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"Hart aber fair" "Hart aber fair": Frank Plasberg geht dem Phänomen Trump auf den Grund

Von Michael Hesse 06.02.2017, 22:06
Die Runde bei Frank Plasberg
Die Runde bei Frank Plasberg ARD Screenshot

Die Fackel der Freiheitsstatue ist erloschen. So sieht das Titelbild des renommierten Magazins „Der New Yorker“ Amerikas Gegenwart. In den USA vollzieht sich ein Zeitenwechsel, darin sind sich viele sicher. Und durch die Macht des Landes wird sich die Welt gleich mit verändern.

Trump, der erste anti-amerikanische US-Präsident

Ein US-Präsident gilt als mächtigster Mann der Welt. Doch mit Donald Trump sitzt erstmals jemand im Weißen Haus, den seine Kritiker als ersten anti-amerikanischen Präsidenten der USA bezeichnen. In den ersten Tagen seiner Amtszeit hat er mit zahlreichen Dekreten die Welt in Aufruhr versetzt. Einreisestopp für Muslime aus sieben Ländern, Lockerung der Finanzmarktregeln, Stopp des Freihandelsabkommens mit Mexiko.

Es scheint, kein Stein solle auf dem anderen bleiben. Ist Donald Trump, der Milliardär und Unternehmer, ein konservativer Revolutionär? Er will Amerika wieder groß machen, doch um welchen Preis für den Rest der Welt? In der Sendung „Hart aber fair“ ging ARD-Moderator Frank Plasberg dem Phänomen Trump auf den Grund. Die Fragen stellten dabei vor allem die Zuschauer. Dabei wurde sogar das Seelenleben des US-Präsidenten ausgemessen. Professor Borwin Bandelow,Direktor der Psychiatrischen Klinik der Uni Göttingen, stellte jedoch einen besorgniserregenden Befund fest.

Auch politisch wird es unruhige Zeiten geben, prophezeite Politikwissenschaftler Christian Hacke von der Uni Bonn, der seit Jahrzehnten die US-Politik deutet. Aber das ist nicht alles. Über alldem wird es auch wirtschaftlich zur Katastrophe kommen können, da Trump Handelszölle wieder einführen wird, was gleichbedeutend mit Protektionismus ist, erklärt der Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des DIW in Berlin. Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU, er führt hinter den Kulissen die Gespräche mit der neuen Regierung in Washington, und die ARD-Korrespondentin Ina Ruck schilderten ihre Eindrücke von Trumps neuem Amerika.

Für abschließende Urteile ist es immer noch zu früh

Die Sendung stellte einmal mehr unter Beweis, dass es für abschließende Urteile noch zu früh ist. Zu früh für eine allgemeine Massenpanik und den Glauben an eine Apokalypse, zu früh auch für eine Einschätzung, wer die Macht in den USA tatsächlich in den Händen hält. Besorgnis ist angebracht, ein nüchterner Blick auf das Geschehen in Übersee. Optimismus? Nein, das eher nicht. Plasbergs Gäste sorgten für eine unterhaltsame Sendung auch dank der Fragen der Zuschauer, die ein Spektrum von Angst, Sorge um politische, militärische und wirtschaftliche Turbulenzen aufwies. Tiefgreifende Einsichten, nein, die gab es zwar nicht. Aber dafür doch einige kluge Einschätzungen, die die Zuschauer mitnehmen konnten. Aber der Reihe nach...

Die Fragen der Zuschauer sorgten für eine unterhaltsame Sendung

Renate Heim aus Wesseling wollte etwa wissen: Sie versteht nicht, warum die ganze Welt in Schrecken gerät. Was ist so schlimm daran, was einer nach der Wahl hält, was er vorher versprochen hat. Hardt sagte: Das müssen wir noch abwarten, ob er seine Versprechen wirklich hält. Er erinnerte daran, dass die Mexikaner den Mauerbau bezahlen sollten, wie ist immer noch nicht klar. Die Wähler könnten sogar noch enttäuschter sein, wie sie jetzt vielleicht schon sind. Die Bürger sollten darauf achten, dass sie nicht Politiker wählen, die meinen, sie wüssten alles besser. Er sieht bei Trump keine tiefgreifende Analyse, auf die seine Handlungen sich stützen könnten.

