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Europäische Kochkunst Europäische Kochkunst: Spaniens Küche lebt von der Vielfalt

Von Thomas Kärst 27.10.2006, 19:48
Vergleichsweise selten im Handel - Originalzutaten aus Spanien sind oft nur in Spezialitätengeschäften zu bekommen. (Foto: dpa)
Vergleichsweise selten im Handel - Originalzutaten aus Spanien sind oft nur in Spezialitätengeschäften zu bekommen. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Ratingen/München/dpa. - Denn die Tapas sind im Grunde genommen nichts anderes ein Abbild derSpezialitäten, aus denen auch die übrigen spanischen Gerichtezubereitet werden.

Die Vielfalt ist immens. «Es gibt sehr unterschiedliche Tapas -das fängt bei einfachen Salzmandeln an und geht hin bis zu komplexenTapas wie Artischockenherzen mit Serranostreifen», erläutert LutzDreyert, Hobbykoch aus Ratingen und Betreiber des Internetportals«tapas.de». Die Zutaten sind dementsprechend variabel: Fisch,Fleisch, Gemüse, Pilze, Brot, ja sogar Obst. Mehr als 220Tapas-Rezepte von A bis Z hat Dreyert mittlerweile gesammelt: VonAioli aus Eigelb, Knoblauch, Weißweinessig und Olivenöl bis hin zuZitronenhälften, die mit Sardinen und Kapern angerichtet werden.

Der Ursprung der Tapas liegt im Dunkeln: «Eine "tapa" isteigentlich ein Deckel», erläutert Dreyert. Eine mögliche Erklärungliege darin, dass die spanischen Bauern früher bei der Feldarbeitihre Gläser mit Deckeln oder Brotscheiben abdeckten, um Insekten fernzu halten. Irgendwann seien dann darauf Oliven oder Käse gelegtworden, bis im Laufe der Zeit ein immer raffinierterer Imbissentstanden sei. Auch sei arabischer Einfluss denkbar: «Ursprünglichkommen Tapas wohl aus Andalusien», erläutert der Experte.

Ohnehin weist die andalusische Küche, die nur eine von vielenspanischen Regionalküchen ist, große Einflüsse aus Nordafrika auf,sagt Margit Proebst, Kochbuchautorin aus München. «Mandeln,Granatäpfel, Kreuzkümmel, aber auch die Mixtur aus Pikantem und Süßemsind dafür Beispiele», erläutert die Expertin. So stammten ausAndalusien die Pinchitos, kleine Fleischspieße, die beispielsweisemit einem Dattel-Orangen-Dip sehr gut schmeckten. Bekannt sei auchdas Gazpacho, eine kalte Suppe aus Paprika, Tomaten, Gurken,Knoblauch und Zwiebeln, die mit Weißbrot serviert wird.

In den zahlreichen Küstenregionen Spaniens, etwa in Katalonien,Valencia oder Galicien, ist Fisch sehr verbreitet. Im Landesinnerendagegen finden sich deftige Fleischgerichte: «In Kastilien und derExtremadura gibt es viel Schweinefleisch, aber auch sehr vieleEintöpfe und Suppen», sagt die Kochbuchautorin. Mancherorts werdenGerichte demzufolge weniger mit Olivenöl, wie in Spanien sonstüblich, als vielmehr mit Schweineschmalz zubereitet.

Aus Valencia stammt das in Deutschland wohl bekannteste GerichtSpaniens: die Paella. Es ist mittlerweile landesweit verbreitet. «Ansich kommt es aber aus der Region Valencia», erläutert MargitProebst. Bestandteile der Paella Valenciana sind laut Proebst mitSafran gefärbter Rundkornreis, Kaninchenfleisch und Gemüse wieTomaten und Bohnen, aber auch Fisch. «Das ist von Dorf zu Dorf sehrunterschiedlich.» Ursprünglich war die Paella kein Restaurantgericht,sondern ein Grillgericht, das eher mittags verzehrt wird, erläutertProebst.

Noch beliebter als die Paella sind aber wohl Tortillas: «Das istdas Leib- und Magengericht der Spanier», sagt Proebst. Im Unterschiedzu den mexikanischen Tortillas, die aus Mais- oder Weizenmehlbestehen, ist die spanische Tortilla eine Art Omelett aus Ei,Kartoffeln und Zwiebeln.

Nach Deutschland gekommen ist die spanische Küche erstvergleichsweise spät. So gab es nie sehr viele spanischeGastarbeiter. «Und die meisten sind wieder nach Hause zurückgekehrt»,sagt Manuel Uzcanga, Leiter der Abteilung Lebensmittel beimSpanischen Generalkonsulat in Düsseldorf. Verbreitet hat sich diespanische Esskultur daher vor allem über heimgekehrte Urlauber.Richtig in Schwung gekommen sei der Export spanischer Lebensmittelwie Olivenöl, Schinken oder Käse jedoch erst ab 1986 nach demBeitritt Spaniens zur EU.

«Serranoschinken zum Beispiel bekommen Sie heute überall», sagtUzcanga. Und auch einst rare Spezialitäten wie der Manchego-Käseseien inzwischen weit verbreitet. Allerdings seien viele Lebensmittelnur in Feinkost- oder Spezialgeschäften erhältlich. Ein Grund ist dieStruktur der spanischen Lebensmittelindustrie: Mehr als 95 Prozentder Hersteller sind laut Uzcanga Kleinbetriebe mit weniger als 50Angestellten. Hobbyköche können sich laut Proebst aber auch durchausmit Lebensmitteln aus Deutschland behelfen: «Das ist nicht wie beider asiatischen Küche, wo alles mit den Zutaten steht und fällt.»

Literatur: Margit Proebst, Spanien. Kochen und Verwöhnen mitOriginalrezepten, Graefe und Unzer, ISBN 3774288305, 19,90 Euro;Fiona Dunlop, Tapas - Die 101 besten Rezepte aus Spaniens Tapas-Bars,Kaleidoskop Verlag, ISBN 3884728474, 9,95 Euro.