Medien Medien: Fotograf Josef Heinrich Darchinger wird 80

Bonn/dpa. - Darchinger, vonFreunden Jupp genannt, lässt die Bilder im Archiv. «Wozu soll ich dieaufhängen?», fragt er. «Das war damals Alltagsgeschäft.» Dergebürtige Bonner Darchinger wird an diesem Samstag (6. August) 80Jahre alt.
«Darchinger ist der bedeutendste Politik-Fotojournalist derEpoche», sagt Christiane Gehner, die bis vor kurzem Bild-Ressortleiterin beim «Spiegel» war und den Fotografen seit 1972kennt. Mehrere 10 000 Aufnahmen hat Darchinger seit den 60er Jahrenan das Hamburger Nachrichtenmagazin verkauft. Auch die Wochenzeitung«Die Zeit» und das Magazin «Stern» druckten seine prägnanten Fotos,die meist im Bonner Politik-Biotop entstanden.
Die Fotografen-Karriere wurde Darchinger nicht in die Wiegegelegt. Die Eltern kamen aus der Landwirtschaft. «Ich kam aus einemHaushalt, den man eher als arm bezeichnen kann», sagt er. DieFotografie faszinierte das Kind zwar, seitdem ein Onkel ihm gezeigthatte, wie ein Film im Labor entwickelt wird. «Das war einunglaubliches Erlebnis zu sehen, wie unter Rotlicht sich ein Gesichtherausentwickelte - mein Gesicht», erzählt Darchinger. AberFotografie zum Beruf zu machen - das waren nur Kinderträume.«Fotografen hatten damals den Ruf, Bohemiens zu sein, aus reichenFamilien zu stammen - das war unerreichbar für mich.»
Darchingers Chance kam kurz nach dem Krieg. Der Kriegsverwundetemachte eine Umschulung zum Fotolaboranten. In dieser Zeit lernte erseine Frau Ruth kennen, die ebenfalls Fotolaborantin war. «1952 sindwir zusammen zum Finanzamt gegangen und haben uns eine Steuernummergeholt.» Seit dieser Zeit ist Darchinger selbstständigerFotojournalist. Mittlerweile setzen seine Söhne Frank und Marc dieFotojournalisten-Tradition in dem Familien-Unternehmen fort.
«Seine große Zeit war die der Großen Koalition und die Willy-Brandt-Jahre», sagt Gehner. Es sei kein Zufall gewesen, dass dieberühmten Aufnahmen von Brandt und Guillaume von Darchinger stammen.Er hatte Zutritt zu allen Spitzenpolitikern, zu Willy Brandt undHelmut Schmidt genauso wie zur Familie Kohl oder zu Franz JosefStrauß. Die Politiker ließen ihn an sich ran, auch weil sie wussten,dass Darchinger einen Ehrenkodex hatte und sie nicht «vorführen»wollte.
In Jupp Darchingers Archiv sind seit 1952 mehrere 100 000Aufnahmen zusammengekommen. Mit Karteikarten fischt er jede einzelneinnerhalb einer halben Minute heraus. Zum Beispiel eine Aufnahme mitRoman Herzog und Frau beim Frühstücken aus dem Jahr 1990. «Damals warer noch Staatssekretär, aber man konnte schon spüren, dass der nochweiter kommt», erzählt der Fotograf: «Dafür muss man ein Näschenhaben.»
«Mit Näschen hat das nichts zu tun, das ist eine Frage derLogistik», hält Gehner dagegen. Ein politischer Fotograf müsse impolitischen Geschehen stecken und es analysieren: «Ein guterFotojournalist rechnet sich aus, was wann passieren muss, und ist beider passenden Gelegenheit zur Stelle.» Das habe in Bonn keiner so gutbeherrscht wie Darchinger. «Seine Stärke waren immer die situativen,politisch aussagekräftigen Bilder.»