Ina Ruck sagt, dass Trump unter den Anhängern sehr beliebt ist, aber insgesamt sehr schlechte Umfragewerte hat. Sie erinnert daran, dass viele Dinge von ihm in Wirklichkeit noch nicht auf den Weg gebracht worden sind, weil die Dekrete eben nur eine begrenzte Wirkung haben. Die Krankenversicherung wird von ihr als Beispiel herangezogen. Er sei bei der Weisheit angelegt, dass es so schnell doch nicht gehe. Wie die Stimmung in den USA sei, wollte Plasberg wissen. Washington sei Hillary-Clinton-Land, sagt Ruck, da sitze der Schock noch tief. Der Frauenmarsch vor zwei Wochen sei sehr beeindruckend gewesen, so die ARD-Korrespondentin.

Wer hat das Sagen? Trump oder das Kabinett?

Plasberg spricht die Angst an, das Lieblingsobjekt der Deutschen. Ruck sagt, sie erlebe vieles, was sie aus ihrer Zeit in Russland kenne, Beschimpfung der Medien, die Einladung von Wirtschaftsbossen, um sie auf Linie zu bringen. Das habe auch Putin gemacht. Unklar sei auch, wer das Sagen habe, das Kabinett oder Trump? Wir wissen nicht, wer die Macht hat, sagt sie.

Der Angstforscher Bangelow zur Frage, ob ein Dauerzustand der Beunruhigung schlecht sei. Trump hat immer etwas Neues parat, wodurch die Angst steigt, sagt er. Wir müssen erst mal verdauen, dass er macht, was er gesagt hatte.

Christian Hacke zur Sprunghaftigkeit des Präsidenten: Er geht planmäßig vor, die Frage ist, ob der Plan aufgeht. Er ist wie ein Geschäftsmann, der erstmal pusht. Und nun stellt er fest, dass er nicht alles durchsetzen kann. Er testet das System aus. Seine Schlüsselfrage ist: Testet er das System innerhalb des demokratischen Rahmens aus oder überschreitet er diesen. Da steht Kalkül dahinter. Mutig sei, dass die Judikative ihm gezeigt hat, wo der Hammer hängt.

Vor zehn Jahren hätte er nicht gewählt werden können. Amerika hat sich verändert, diagnostiziert Hacke. Er war immer so, nur das Land habe sich verändert.

Risiko einer neuen Finanzkrise steigt laut Experte

Und die Wirtschaft? It’s the economy, stupid, sagte ein Bill Clinton. Und unter Trump? Wir dürfen die Finanzmärkte nicht zu ernst nehmen, sagte Experte Fratzscher. Er prophezeit ein Strohfeuer von Trump. Viele neue Jobs durch Protektionismus zu schaffen, das wollte Trump. Doch der Wirtschaftsexperte ist hier skeptisch. So wird er das nicht erreichen, sagt Fratzscher.

Kapitulieren die Geschäftsleute vor Trump?, will Plasberg wissen. Nein, glaubt Fratzscher. Viele Internetunternehmen gehen schon auf Distanz zu Trump. Seine Politik polarisiert in der Politik und auch in der Wirtschaft. Diesen Konflikt werden wir in den kommenden Monaten stärker sehen können. Das Risiko steigt, dass die Welt wieder eine Krise wie 2008 erleben wird, sagt Fratzscher bezugnehmend auf die von Trump vorgenommene Entfesselung des Finanzmarktes.

Steckt Methode hinter den Einreiseverboten?

Doppelstaatler, Deutsch-Iraner, kommen zu Wort. Die Frau ist schwanger, will ihre Mutter nach Deutschland einladen. Doch die Mutter lebt in den USA. Nach dem Einreiseverbot für Muslime hat die Familie Angst, dass die Mutter nicht wieder zurückreisen kann.

