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Politik und Literatur Politik und Literatur: Peter Handke lehnt auch den Berliner Heine-Preis ab

22.06.2006, 12:34
Peter Handke (Foto: dpa)
Peter Handke (Foto: dpa) dpa

Berlin/Düsseldorf/dpa. - Der Schriftsteller Peter Handke willauch den «Berliner Heinrich Heine Preis» nicht annehmen, der ihmalternativ zum Düsseldorfer Preis angeboten wurde. Er plädiert aberdafür, ein eventuelles Preisgeld in Höhe von 50 000 Euro «serbischenEnklaven» im Kosovo zur Verfügung zu stellen. Das teilten dieInitiatoren des Berliner Preises, darunter die Schauspieler KätheReichel und Rolf Becker, am Donnerstag im Berliner Ensemble (BE) mit.

Sie bezeichneten die Vorgänge um die gescheiterte Vergabe desDüsseldorfer Heinrich-Heine-Preises an Handke und die Haltung desDüsseldorfer Stadtrates dazu als einen «Angriff auf die Freiheit derKunst». Handke selbst hatte den Düsseldorfer Heine-Preis nach denpolitischen Auseinandersetzungen um seine Person abgelehnt. Er wolleweder seine Person noch sein Werk weiterhin den «Pöbeleien» vonLokalpolitikern ausgesetzt sehen. Kritiker hatten Handkes Parteinahmefür Serbien im Balkan-Krieg und insbesondere seine Haltung zumserbischen Ex-Diktator Slobodan Milosevic angeprangert. DerSchriftsteller war auch zur Beerdigung Milosevics am 18. März nachBelgrad gekommen.

Der Düsseldorfer Stadtrat wollte auf seiner Sitzung amDonnerstagnachmittag über den Fall und die Zukunft des Heine-Preisesnoch einmal debattieren. Nobelpreisträger Günter Grass hat angeregt,den Vergabe-Modus zu überdenken. Bislang behält sich der Stadtratvor, die Entscheidung der Preisjury noch zu bestätigen.

Reichel nannte Handke einen «großen Schriftsteller undSprachschöpfer», der von Düsseldorf jetzt für unwürdig gehaltenwerde, den Heine-Preis zu empfangen. «Das ist ein heuchlerischesFußballspiel, ein Foulen.»

BE-Intendant Claus Peymann unterstützt das Berliner Projekt ebensowie unter anderem auch die Schauspieler Ben und Meret Becker, dieSchriftsteller Gerhard Zwerenz und Daniela Dahn, der KabarettistDietrich Kittner sowie der Brecht-Schüler und frühere BE-IntendantManfred Wekwerth. Peymann hat neun Handke-Stücke seit der«Publikumsbeschimpfung» vor 40 Jahren uraufgeführt.

Handke zeigte sich in einem Schreiben an die Berliner Initiatoren«berührt von Ihrer Geste», möchte aber doch «beiseitestehen» undbetonte: «Bitte, kein Preis oder Alternativpreis für mich». Daseventuelle Preisgeld solle aber den serbischen Enklaven gegebenwerden, die, wie die Berliner Initiatoren betonten, «von Stacheldrahtumgeben sind und von Panzern geschützt werden müssen». Sie wollenversuchen, den Vorschlag umzusetzen, wie sie am Donnerstag betonten.Bisher seien schon über 18 700 Euro an Spenden für das Preisgeldeingangen.