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Sol Gabetta Sol Gabetta: Jede Sprache hilft der nächsten

Von ANDREAS HILLGER 29.03.2010, 17:07

HALLE/MZ. - Man möchte mit Sol Gabetta über vieles reden - über ihre Kindheit, die sie als Tochter französisch-russischer Eltern im argentinischen Córdoba verbrachte. Über ihren steilen Start beim ARD-Wettbewerb 1998 in München. Über ihr Studium bei Ivan Monighetti in Basel und bei David Geringas in Berlin. Über ihren eigenen Unterricht und ihr Festival Solsberg bei Basel. Aber das Thema diktiert sie in ihrem charmant gefärbten Deutsch selbst: Es geht um den Schritt in die Königsklasse, den sie sich lange versagt hat - um Elgar also.

In ihren früheren Aufnahmen habe sie von Tschaikowski zu Vivaldi, von Schostakowitsch zur Wiener Klassik immer wieder den überraschenden Wechsel gesucht, um sich nicht zu früh festzulegen und Entwicklungswege offen zu halten. Zu deutlich standen ihr die Beispiele von jungen Kollegen vor Augen, die vom Klassik-Markt in eine bestimmte Richtung gedrängt werden und denen man danach jede überraschende Wendung übel nimmt. "Ich will an jede Grenze gehen", sagt Sol Gabetta, Und: "Jede Sprache, die man gelernt hat, hilft der nächsten."

Deshalb hat sie also verschiedene musikalische Idiome ausprobiert, ehe sich sich dem Stück näherte, das sie natürlich auch in der Händel-Halle spielen wird - diesem rhythmisch überraschenden, aus minimalistischen Elementen zusammengesetzten Werk, das Elgar nach der Erschütterung des Ersten Weltkriegs und nach dem Tod seiner Frau geschrieben hat.

Jetzt erprobt sie es europaweit mit verschiedenen Orchestern, für Halle sowie für die Folgetermine in Dresden, Nürnberg und Köln hat sie sich mit alten Bekannten zusammengetan - mit dem Kammerorchester Basel und dem Dirigenten Paul McCreesh, mit denen sie in den vergangenen Jahren einen gemeinsamen Weg beschritten hat: "Wenn man so oft zusammen musiziert hat, gibt es eine Basis, von der aus man immer tiefer in die Stücke hineintauchen kann." Zudem fühle sie sich bei diesem Orchester jenem Ideal nahe, das sie von den Solisten der früheren Generationen trennt: "Wenn man sich alte Aufnahmen von Jacqueline du Pré oder Jascha Heifetz anschaut, dann sieht man einen Musiker im Zentrum der Bühne - und im Hintergrund das Orchester. So losgelöst will ich nicht spielen." Und auch die Forcierung der Solostimme sei ihr fremd: "Musik muss nicht immer laut gesagt werden." Schließlich sei ihr "Cello keine Trompete" ...

Die Kritik freilich neigt dennoch zu Fortissimo-Fanfaren, wenn Sol Gabetta auf ihrem Guadagnini-Cello von 1759 musiziert. Neben dem "Glamour ihrer frischen, anziehenden Erscheinung", den natürlich jeder Rezensent bemerkt, bescheinigt man ihr "blitzende Geistesgegenwart" und "samtig seidenweichen Klang". Aus der "jungen Wilden" sei "eine junge Sensible" geworden, hieß es Anfang des Jahres in einer Konzert-Besprechung - was man angesichts der Elgar-CD dann auch schon wieder für eine unzulässige Vereinnahmung halten muss. Denn nur mit Gefühl ist diesem Stück nicht beizukommen - und Sol Gabetta hat auch die Kraft und die Intelligenz für seine Ausdeutung. Rund 60 Mal wird sie es in diesem Jahr spielen - und dabei immer wieder Neues in diesem einen Werk entdecken, das "sich täglich ändert". Natürlich sei man nach einer solchen Marathon-Tour froh, wenn man ein Werk mal für zwei Jahre beiseite legen könne. "Aber das Stück", weiß Sol Gabetta, "wächst auch dann noch weiter."

Sol Gabetta spielt am 16. April um 20 Uhr mit dem Kammerorchester Basel in der Händel-Halle. Karten gibt es unter:

Tel.: 03 45 / 2 02 97 71 sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.