Wer kann garantieren, dass die Entscheidung der US-Justiz Bestand haben, die Trumps Einreisebann kassiert hatten? Garantieren kann es keiner. Ina Ruck glaubt, dass Stümperei der Grund für das Hin und Her der Regierung ist. Zunächst wurden die Green-Card-Besitzer ausgenommen, dann die Doppelstaatler. Man weiß nie, wer Trump gerade beeinflusst, sagt Ruck, die die These des schwachen und beeinflussbaren Präsidenten ins Spiel bringt. Die Entscheidung über Ein- und Ausreise werde erst in einigen Monaten fallen. Bis dahin können alle hin und herfliegen, sagt Ruck.

Hacke sieht Methode dahinter. Er will nicht-weiße Amerikaner aus dem Land drängen, durch Diskriminierung und Verunsicherung. Make America White Again, sei die Botschaft, glaubt Ina Ruck.

Irritationen in den USA über ihren Präsidenten sind so groß wie im Rest der Welt

Wer möchte noch in die USA gehen, fragt Fratzscher. Hardt sieht, dass Trump zwei Fundamente der USA zu zerstören droht: USA als Einwanderungsland und als Land des freien Handels. Alle gucken auf die Twitter-Meldungen des Präsidenten, erzählt Hardt von seiner Reise und seinen Gesprächen mit Vertretern der neuen Regierung. Nur ein kleiner Kreis von Leuten hätte Zugang zum Präsidenten. Die Irritationen in den USA darüber, wie es läuft, sei genauso groß wie im Rest der Welt, sagt Hardt.

Frage aus mittelständischen Unternehmen: Die Firma macht Geschäfte mit den USA, bei Strafzöllen würden die Produkte deutlich teurer, Einbußen wären die Folge. Die Arbeiter, die Ventilatoren herstellen, müssen sich um ihre Jobs sorgen, und das ist auch gleich die Frage.

Ja, sagt Fratzscher, sie müssen es. Knapp vier Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung geht in die USA, das seien bis zu 1,6 Millionen Jobs, die am Export in die USA hängen. Es trifft die deutsche Volkswirtschaft hart. Die Handelsbilanz spreche für die Deutschen, die große Überschüsse erwirtschaften. Hat Trump also recht, das sei unfair, fragt Plasberg. Ja, man müsse runter vom Gas, meint Ökonom Fratzscher. Deutschland sei auch unfair im Handel und betreibe Preisdumping.

Aber auch 700.000 Arbeitsplätze in den USA hängen von Deutschland ab. So ganz einseitig sei es also nicht, glaubt CDU-Politiker Hardt.

Trump denkt nicht langfristig

Trump pflege ein kurzfristiges Denken, was habe ich jetzt gleich davon, glaubt Ina Ruck und verweist auf das Freihandelsabkommen mit den PPT mit pazifischen Staaten. Immer spreche er vom Deal, das sei in Ländern wie Deutschland anders, wo man langfristiger plant.

Politikwissenschaftler Hacke erkennt die Gründe im Niedergang des Landes. Es sei härter geworden, das hire and fire sei eine Mentalität, die es in Deutschland so nicht gebe. Die USA hätten sich verändert, obwohl es im Kern immer schon diese Tendenz gehabt habe, so Hacke.

Ralf Deschner aus Gundelsheim sorgt sich über Trumps Lügengeschichten. Ist Trump ein Psychopath? Da ist Professor Bangelow gefragt. US-Psychologen machten eine Analyse des Präsidenten, weil sie sich Sorgen um ihr Land und die Welt machen. Bangelow sagt, man müsse sich schon Gedanken machen. Es gebe Zeichen einer narzistischen Persönlichkeit, Selbstverliebtheit, man schafft sich alternative Wahrheiten, was bis zur Hochstapelei gehe.

Trumps Charakterzüge stellen ein ernstes Problem dar

Die Folge: Mangel an Mitgefühl und Reue. Das Selbstwertgefühl sei so maßlos übersteigert, dass man keine Kritik ertrage. Er sei beratungsresistent, was sich nicht nur auf seine Frisur beschränke. Trump wolle nicht Amerika great machen, sondern er wolle Donald Trump great machen. Auch in der Türkei sehe man aufgrund von narzistischen Größenphantasien, wie man sich von demokratischen Wurzeln gelöst habe. Ähnlich sei es auch bei Putin. Trumps grandioses Selbstwertgefühl, so die Sorge des Professors, könnte die Demokratie eines Tages aushebeln.

