Sammlertreff Sammlertreff: Punkte an der Zapfsäule

Hamburg/Bochum/dpa. - Die Tankstellen in Deutschland entwickeln sich zum Sammlertreff: Denn nach ersten zaghaften Versuchen übertreffen sich derzeit die großen Marken mit Ideen für Prämiensysteme. Dabei gibt es für reichlich getankte Liter Kraftstoff irgendwann die eine oder andere Zugabe - die Palette reicht vom Gutschein für das Schnellrestaurant über Digitalkameras bis zur Reise. Der Erfolg dieser Angebote ist teils unerwartet groß, der Nutzen für den Tankenden wird jedoch unterschiedlich bewertet.
Den wohl größten Ansturm hat eine Idee von Aral in Bochum zu verzeichnen. Statt besonders hochwertiger oder ungewöhnlicher Prämien geht es hier um ein ebenso simples wie im wahrsten Sinne des Wortes rundes Angebot: Bälle. Noch bis zum 6. September bekommen Kunden für je einen Liter Schmierstoff oder zehn Liter Kraftstoff einen Punkt. Sind 30 Punkte gesammelt, können sie sich gegen Zuzahlung von einem Euro einen Ball aussuchen - vom Fußball bis zu Golfbällen.
«Wir sind davon ausgegangen, dass es am Ende vier Millionen Ballprämien sein würden», sagt Detlef Brandenburg, Sprecher von Aral. Tatsächlich sind die Bälle aber so gefragt, dass die Nachfrage zu Lieferengpässen führt. Ende Juli hatten bereits 4,2 Millionen Tanker Bälle erhalten, bis zum Ende der Aktion rechnet man nun mit rund neun Millionen Ball-Prämien. Grund für den Erfolg ist laut Brandenburg, dass der Weg zur Prämie recht schnell zurückgelegt ist - sieben bis acht Mal Tanken reichten meist aus, um genügend Punkte beisammen zu haben.
Auch andere Anbieter können über mangelnde Nachfrage kaum klagen. So meldete Total in Berlin im Mai für das seit Ende 2001 laufende und zeitlich unbefristete Programm «shop&win» den millionsten Teilnehmer. Von Esso in Hamburg gibt es zwar keine Gesamtzahlen - immerhin erklärt Sprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann, dass bei einer ersten im August 2001 gestarteten Aktion mit den verschiedensten Prämien allein die angebotenen Uhren 400 000 Mal abgegeben wurden.
Nun hat Esso eine zweite Sammelaktion gestartet, die vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 läuft. Dabei gibt es für zehn Liter Kraftstoff einen so genannten Swop-Punkt, auch Ölkauf oder Autowäsche werden belohnt. Gespart werden kann auf acht Prämien - für 25 Punkte gibt es einen Taschenschirm, wer 120 Swops beisammen hat und 119,90 Euro dazu bezahlt, erhält eine Digital-Kamera.
Die Belohnung der Kunden ist keineswegs die Folge reiner Nächstenliebe der Konzerne - Hintergrund ist vor allem der harte Konkurrenzkampf. «In Deutschland gibt es rund 16 000 Tankstellen und 1500 Anbieter, vom Einzelkämpfer bis zum Konzern», erklärt Rainer Winzenried von Shell & DEA Oil in Hamburg. «Es läuft ein Qualitäts- und Service-Wettbewerb. Da muss man sich anstrengen.» Derzeit hat der Konzern sogar zwei Prämienprogramme laufen. So können an den DEA-Tankstellen vorläufig noch über das Payback-System, das unter anderem auch in Kaufhäusern eingesetzt wird, Punkte gesammelt werden.
Laut Winzenried sollen aber die letzten DEA-Tankstellen bis zum kommenden Frühjahr auf die Marke Shell «umgeflaggt» werden - dann geht man auch dort zu dem im Mai eingeführten, langfristig angelegten Shell-Programm Clubsmart über. Zu dessen Besonderheiten zählt die Tatsache, dass auch der Einkauf von Lebensmitteln und anderen Waren im Tankstellen-Shop Punkte ergibt - ausgenommen sind Zigaretten.
Die Auswahl der Prämien reicht vom Gutschein für das Hamburger-Restaurant bis zu Prämien, die es nicht zu kaufen gibt: Wer 9999 Punkte anspart, bekommt ein Ticket für ein Formel-1-Wochenende inklusive eines Treffens mit den Ferrari-Fahrern. Dafür gilt es allerdings reichlich zu tanken und einzukaufen: Für einen Liter Kraftstoff gibt es einen Punkt, beim Einkauf einen Punkt pro Euro.
Neben Laufzeit und Prämienauswahl gibt es bei den Programmen noch einen Unterschied: Mal klebt der Tankende anonym Bonuspunkte in ein Heft, mal werden für die elektronische Erfassung der Prämienpunkte auch persönliche Angaben erbeten. «Die Frage ist, was mit den Daten geschieht», so Christian Fronczak vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Interessierte sollten daher aufpassen und ihre Daten nicht zur Weitergabe freigeben.
«Grundsätzlich gibt es aber eigentlich keine Einwände gegen solche Kundenbindungsprogramme», sagt Rainer Hillgärtner, Sprecher des Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. «Wenn man schon da tankt, kann man auch die Punkte mitnehmen.» Allerdings sollte sich laut Hillgärtner niemand von den Prämien blenden lassen, sondern weiterhin Kraftstoffpreise vergleichen. «Unter dem Strich lohnt sich das billigere Tanken mehr als das Sammeln von Punkten.»
Dass künftig auch die freien Tankstellen mit Prämien locken, ist kaum zu erwarten. «Unsere Tankstellen verkaufen den Liter einen halben bis einen Cent günstiger», sagt Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes freier Tankstellen (BfT) in Bonn. Wegen der geringen Gewinnspanne seien keine zusätzlichen Geschenke mehr drin. Dass die Kunden nun wegen der Prämien scharenweise abwandern, befürchtet Zieger nicht: «Wir haben eine Klientel, die preisbewusst ist und Qualität tanken will.»