Kinostart: 06. Januar Kinostart: 06. Januar: «Die Brautjungfer»

Hamburg/dpa. - Regie-Altmeister Claude Chabrol setzt mit der «Brautjungfer» seinen fast 50Jahre währenden Kreuzzug gegen alles Kleinbürgerliche fort. DieVerfilmung des Ruth-Rendell-Krimis bevölkert er mit seltsamenGestalten.
Philippe ist 25 und wohnt noch bei seiner Mutter und seinen zweijüngeren Schwestern. Da der Vater schon lange das Weite gesucht hat,lastet auf ihm die große Verantwortung, eine Art Ersatz-Familienoberhaupt zu sein. Jeden Morgen bindet er sich seine Krawatteum und geht zur Arbeit, ist immer hilfsbereit und nie sichtlichgereizt - was für ein netter junger Mann, sagen in solchen Fällen dieNachbarn aus anderen Vorstadt-Häusern. Doch niemand scheint zumerken, wie sehr Philippe sich und seine Gefühle und Nöte verleugnet.
Seine unterdrückte Persönlichkeit entlädt sich in einerleidenschaftlichen Beziehung zu Senta. Als Brautjungfer bei derHochzeit seiner Schwester Sophie überrennt sie ihn mit der Erklärung,er sei der Mann ihres Lebens und zieht ihn in ihren Bann. Sentableibt ein Geheimnis. Sie erzählt Philippe Geschichten über ihr Lebenund ihre Reisen durch die Welt, die zu ungewöhnlich sind, um wahr zusein, sie haust im Souterrain eines großen alten Hauses, das ihrangeblich ganz gehört und sie ist voller Verachtung für die üblicheMoral. Und: Sie hat Philippe voll im Griff.
Senta, eine Raubkatze von einer Frau, nicht unbedingt imklassischen Sinne schön, aber aufregend sinnlich, wird gespielt vonJungstar Laura Smet, der Tochter des Rockers Johnny Halliday und derSchauspielerin Nathalie Bay, die auch schon für Chabrol vor derKamera stand. Für die Rolle des Philippe nahm er Benoit Magimel («DieKlavierspielerin», «Die Purpurnen Flüsse 2»).
Chabrol, der Apothekersohn, der sein Studium abbrach, umKinokritiker zu werden, mit der Erbschaft seiner Frau seinen erstenFilm drehte und damit unversehens die berühmte «Neue Welle» desfranzösischen Films lostrat, kann es auch mit 74 Jahren nicht lassen,mit dem kleinbürgerlichen Milieu abzurechnen. Das schäbige Innenlebendes kleinen Hauses von Philippes Mutter, der Frust, der sich in derkünstlich erhaltenen Normalität immer tiefer in Philippe hineinfrisst- überall Chabrols tiefe Abneigung gegen die vermeintlich heile Weltder Vorstädte.
Nach mehr als 50 Filmen ist der Altmeister aber auch ein Virtuose,der mühelos mit dem Zuschauer spielen kann. Die junge Frau, die amAnfang spurlos verschwindet, der Kellner, der Philippe unbemerkt beimTelefonieren beobachtet, ein Landstreicher, der tot aufgefunden wird- man fragt sich, ob all die Details sich am Ende zu einemschrecklichen Bild zusammenfügen werden oder verstreute Einzelteilebleiben.