Wolfram Siemann über Fürst von Metternich als Visionär
München - Der österreichische Diplomat Clemens Fürst von Metternich (1773-1859) hat in der Geschichte keinen guten Ruf. Er steht für ein erstarrtes politisches System und die Unterdrückung jeglicher demokratischer und freiheitlicher Bewegungen.
Man verbindet ihn mit der Restaurationszeit des Biedermeier, die nur oberflächlich betrachtet kuschelig war. Entsprechend haben Biografen zuletzt einen großen Bogen um den Politiker gemacht.
Der Münchner Historiker Wolfram Siemann legt jetzt die erste große Metternich-Biografie seit Jahrzehnten vor. Und er revidiert das überkommene Bild gründlich, erkennt er doch in dem Österreicher einen Strategen und Visionär. Siemann «outet» Metternich als Freund des britischen Parlamentarismus und als Gegner des Nationalismus, den er für gefährlich hielt. Allerdings erscheint es doch schwierig, Metternichs repressive Politik zu beschönigen.
Dass manche Freiheitskämpfer ebenfalls zur Gewalt griffen, ist eine allzu schwache Rechtfertigung für staatliche Unterdrückungspolitik.
- Wolfram Siemann: Metternich. Stratege und Visionär, 983 Seiten, 34,95 Euro, ISBN 978-3-406-68386-2 (dpa)