Literatur Literatur: Schriftsteller Jorge Amado gestorben
Rio de Janeiro/dpa. - Der brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso betonte,Amado war «ein Schöpfer, der den Mut hatte Brasilien in seinenechten Farben zu malen». Er hinterlasse ein Erbe, auf das «wir allestolz sind». Der Gouverneur des Bundesstaates Bahia ordnete einedreitägige Trauer an. Viele Brasilianer reagierten auf die Nachrichtvom Tod Amados mit tiefer Trauer.
Erst vor drei Wochen war Amado aus dem Krankenhaus entlassenworden, in das er am 20. Mai wegen eines erhöhten Blutzuckerspiegelsgebracht worden war. Diese Erkrankung verursachte Herz- undAtemprobleme, die auch die Lungen- und Leberfunktion schwerbeeinträchtigten. Der Gesundheitszustand Amados hatte sich seit 1997nach einer Herzoperation zunehmend verschlechtert.
In den vergangenen Jahren litt der Autor auch unter Depressionen.Sein Augenlicht wurde immer schwächer und er konnte seinerLieblingsbeschäftigung, dem Lesen, nicht mehr nachgehen. Er verließsein Haus kaum noch. Amado lebte in Salvador de Bahia mit seinerEhefrau Zelia Gattai (85), die seit mehr als einem halbenJahrhundert seine treue Weggefährtin war.
Jorge Amado schrieb immer volkstümlich. Seine Werke wirkten auchauf Menschen anziehend, die sonst kaum zu Büchern greifen. AnnaSeghers nannte ihn einen «brasilianischen Balzac».
Am 10. August 1912 in Ilheus (Bahia) geboren, kam er überJesuitenschule, Landarbeit, Journalismus und Jurastudium zurLiteratur. Die ersten Werke (am Anfang stand 1931 «O Pais doCarnaval») waren von seiner Zugehörigkeit zur Kommunistischen Parteigeprägt. In späteren Jahren milderte er die harte Sozialkritik aus«Jubiaba» oder «Capitaes da Areia» («Herren des Strandes») zuGunsten einer differenzierten Schilderung der Charaktere.
Nach Jahren der Aktivität in der Kommunistischen ParteiBrasiliens (1951 erhielt er den Lenin-Friedenspreis) zog sich Amado1956 von der Politik zurück. «Ich habe mich für das Schreiben, fürdie Literatur entschieden», sagte er rückblickend.
Viele von Amados Romanen der zweiten Phase stellen Frauen in denMittelpunkt, «Gabriela, Cravo e Canela» («Gabriela wie Zimt undNelken»), «Dona Flor e seus dois maridos» («Dona Flor und ihre zweiEhemänner») oder das Freudenmädchen, vielmehr die Freuden-Dame«Tieta de Agreste» («Tieta aus Agreste»), die die Heuchelei derKleinstädter entlarvt. Seine Romane mit ihrer Schilderung derMenschen und vielfältigen Kulturen Brasiliens wurden in 50 Sprachenübersetzt und oft internationale Bestseller. Auch TV- und Kino-Verfilmungen machten seine Romanfiguren berühmt.
Heuchelei war ein Lieblingsthema Amados. In «Tenda dos Milagres»(«Werkstatt der Wunder», deutsch auch «Geheimnisse des MulattenPedro») wird ein bescheidener Schriftsteller nach seinem Tod voneinem ausländischen Forscher entdeckt - und sogleich gilt er alseiner der größten. Hier hat Amado, der oft als bloßerUnterhaltungsliterat angesehen wurde, ein bisschen autobiografischeKlage untergeschmuggelt.
Jorge Amado, der stets nur von Brasilien erzählte, war in derganzen Welt unterwegs, mit zunehmendem Alter besonders zurEntgegennahme von Auszeichnungen, darunter 1984 als «Kommandeur derfranzösischen Ehrenlegion». In Bahia schrieb und arbeitete er,ständig von Freunden umgeben. Seit 1961 war er auch Mitglied derBrasilianischen Akademie der Literatur.