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Sprache Sprache: «Latein groovt» auch in vielen Teilen Deutschlands

31.01.2006, 07:37
Deutschlands einzige Latein-HipHop-Band «Ista» präsentiert sich (Foto: dpa)
Deutschlands einzige Latein-HipHop-Band «Ista» präsentiert sich (Foto: dpa) Ista

Bremen/Wilhelmshaven/dpa. - Mitseiner Schwäche für die Sprache der alten Römer steht Liedtke nichtallein da: Latein ist wieder angesagt, und das nicht nur beiüberzeugten Altphilologen.

Laut einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes haben imvergangenen Schuljahr bundesweit 739 000 Schülerinnen und Schüler Latein gelernt, das sind fast 9 Prozent mehr als 2003/2004. Zumdritten Mal in Folge verzeichnet dieses Unterrichtsfach damitwachsenden Zulauf. «Offensichtlich wird dem Fach zugetraut, Inhaltund Kenntnisse zu vermitteln, die über den Tag hinaus Gültigkeithaben und nicht schnelllebigen Moden unterworfen sind», meint HartmutLoos, Vorsitzender des Deutschen Altphilologenverbandes.

Auch «Ista»-Sänger Liedtke fand Latein schon zu Schulzeitenspannend - obwohl er nach eigenen Angaben nicht gerade zu den Bestengehörte. «Aber man muss nicht unbedingt sehr gut sein, um Spaß an derSache zu haben.» Einige seiner Mitschüler an der WilhelmshavenerCäcilienschule sahen das vor knapp 14 Jahren ähnlich. Die Idee zu«Ista» entstand damals auf dem Schulhof. Lateinkundigen ist klar,welches Lied die Gruppe damals als Erstes übersetzte: Es war derOhrwurm «Die Da» (lateinisch: «Ista») von den «Fantastischen Vier».

Mittlerweile sind die Hip-Hopper bei Schülern, Lehrern undAltphilologen im gesamten Bundesgebiet bekannt. Edgar Barwig, derfrühere Lateinlehrer der Band, half schon zu Schulzeiten beimÜbersetzen und rappt heute selbst begeistert mit. Erst vor kurzemmeldeten sich Schüler aus Regensburg bei «Ista» und baten um Rat,weil sie ein ähnliches Projekt planen. «Wir überlegen jetzt sogar,mit denen etwas zusammen zu machen», sagt Liedtke.

Eine noch größere Fangemeinde als die acht Musiker haben dieLatein-Nachrichten von Radio Bremen: Die Reaktionen kommen dort sogaraus der ganzen Welt. «Neulich hat uns ein Jordanier geschrieben, wiegroßartig er das findet», erzählt Jörg-Dieter Kogel. Seit gut vierJahren stellt der Programmleiter des Nordwest-Radios jeden Monat dieacht wichtigsten regionalen, nationalen und internationalen Meldungenzusammen und gibt sie zum Übersetzen an eine Gruppe vonLateinlehrern.

Immer abwechselnd spricht dann einer der Pädagogen die «NuntiiLatini», die jeweils ab dem ersten eines Monats im Internet abrufbarsind. Vielfach werden die Texte sogar als Grundlagen für Arbeiten inder Schule herangezogen, sagt Kogel. Dort sind es oft pragmatischeGründe, die viele Schüler zur Wahl der alten Sprache bewegen. «Ichmöchte Romanistik studieren, und da brauche ich das später an derUni», meint Friederike Neuber, die an einem Bremer Gymnasium für ihrLatinum büffelt.

Passend zum Trend hat «Spiegel Online» jüngst ein Internet-Quiz zudiesem Thema veröffentlicht. «Reicht Ihr Latein zum Angeben?», wollendie Journalisten dort wissen. Die Aktion soll für einigelateinkritische Berichte in der Vergangenheit entschädigen - diesewaren offensichtlich bei vielen Lesern nicht gut angekommen.