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Nach Krankheit Nach Krankheit: Keith Jarrett will Jazz revolutionieren

29.07.2001, 14:31

Frankfurt/Main/dpa. - Jarrett litt seit Mitte der 90er Jahre an chronischerErschöpfung, die ihn völlig bewegungslos machte. «In der Zeit fielmir selbst das Umblättern einer Buchseite unendlich schwer»,berichtet der Musiker. Nach seiner Genesung musste er «praktischwieder vom Nullpunkt mit dem Klavierspielen beginnen». Dabei seieneingeschliffene Spielmuster verschwunden: «Meine Finger mussten sichwieder ein neues Gedächtnis zulegen.»

Obwohl das Erschöpfungssyndrom überwunden scheint, leidet Jarrettweiter unter Schmerzen in der Bandscheibe und in der Schulter, «undmit jedem Konzert wird es schlimmer». Seit er vor drei Jahren wiedermit dem Spielen begonnen hat, gehe er in jedes Konzert in demBewusstsein, es könnte sein letztes sein. «Man spielt anders mitdiesem Wissen», berichtet er. «Unter diesen Voraussetzungen musseinfach etwas Neues entstehen.»

Dieses «Neue» liegt angeblich bereits in der Schublade: dieAufnahmen «Inside Out» und «Tokyo Tapes», die Jarrett am Klavier mitBass und Schlagzeug aufnahm. Solokonzerte will er nicht wiedergeben. Auch seine alten Aufnahmen gefallen ihm heute nicht mehr:«Ich merke, dass ich keine Pause machen konnte. Ich musste immerspielen. Ich habe einfach nicht daran gedacht, dass man auch einfachstill sein kann.» Als er während seiner Krankheit seine altenPlatten hörte, habe er gedacht: «Wenn das mein Beitrag zurGeschichte des Jazz ist, dann ist es nicht genug.»