Impulskontrollstörung, das sei ein Problem von Trump, sagt der Psychiater. Allerdings gebe es auch überlegte Handlungen von ihm.

Warum wählten ihn so viele, fragt Hacke. Manipulativer Charme nennt Professor Bangelow den Grund. Im positiven Sinne habe auch Obama diesen gehabt.

Ina Ruck berichtet von Debatten in den USA, dass man sich intensiv mit Artikel 25 der Verfassung befasst. Darin steht, dass ein Präsident, der sich als unfähig herausstellt, sein Amt auszuführen, abgesetzt werden kann.

Die USA sind anders

Hacke glaubt, dass Trump in vielen Dingen ur-amerikanisch sei. Auf uns wirke es so krass, weil die USA eben zum Teil so seien. Amerika ist anders, sagt Hacke.

Im Handelskrieg gibt es keine Gewinner, sagt Fratzscher. Wenn die USA und China die Klingen kreuzen, ziehen beide den Kürzeren.

Lehrt Trump uns, wieder zu schätzen zu lernen, was wir haben?

Frage an den Psychologen. Lehrt Trump uns, wieder schätzen zu lernen, was wir haben. Ja und Nein. Es stärkt die Zusammenarbeit bei einigen. Aber Orban fühlt sich eher gestärkt. Für Le Pen und Wilders würde ähnliches gelten.

Die Menschen haben Angst wegen Trump, auch weil er Zugang zu den Atomwaffen hat. So lautet auch eine Zuschauerfrage. Trump kann den roten Knopf bedienen. Drückt er ihn, wäre das das Ende, für uns alle.

Droht nun der Dritte Weltkrieg?

Atomwaffen einsetzen? Hacke sagt, der Mann würde nie so etwas machen. Schon der deutsche Soziologe Max Weber habe von der Irrationalität der Politik gesprochen. Das sei also nichts Neues. Die europäische Hypermoral stört Hacke. Die EU würde auf einem hohen Ross sitzen, wenn sie Trump geißelt, weil er keine Flüchtlinge ins Land lasse. Denn die EU würde nichts anderes machen.

Das sieht der Psychiater anders. Zu oft hätten Verrückte Kriege angezettelt. Seine Impulskontrollstörung könnte Trump dazu bringen, doch Atomwaffen einzusetzen, etwa gegen Nordkorea.

Zum Schluss wird über die dunkelste Figur in Trumps Kabinett gesprochen. Paul Vedder aus Dahlem fragt besorgt, wie Steve Bannon einzuschätzen sei. Wie weit reicht die Macht des Nationalen Sicherheitsrats, in dem Bannon berufen wurde?

Steve Bannon entwickelt sich zum Rasputin

Der entwickelt sich zu einem Rasputin, fürchtet Hacke. Jener galt in der russischen Geschichte als Einflüsterer der Zarenfamilie. Zum Schluss wurde er umgebracht.

Der Nationale Sicherheitsrat habe in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Henry Kissinger habe ihn sehr genutzt. Aber schon Obama habe ihn immer stärker außer Acht gelassen. Bannon ist der Beißer, sagt Psychiater Bangelow. Für Trump der Mann fürs Grobe.

Das Beste zum Schluss: Was muss Trump anstellen, damit er seines Amtes enthoben werden kann?

Das ist außerordentlich schwierig, sagt Hacke. Es sei dreimal eingeleitet worden. Es gibt keine Chance, glaubt der Politikwissenschaftler. Um Trump zu entthronisieren, benötige man eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat. Das sei unrealistisch.

Der Widerstand in den Kammern sei gering, sagt Ina Ruck. Es muss der Verdacht auf eine Straftat bestehen, sagt Ruck. Das mache es so schwierig. Auf diese Weise wird es sich nicht regeln. Die Runde ist sich einig: So wird die Welt Trump nicht los.