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Bestseller getestet "Das Kaninchen das so gerne einschlafen will" getestet: Hält das Kinderbuch mit Einschlaf-Garantie sein Versprechen?

Von Lisa Harmann 07.09.2015, 15:35
Autor Carl-Johan Forssén Ehrlin (im Bild) nutzt psychologische und linguistische Techniken, um Kinder lesend in den Schlaf zu wiegen.
Autor Carl-Johan Forssén Ehrlin (im Bild) nutzt psychologische und linguistische Techniken, um Kinder lesend in den Schlaf zu wiegen. Amazon.de Lizenz

„Mama, an was glaubst Du, an Gott oder an den Urknall?“ Das sind die Fragen, die mir meine sechs bis neun Jahre alten Kinder stellen, wenn sie abends in ihren Betten liegen und ich ihnen nach einem langen Tag noch schnell einen Gutenacht-Kuss geben möchte. Wenn sie abends zur Ruhe kommen, machen sie sich über vieles Gedanken, über Gott und die Welt im wahrsten Sinne des Wortes – nur eben nicht über Schlaf.

Die Erlösung für alle abend-geplagten Eltern?

Ein schlauer Mensch sagte mir einmal: Wenn Du einen Bestseller schreiben willst, dann schreib' über Schlaf und Kinder. Und genau das hat der schwedische Autor, Linguist und Verhaltenspsychologe Carl-Johan Forssén Ehrlin getan. Sein Buch hat er im Eigenverlag publiziert. Er verspricht, damit jeden zum Einschlafen zu bringen. Jeden! Falls das klappt, wären das gut investierte 16,05 Euro, finde ich. Endlich Ruhe am Abend. Die Erlösung für alle abend-geplagten Eltern?

Das Buch „Das Kaninchen, das so gerne einschlafen will – eine etwas andere Gutenachtgeschichte“ beginnt denn auch mit einer Warnung: „Lesen Sie dieses Buch niemals laut in Gegenwart von Personen, die gerade ein Auto oder irgendein anderes Fahrzeug bedienen“ und „Dieses Buch ist auf eigenes Risiko zu verwenden“. Na das kann ja lustig werden. Ob ich es überhaupt schaffe, das Buch zu Ende vorzulesen, ohne dass ich selbst einschlafe?

Vorsicht, Sie werden gleich einschlafen!

„Wenn dieses Buch zu Ende ist, werdet Ihr alle schon schlafen“, kündige ich meinen Kindern an und lese erst einmal die Bedienungsanleitung durch. Fettgedrucktes soll ich besonders deutlich betonen, aus Konrad, dem Namen des Kaninchens, um das es im Buch geht, soll „Kooonraaad“ werden, dabei soll ich bei jeder Silbe gähnen, zweimal. Kursives soll ich leise aussprechen. Und ab und zu soll ich den Namen meines Kindes einsetzen.

Der Autor arbeitet mit Techniken der Meditation, drei Jahre lang hat er an dem Werk gearbeitet, bis alles passte. Das wissen meine Kinder nicht, als ich beginne, vorzulesen. Schon im zweiten Satz des Vorspanns soll ich den Namen meines Kindes einsetzen. Tja, welchen denn? Ich entscheide mich für alle drei. „Häää? Stehen da wirklich unsere Namen drin?“, fragen sie und sind wieder hellwach. Das geht ja gut los. Die Geschichte beginnt.

Kichern statt Schlummern

In den ersten drei Absätzen gibt es bereits vier Stellen, die ich besonders L-A-U-T und D-E-U-T-L-I-C-H aussprechen soll. Vielleicht übertreibe ich das ein bisschen, aber beim zweiten lauten Satz kichern meine Kinder bereits, beim dritten können sie sich kaum noch halten, beim vierten fällt ein Kind bereits prustend aus dem Bett. „Mama, warum liest du so komisch?“ Brüllendes Gelächter.

Nach weiteren Seiten werden die Kinder ruhiger. Kein Wunder, es ist ein recht langes Buch, 20 Seiten, und ich frage mich, wer sich die Zeit nimmt, jeden Abend eine solch textreiche Geschichte vorzulesen. Konrad, das Kaninchen fühlt sich müde, er denkt an alle Dinge, die ihn müde machen, er fühlt sich schwer. Auf dem Weg in den Schlaf trifft er noch die Schnecke Schläfrig und die Eule Müdeblick. Er entspannt seine Füße, Beine, Oberkörper, Arme, wird müüüüde. Ganz müde.

Das Buch eignet sich eher für jüngere Kinder

Oft werde ich im Buch ich aufgefordert, zu gähnen. Und siehe da: Es klappt. Auch meine Kinder gähnen jetzt. Schlafen sie jetzt gleich?

Nun, nachdem ich die Geschichte beendet habe, sind die Kinder kurz still. Und dann kommt plötzlich doch noch ein Ton aus dem Nichts: „Tja, hat wohl nicht geklappt!“, sagt meine neunjährige Tochter in Anspielung auf das Schlafversprechen des Buches. Jetzt muss ich lachen. Vielleicht sind meine Kinder einfach schon zu alt für dieses Buch. Ich glaube, dass spätestens auf Seite 12 jedes kleinere Kind bereits aufgegeben und sich in den Schlaf verabschiedet hätte. Es passiert einfach zu wenig auf dem Weg in den Schlaf in diesem Buch. Meine Kinder jedenfalls schlafen genauso spät wie sonst ein. Und für den nächsten Abend wünschen sie sich als Vorlesegeschichte lieber wieder Harry Potter. Kaninchen Kooonraaad darf ohne sie schlafen gehen.