Keine Kunst? Und ob! Keine Kunst? Und ob!: Theater RambaZamba Berlin zeigt, dass Inklusion Spaß macht

Berlin - „Brenn die Bank ab“, schmettern Ensemblemitglieder des Theaters RambaZamba und ihre prominenten Gäste so rührend inbrünstig, aber auch komisch von der Bühne, dass die Kollegen vom Staatsschutz getrost zu Hause bleiben können. Unter den Mitwirkenden dieser „Freakshow“ sind die Schauspielerin Angela Winkler und ihre Kinder sowie der szeneberühmte Berliner Rapper Romano. Der trägt den bürgerlichen Namen Roman Geike und sieht mit seinen geflochtenen Zöpfen wie ein blonder Winnetou aus.
Fröhlicher Antikapitalismus
Während am letzten Freitagabend noch die fröhlich-antikapitalistische Hymne geschmettert wird, vor der sich kein Banker ernsthaft fürchten muss, werden lustige Geldschein-Imitate, bedruckt mit Romanos Konterfei und der Titelzeile des Songs, unter das feiernde Volk in den prallvollen Saal geworfen.
Party hin oder her - hier geht es eindeutig um Kunst, und die genießt (noch immer) einige Freiheit im Lande. Manchem Mitbürger wird das schon zu viel, wie man hört und liest - dem Publikum im Saal in der Berliner Kulturbrauerei an der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg allerdings nicht.
Auch mit der Inklusion hat keiner Probleme, der einen Abend bei RambaZamba verbringt. Darum geht es in diesem Haus nämlich auch - vor allem aber um Kunst. Das Theater RambaZamba ist nämlich kein Sozialarbeiterprojekt, sondern eine professionell arbeitende Bühne, die ihre Zuschauer herausfordern und erobern will.
Mit Erfolg. Die einmal im Monat veranstalteten Shows, „Hi Freaks“ betitelt und mit römischen Ziffern durchnumeriert, sind dabei nur eine schöne Zugabe. Am 14. Dezember wird der Schauspieler Lars Eidinger dabei sein, die Eintrittskarten für den Abend, wieder mit der vorzüglichen Elektroband 21 Downbeat, dürften jetzt schon knapp sein.
Der Name der Band geht spielerisch auf ein Problem ein, das hier, bei RambaZamba, eben keines ist - und auch sonst keines sein sollte: Menschen, die vom Down-Syndrom, also der Genanomalie Trisomie 21, betroffen sind, werden immer noch in scheinbar liebevoller Absicht, aber eben auch diskriminierend „Downies“ genannt.
In ihrem Theater zeigen die Schauspielerinnen und Schauspieler, wie leistungsfähig sie sind - und wie selbstverständlich Betroffene und Nicht-Betroffene miteinander arbeiten können. So zu erleben in der Komödie „Pension Schöller“, die eine zeitlos böse Gesellschaftssatire ist. Da kommt ein Krautjunker aus Brandenburg nach Berlin, um mal etwas ganz Besonderes zu erleben: Irre! Sein Neffe führt ihn in besagte Pension, die beileibe keine Nervenklinik, sondern ein Haus voller verschrobener Gäste, von denen wenigstens einer allerdings auch gefährlich ist.
Zackiger Offizier
Der pensionierte Offizier grüßt zackig mit „Heil Hitler“ und erkundigt sich, nachdem er darauf hingewiesen worden ist, dass es mit dem „Führer“ vorbei ist, wer denn an dessen Stelle der aktuelle Reichskanzler sei. Hinreißend die Tochter des Herbergsvaters, die als Kellnerin dienen muss und ungeachtet ihres dramatischen Sprachfehlers von einer Schauspielkarriere träumt. Dabei steht wechselnd einer der Darsteller unter der Dusche.
Woran man erkennt, dass es sich hierbei um Kunst handelt? Das ist sehr einfach: Wenn ein nackter Mann die Kellnerin bei einem Monolog abhört und keinen Augenblick das Gefühl von Peinlichkeit oder gar Fremdschämen aufkommt, muss diese Truppe etwas richtig gemacht haben. Und wenn der Schlussapplaus in eine riesige, quietschfidele Polonaise mit Künstlern und Gästen mündet, kann man sich so frei fühlen wie selten in unserer von Konventionen umstellten Lebenswirklichkeit. Wenn man sich mitzumachen traut.
››RambaZamba Theater, Schönhauser Allee 36–39, 10435 Berlin
www.rambazamba-theater.de
(mz)


