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"Die Geschichtsjäger" Wigald Boning und Fritz Meinecke auf Spurensuche in Ballenstedt:

11.11.2016, 14:55
Outdoor-Experte Fritz Meinecke (l.) und Komiker Wigald Boning (r.) erkunden als „Geschichtsjäger“ verlassene Orte.  Hier in Ballenstedt.
Outdoor-Experte Fritz Meinecke (l.) und Komiker Wigald Boning (r.) erkunden als „Geschichtsjäger“ verlassene Orte.  Hier in Ballenstedt. PR/HISTORY/Getty/bilan

Ballenstedt/Halle (Saale) - Man kennt ihn als den Komiker, den Sänger oder den Moderator – doch Wigald Boning ist auch ein echter Wissensfanatiker.

Das hat er spätestens seit der Sat.1-Show „Clever – Die Show, die Wissen schafft“ bewiesen, in der er bis 2008 an der Seite von Moderatorin Barbara Eligmann den schlauen Professor mimte und dem Publikum anhand gewagter Experimente naturwissenschaftliche Zusammenhänge näherbrachte.

Seinem  Wissensdrang geht der 49-Jährige ab Sonntag auch in einem neuen TV-Format nach. In „Wigald und Fritz - Die Geschichtsjäger“ (Sonntag, 13.11.2016, 21.50 Uhr auf dem Bezahlsender History) besucht Boning mit seinem 27-jährigen Mitstreiter in sechs wöchentlich aufeinanderfolgenden Episoden vergessene Orte unserer Welt. Die erste Station führt die  Abenteurer nach Ballenstedt.

Dort thront das verlassene Gebäude der ehemaligen nationalpolitischen Lehranstalt (Napola) und späteren SED-Parteischule auf dem Großen Ziegenberg. Diana Serbe hat mit Wigald Boning über die Dreharbeiten gesprochen.

Herr Boning, wie finden Sie sich nach allen vorherigen Projekten in diesem Format wieder?
Boning: Eigentlich bin ich da mehr als Privatperson rangegangen, ich war neugierig. Ich bin deshalb auch glücklich, dass an allen Orten, die wir besucht haben, kompetente Zeitzeugen zur Verfügung standen, die meine Neugier stillten. Meine Erfahrung ist: Wenn ich etwas interessant finde, was ich vor Ort sehe, wird es dem Publikum ähnlich gehen. Ich bin mehr eine Art „Medium“: Die Zuschauer erleben alles mit mir.

Wie ist das dynamische Duo „Wigald und Fritz“ entstanden?
Boning:  Der Sender hat uns zusammengeführt. Ich habe mich dann mit dem YouTube-Kanal von Fritz Meinecke intensiv befasst. Das Lustige daran: Ich habe im Sommer 2015 begonnen, auch nur noch draußen zu übernachten. Das Schicksal hat mich dann sozusagen mit jemandem verknüpft, der sich dem Leben draußen und der Zelterei widmet. Das war mit einer der Gründe, warum ich gerne zugesagt habe. Diese Bekanntschaft ist später zur Freundschaft geworden.

Die Themen, die das Gelände umgeben, sind tiefgreifend. Wie haben Sie sich auf  Nationalsozialismus und SED-Regime vorbereitet?
Boning: Abgesehen davon, dass ich geschichtlich sowieso sehr interessiert bin und viele Bücher zum Thema gelesen habe, habe ich mich schon früher mit ehemaligen Schülern über das Erziehungssystem an Napolas ausgetauscht, zum Beispiel mit Helmut Karasek.  Wie genau das Vorgehen an Parteischulen der SED war, war mir bis dahin nicht klar. Da habe ich noch was dazugelernt.

Gab es  Anlass für Komik?
Boning: Die Tonalität wird durchaus ernsthaft sein. Gerade in Ballenstedt gab es ehrlich gesagt bei der Aufarbeitung der Geschichte wenig zu lachen. Wenn man Zeitzeugen vor sich hat, denen während der Vergangenheitsbewältigung Tränen fließen, kann und vor allem will man als Humorist nicht witzig sein.

An welche Begegnung erinnern Sie sich besonders?
Boning: Es gab eine Parkbank im Innenhof, auf der habe ich übernachtet. Da habe ich Kontakt geknüpft mit einem großen Hirsch, der sich wohl erschrocken hat, weil er in meiner Nähe äste und ich mich im Schlaf bewegt habe. Spaß beiseite: Die Zeitzeugen haben uns  mit ihrem Hintergrundwissen imponiert. Karl-Heinz Meyer, der heute Lehrer in Blankenburg ist, konnte sich an jedes Transparent an den Wänden der Napola in Ballenstedt erinnern.

Was hat Sie bei allen Geschichten am meisten zum Nachdenken gebracht?
Boning:  Der Bernburger Klaus Kleinau berichtete uns unter anderem über eine homoerotische Begegnung zwischen zwei Schülern der Napola. Man fragt sich dann natürlich schon, was mit diesen Kindern passiert ist. Tschernobyl sticht ein bisschen heraus, weil man grundsätzliche Überlegungen zur Menschheit anstellt. Der Mensch hält sich für einen ganz tollen Hecht, diese Selbstüberschätzung wird an diesem Ort besonders deutlich.

Was haben Sie aus den Besuchen gewonnen?
Boning:  Das Weltbild verändert sich. Reisen bildet ja bekanntlich. Bei mir führt das dazu, dass ich mich mit immer mehr Literatur ausstatte.

Was dürfen die Zuschauer in den anderen Episoden noch erwarten?
Boning: In Schorfheide bei Berlin waren wir mit einem Förster unterwegs, der uns über die Jagdgepflogenheiten  von Erich Honecker und Leonid Breschnew berichtete.   Das war sehr interessant - wenn man sich   mit der Bedeutung der Jagd in der Politik noch nie beschäftigt hat. (mz)