Thüringen Thüringen: 1975 wurde Museum in Mühlhausen eröffnet

Mühlhausen/dpa. - «Die Eröffnung der ersten Dauerausstellung vor 30 Jahrenist für uns aber kein Grund zum Feiern», sagt der Direktor derMühlhäuser Museen, Gerhard Seib. Das zur 450. Wiederkehr desBauernkrieges eröffnete Museum stellte den kurze Zeit in Mühlhausenwirkenden Theologen und Reformator Thomas Müntzer als Revolutionärund Führer der Bauern in den Mittelpunkt. Am 27. Mai 1525 wurdeMüntzer nach der Niederlage des Bauernheeres bei Bad Frankenhausenvor den Toren Mühlhausens mit 50 Bauernkriegsführern enthauptet.
Die Ausstellung in der Kornmarktkirche spiegelte in den 30 Jahrenauch die veränderten Sichten auf den zeitweiligen Weggefährten MartinLuthers wider. In der DDR hat es laut Seib drei unterschiedlicheDauerausstellungen gegeben, die 1975, 1983 und 1989 «jeweils diezeitbezogene Sichtweise auf den Bauernkrieg reflektierten». Siesollten «sozialistische Geschichtspropaganda vermitteln», sagte er.Das SED-Zentralkomitee hatte Mühlhausen für eine ZentraleGedenkstätte «Deutscher Bauernkrieg» ausgewählt.
Die Thüringer Kreisstadt mit authentischen Bauerkriegsstättenschien wie kein anderer Ort der DDR dafür prädestiniert zu sein: Die700 Jahre alte Kornmarktkirche, in der 1525 Glocken zu Geschützengegossen wurden, das Rathaus und die Marienkirche, einstPredigerkirche Müntzers. Nach der Wiedervereinigung in den 90erJahren entschlossen sich die Verantwortlichen, die Ausstellung alsexemplarisches Beispiel der DDR-Geschichtsschreibung zu erhalten.Während Verlauf und Niederlage korrekt waren, mussten diemarxistische Darstellung der Bedeutung des Bauernkrieges für denVerlauf der Geschichte kritisch hinterfragt werden.
Aus Mangel an Sachzeugen hatten die Gestalter 1975 Exponate aus 15Museen der DDR ausgeliehen. Während die erste Ausstellung nachAussage des Direktors «wenig sinnlich aber stark ideologisch«gestaltet war, wurden in die neue Exposition acht Jahre später ganzbewusst Werke zeitgenössischer Künstler aufgenommen. Der achtteilige,1982 geschaffene Zyklus des Leipziger Künstlers Heinz Zander ist bisheute Teil der Ausstellung.
Vor zwei Jahren wurde die Ausstellung in der Kornmarktkirchevöllig neu gestaltet. Schwerpunkt ist der Aufstand immitteldeutschen Raum mit Sicht auf Thüringen und Mühlhausen. Mit demJenaer Historiker Reinhard Jonscher konnte ein Kenner derthüringischen Landesgeschichte für die neue Schau gewonnen werden.Sie sollte Einseitigkeiten beseitigen und Sachverhalte neu gewichten,erläutert Jonscher. So sollten der religiöse Faktor und derstädtische Anteil an den Aufständen stärker betont werden. Jonschersgrößtes Problem blieb das Fehlen von originalen Sachzeugen aus denBauernkriegstagen - wie schon vor 30 Jahren. Glocke, Pflug undSackkarre im Eingangsbereich, das Schlachten-Diorama im Chor sindgeblieben.
Neben der Mühlhäuser Schau dokumentiert nur noch einBauernkriegsmuseum in Böblingen (Baden-Württemberg) dieses spezielleKapitel deutscher Geschichte.