschlossen, das Modell in andere europäische Länder zu exportieren.“

Das Angebot richtet sich an alle Personen, die einen unkomplizierten Zugang zu Zahlungsdienstleistungen benötigen. Digital, aber eben auch vor Ort. Nickel bietet digitale Zugänge via App oder Web, aber auch die Möglichkeit, in den abgespeckten „Filialen“ vor Ort, also den kleinen Minilädchen und Lottoannahmestellen, sein Geld einzuzahlen oder welches abzuheben.

Das innovative Konto kostet pro Jahr überschaubare 25 Euro – das ist aber meist nur ein Viertel dessen, was Sparkassen oder Genossenschaftsbanken aufrufen. Im Vergleich zu vielen anderen Anbietern warten bei Nickel jedoch keine versteckten Kosten – Dispokredite gibt es bei Nickel generell nicht.

Aktuell ist das „Filialnetz“ der Franzosen in Deutschland mit rund 200 Lottoannahmestellen noch ausbaufähig. Doch innerhalb der nächsten fünf Jahre peilen sie 5.000 Verkaufspunkte und 600.000 Kunden in Deutschland an.