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Auszeichnung Auszeichnung: Grimme-Preis für Oliver Polak entzweit Jury

Von Anne Burgmer 09.03.2017, 09:00
Umstrittener Grimme-Preis-Gewinner: Oliver Polak
Umstrittener Grimme-Preis-Gewinner: Oliver Polak Getty Images Europe

Köln - IS- und NSU-Terror, Abschiebung, Flucht, Ebola, Cybergrooming – es waren aktuelle, oft schwierige Themen, die sich in diesem Jahr bei den Grimme-Preisen durchsetzen konnten. „Eher Schwarzbrot als Croissants“ sei dabei herausgekommen, sagte Heike Huppertz, Vorsitzende der Jury in der Kategorie Fiktion, bei der Bekanntgabe der Preisträger am Mittwoch in Essen. Etwas anders formulierte es Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts: „Das Preisjahr 2016 verdeutlicht einmal mehr, dass die Frage der gesellschaftlichen Relevanz von Produktionen bei der Bewertung und der Frage danach, was vorbildliches, preiswürdiges Fernsehen ist, bei den Grimme-Jurys eine Rolle spielt.“

Großer Gewinner ist die ARD. Elf Auszeichnungen kann der Senderverbund für sich verzeichnen. Darunter sind große Projekte wie die Trilogie „Mitten in Deutschland – NSU“, die im Bereich Fiktion gleich zwei Preise erhält (für den ersten Teil und das Gesamtkonzept). Auch „Das weiße Kaninchen“ mit Devid Striesow über Cybergrooming gewinnt einen Preis.

Alleiniger Sieger ist die ARD in der Kategorie Information und Kultur. Ob „Ebola – Das Virus überleben“, „Hundesoldaten“ (beide SWR) oder „45 Min: Protokoll einer Abschiebung“ (NDR) – gegen den Senderverbund hatte keiner eine Chance.

Zum Seriensieger entwickelt sich Jan Böhmermann. Der ZDF-Satiriker bekommt erneut einen Grimme-Preis für sein „Neo Magazin Royale“. In diesem Jahr wird er gemeinsam mit seinem Team für die Beiträge #verafake über fragwürdige Produktionsbedingungen bei der RTL-Sendung „Schwiegertochter gesucht“ und „Einspielerschleife“ mit einem Spezialpreis in der Kategorie Unterhaltung geehrt. Die Jury lobt die „engagierte Beobachtung und kluge Reflexion des laufenden Fernsehprogramms“. Mit drei Auszeichnungen und einer „Besonderen Ehrung“ gehört der 36-Jährige zu den erfolgreichsten Grimme-Preisträgern.

Heftige Diskussionen über Preiswürdigkeit

Schwer taten sich auch in diesem Jahr Privatsender, nur ein Preis geht nicht in ein öffentlich-rechtliches Haus. Oliver Polak gewinnt für seine schon wieder abgesetzte Pro-Sieben-Talk-Show „Applaus und Raus!“, in der er seine Überraschungsgäste durch einen Buzzer aus dem Studio werfen konnte, einen Grimme-Preis – und das sorgte für einigen Ärger. Wie aus der Jury zu hören war, gab es heftige Diskussionen über die Preiswürdigkeit des Formats.

Während es in der Begründung für die Entscheidung hieß, Polak gelinge es, das „ausgeleierte“ Format in die Sphären des Interessanten und Unerwarteten zurückzuholen, distanzierten sich zwei Jury-Mitglieder von der Entscheidung. Jürn Kruse von der „taz“ veröffentlichte am Mittwoch auf „taz.de“ einen offenen Brief: Er könne nicht verstehen, warum die Sendung unter das Motto „Gast oder Spast?“ gestellt und warum dafür zunächst mit dem Hashtag „#GastoderSpast“ geworben wurde. „Ich will nicht den Bundesbeauftragten für Political Correctness spielen“, schreibt Kruse. „Nur: Wo war bei »Gast oder Spast?« die Pointe? Wo war überhaupt der Witz?“ Sein Vorwurf: „Das Einzige, woran Sie mit diesem Reim mitgewirkt haben, ist die Etablierung eines Jahrzehnte alten Schimpfworts gegen Menschen mit Behinderungen.“ Diesem Urteil schloss sich der Jury-Vorsitzende Dieter Anschlag, Chefredakteur der „Medienkorrespondenz“, an.

Freuen dürfen sich die Macher des erst im Oktober gestarteten digitalen Jugendangebots Funk (ARD und ZDF). Die Mystery-Serie „Wishlist“, die für Funk produziert wurde, gewinnt in der Kategorie Kinder und Jugend.

Die Verleihung des Grimme-Preises findet am 31. März 2017 im Theater Marl statt. Dann wird auch der Gewinner der „Besonderen Ehrung“ bekannt gegeben.

Die Autorin war Mitglied der Jury „Information und Kultur“