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Zum Tod von Marianne Hoppe Zum Tod von Marianne Hoppe: Die Splitter-Spiegelbilder eines modernen Menschen

25.10.2002, 18:19
Marianne Hoppe
Marianne Hoppe dpa

Berlin/MZ/ahi. - Eine Grande Dame war sie bis zuletzt - auch noch im Moment ihres Rückzugs, als sie das so lange gesuchte Licht der Öffentlichkeit floh, um ihre großartige Karriere nicht durch die eigene Altersschwäche zu beschädigen. Doch vor allem war Marianne Hoppe, die nach Auskunft ihres Sohnes bereits am Mittwoch in einem Pflegeheim starb und gestern in aller Stille im bayerischen Siegsdorf beigesetzt wurde, eine deutsche Diva - mit allem Glanz und jedem Schatten, der im 20. Jahrhundert auf eine solche Erscheinung fallen konnte.

Geboren am 26. Oktober 1909 als Tochter eines mecklenburgischen Gutsbesitzers, hatte sie sich bereits mit ihrer Schauspiel-Ausbildung bei Theater-Papst Max Reinhardt für große Bühnen empfohlen. Dass ihr Debüt am Berliner Schauspielhaus dann jedoch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten zusammenfiel, sollte Folgen haben: An der Seite ihres Intendanten Gustaf Gründgens, den sie 1936 heiratete, wurde die Hoppe zur Staatskünstlerin - und genoss in einer Mischung aus Naivität und Abenteuerlust Einladungen in der Reichskanzlei oder in Görings Domizil Karinhall in der Schorfheide.

Noch für den letzten Ufa-Durchhalte-Film "Das Leben geht weiter" ließ sie der Regisseur Wolfgang Liebeneiner als Hoffnungsträgerin durch die Berliner Trümmerlandschaft stolpern. Dass dieser Propaganda-Streifen seit Kriegsende als verschollen gilt, hat Marianne Hoppe - anders als ihren Verzicht auf die Emigration - nie bedauert.

In der folgenden Phase einer pauschalen Verurteilung, die neben ihrem inzwischen geschiedenen Mann Gründgens zeitweise auch Marianne Hoppe traf, mag ihr das ihr eigene Temperament zugute gekommen sein: Die als "preußische Duse" apostrophierte Schauspielerin, die sich bereits in Filmen wie der Effi-Briest-Verfilmung "Der Schritt vom Wege" als Spezialistin für gebrochene Charaktere erwiesen hatte, ging in die Offensive und wurde zur gefragten Darstellerin von "Knacksdamen". Mit diesem eher flapsigen Begriff umschrieb die Hoppe selbst Glanzrollen wie die paranoide Blanche Duboise in "Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams oder die unverbesserliche Professorenwitwe in Thomas Bernhards "Heldenplatz", die dominante Herrin in Jean Genets "Zofen" oder die destruktive Marquise in Heiner Müllers "Quartett".

Zuletzt hat die Künstlerin, die ihrer Mitwelt immer wieder die Splitter-Spiegelbilder des modernen Menschen vorgehalten hat, ebenso konsequent an ihrem Nachruhm gearbeitet. Zum 90. Geburtstag wurde sie in ihrer Wahlheimat Berlin als jene "Königin" gefeiert, als die sie sich ein Jahr später vom Filmregisseur Werner Schroeter porträtieren ließ. Und nachdem ihr der Dramatiker Rolf Hochhuth bereits 1996 seinen Monolog "Effis Nacht" gewidmet hatte, stand sie zuletzt der Autorin Petra Kohse für eine Biografie Rede und Antwort, in der sie noch einmal und dauerhaft ihre Lebensrolle spielt - die Schwierige.