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Nachruf Nachruf: Der Mann hinter «Praxis Bülowbogen»

25.05.2009, 10:28
Regisseur Herbert Ballmann spricht bei Dreharbeiten für eine Folge der TV-Serie «Neues vom Bülowbogen» in Berlin in ein Megafon (Archivfoto vom 17.06.1998). (FOTO: DPA)
Regisseur Herbert Ballmann spricht bei Dreharbeiten für eine Folge der TV-Serie «Neues vom Bülowbogen» in Berlin in ein Megafon (Archivfoto vom 17.06.1998). (FOTO: DPA) Zentralbild

Berlin/dpa. - Bereitsam Freitag ist Ballmann im Alter von 84 Jahren in Berlin gestorben,wie seine frühere Firma, die Neue Filmproduktion GmbH am Montagbestätigte. Der 1924 in Dortmund geborene Ballmann hatte seineKarriere in der DDR begonnen. Nach Kritik an der Kulturpolitik desSED-Regimes reiste er nach West-Berlin aus. Von 1957 bis 1961 war ermit der Schauspielerin Gisela Uhlen verheiratet.

Schon als Kriegsgefangener nördlich von Moskau war Ballmann seinemkünstlerischen Interesse nachgegangen. Er baute ein literarischesKabarett auf, später gründete er eine Theatergruppe. Nach derRückkehr aus der Sowjetunion im Dezember 1949 trat er alsRegieassistent bei der DDR-Produktionsgesellschaft DEFA ein. VonMargot Feist, der Vorsitzenden der Jungen Pioniere und späterenEhefrau von Staats- und Parteichef Erich Honecker, erhielt er denAuftrag für eine Dokumentation über die DDR-Kinderorganisation.

Sein erster DEFA-Spielfilm «Das geheimnisvolle Wrack» war einAgentenkrimi für junges Publikum. Offizielle Kritik erntete er mit«Das Traumschiff» über zwei Berliner Kinder, die an die Ostseereisen, um den neuen Mann ihrer Mutter kennenzulernen. Der Filmberücksichtigte nicht ausreichend «das neuen Leben» in der DDR», hießes damals. Die Verfilmung von Erwin Strittmatters «Trinko» wurde als«naturalistisch» kritisiert.

Mit «Der Prozess wird vertagt» nach einer Erzählung von LeonhardFrank drehte Ballmann 1957 seinen ersten Spielfilm für Erwachsene.Zum wichtigsten Projekt in der DDR entwickelte sich «Haus im Feuer».Der Film sollte die Begegnung zwischen einem deutschen und einemsowjetischen Offizier im Zweiten Weltkrieg nacherzählen. Doch dieRegie wurde Ballmann entzogen, nachdem er sich dafür eingesetzthatte, dass die im Westen Berlins lebende Gisela Uhlen die weiblicheHauptrolle übernimmt.

So entschloss sich Ballmann 1959, die DDR zu verlassen und zog zuUhlen. Nach dem Start am Berliner Schiller Theater als Regisseurentwickelte er Stoffe für TV-Dokumentationen. «Interview mit HerbertK.» über die Rückkehr eines ehemaligen Sträflings in die Gesellschaftsorgte für Aufsehen. Viel gelobt wurden auch Literaturverfilmungenwie Theodor Fontanes «Frau Jenny Treibel» mit Maria Schell undLustspiele wie «Der Schuss nach hinten» mit Heidi Kabel und WillyMilowitsch.

Mit «Einmal Ku'damm und zurück» gelang Ballmann 1985 einKinoerfolg. Das nach einer wahren Geschichte entwickelte Drehbucherzählt die Liebe in Ost-Berlin zwischen einer Sekretärin und demKoch der Schweizer Botschaft in der DDR. Mit Ursela Monn alsHauptdarstellerin wurde der Film mit dem Ernst-Lubitsch-Preisausgezeichnet.

Nach dem Mauerfall kehrte Ballmann auf das DEFA-Gelände inBabelsberg zurück und produzierte dort «Praxis Bülowbogen» mit GünterPfitzmann. Mit Pfitzmann drehte er 1998 auch drei Folgen derFernsehserie «Der Havelkaiser», ebenfalls ein großer TV-Erfolg.