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Abschied von Sachsen-Anhalt Manfred Krugs tot: Das letzte Konzert des Schauspielers in Dessau

Von Christian Eger 27.10.2016, 19:18
Ein Herz und eine Wohltat: Manfred Krug und Uschi Brüning 2015
Ein Herz und eine Wohltat: Manfred Krug und Uschi Brüning 2015 dpa-Zentralbild

Dessau-Roßlau - Im Mai stand Manfred Krug noch einmal auf der Bühne des Anhaltischen Theaters. Das ist nicht ganz richtig: Er saß meistens. Aber er saß auf dem Konzerthocker als würde er stehen. Oder gehen. Weißes Hemd, schwarze Krawatte, schwarze Hose. Der Gehstock, an dem Krug die Bühne betreten hatte, nahm er über die drei Konzertstunden nicht mehr in die Hand.

Es war mit Krug wie bei Klassentreffen: Schon nach wenigen Minuten sieht man in den nichtmehrjungen die jungen Gesichter. Alles ist, wie es immer war. Krug musste nur ein, zwei Bemerkungen seinem Publikum hinwerfen und es war gewonnen. Krug hatte ein intelligentes Publikum. Dabei eines, das man nicht unbedingt im Theater trifft. Lebensnah. Schlagfertig.

Manfred Krug als Sänger: Der Schauspieler spielte Jazz in Dessau

Jazz for Fun: Das bot Krug. Kluge gute Laune. „Sag mir quando“, „Niemand liebt dich so wie ich“. Poetisch. Abgefahren. Irrwitzig wie „Frosches Lied“. Die Konzerte hießen  „Manfred Krug liest & swingt mit Uschi Brüning und Band“. Ohne die  große Jazz-Sängerin Uschi Brüning hätte er die Abende nicht mehr geschafft. Und nur Uschi wäre etwas viel „Black Coffee“ gewesen. Aber die beiden zusammen waren ein Herz und eine Wohltat.

Wolf Biermann nannte Krug einmal „unsern DDR-Sinatra“. Ach, was. Sinatra war klein, ehrgeizig, cool. Krug hingegen: groß, selbstsicher und erstens bis zehntens - traumwandlerisch lässig. Dagegen hatte Sinatra etwas Streckmännchenhaftes. Krug war der einzige Star aus dem Osten, an dem nichts peinlich war. Krug war, was gut war in - und nicht an! -  der DDR.

Krugs Lässigkeit. Diese Selbstverständlichkeit, die Direktheit in Ton und Haltung, war in der DDR eine Provokation und im   Westen etwas Unbekanntes. Krugs Lässigkeit war nicht  herablassend. Oder kumpelhaft.

Manfred Krug begeisterte sein Publikum, als Sänger und als Schauspieler

Krug biederte sich nicht an. Er sprach Klartext, aber auf die erfrischendste, befreiendste Weise, weil Klartext an der richtigen Stelle erfrischt und befreit. Lässigkeit heißt, sich frei machen von den Zwängen der Anpassung. Das sprang über aufs Publikum.

Seine Stimme war auch mit 79 noch gut.  Hell. Moderat. Seine Aura charmebolzend. Ein Naturtalent bis zuletzt. In der Pause saß er hinter der Bühne. Die Musiker quirlten um ihn herum. Es sah aus wie eine Patchworkfamilie. Krugs breite Schultern mittendrin. Im weißen Konzerthemd, so als würden die frühen 70er Jahre  endlos weiterlaufen. 

„Ja, manchmal trifft’s auch Leute mit Geschmack“, lachte Krug denen zu, die seine Musik mochten. Was Uschi Brüning erbaute: „Manfred, es hört nie auf, habe ich dir doch gesagt! Es hört nie auf!“ In diesem Moment schien das wahr.

Auf der Bühne: Der zweite Teil noch besser als der erste. Krug,  das Mikro zwischen den verschränkten Fingern der tellergroßen Stahlarbeiterhände. Er singt: „Hör auf dieses schöne Lied, es hat nur einen schönen Ton / Der ist einsam und allein', ich kriege nie genug davon / Er muss einsam durch die ganze Welt und genauso geht es mir / Dieses Lied und dieser Ton und auch ich selbst gehören dir!“ Dieser Ton bleibt  in der Welt. (mz)