1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Get Well Soon: Wunderknabe aus der Provinz

Get Well Soon: Wunderknabe aus der Provinz

Von Werner Herpell 03.02.2008, 16:02

Berlin/dpa. - Berlin ­ Diese Musik schöpft aus dem Vollen, Bescheidenheit ist nicht ihr Ding. Mit Pauken und Trompeten, mit Streichern und Chören, mit Mut zu Pathos und Experiment erobert Konstantin Gropper alias Get Well Soon sein Publikum.

Fachmagazine und Internet-Experten sind sich einig: Ein so ambitioniertes Popmusik-Projekt aus Deutschland hat es lange nicht mehr gegeben. Dem Kritikerjubel folgte der Verkaufserfolg: Ende Januar stieg das Debüt mit dem Bandwurm-Titel «Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon» (City Slang) hoch in die deutschen Charts ein. Schon ist vom neuen «Indiepop-Wunderknaben» die Rede, der der darbenden Musikindustrie gut tue.

Konstantin Gropper sieht den auch für ihn selbst unerwarteten Hype gelassen: «Der hat wohl damit zu tun, dass die Platte für alle irgendwie aus dem Nichts kommt», sagt der 25-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Für mich ist das jedoch der Abschluss von zehn Jahren ernsthafter Arbeit als Musiker.»

Die Wurzeln von Get Well Soon liegen nicht in einer der Pop-Metropolen des Landes, sondern in der tiefsten Provinz ­ in Erolzheim im Oberschwäbischen. Dort wuchs Gropper als Sohn eines Musiklehrers in einer klassisch orientierten Familie auf, dort schwamm er sich irgendwann in Richtung Rockmusik frei, entwickelte sich zum Multi-Instrumentalisten und selbstbewussten Sänger. Dort «rekrutierte» er schließlich seine Schwester Verena Gropper (Violine), seinen Cousin Sebastian Benkler (Trompete) und den gemeinsamen Freund Maximilian Schenkel (Gitarre) für eine Live-Band.

Das erste Album allerdings entstand ­ man glaubt es kaum angesichts der orchestralen Pracht der 14 Stücke ­ weitgehend in Heimarbeit. Während er die mal an Radiohead oder Pulp, dann wieder an Calexico erinnernden Lieder seit Frühjahr 2006 am Laptop zu einem schlüssigen Songreigen zusammenbastelte, studierte Gropper in Mannheim an der Pop-Akademie. «Das Musiker-Dasein professioneller angehen, die Branche besser kennenlernen ­ das kann ja nicht schaden. Ich bereue das nicht, und es ist mir auch nicht peinlich.» Für seine Entwicklung als Musiker, das räumt er ein, hat ihm die mit dem Bachelor-Abschluss beendete Zeit in Mannheim nicht viel gebracht.

Eher schon war das Studium der großen Vorbilder erfolgreich. Ausgangspunkt für Konstantin Gropper waren Songwriter wie Tom Waits oder Leonard Cohen, aber offenkundig auch klassische Komponisten. So beginnt die 60-minütige Debüt-CD mit einer «Prelude» und endet mit der «Coda». Sorge, deswegen als versnobt zu gelten, hat der junge Musiker nicht: «Ist mir relativ egal, ob das cool ist. Das mag für manche gekünstelt sein, aber es entspricht eben meiner Herangehensweise an eine bestimmte Dramaturgie von Musik.» Auch bei angesagten britischen und nordamerikanischen Indie-Bands erkennt Gropper derzeit «einen Trend zu vielseitiger Instrumentierung, zum opulenten Arrangement» ­ und fühlt sich dadurch bestätigt.

Treibende Kraft hinter dem Überraschungserfolg von Get Well Soon ist das Berliner Independent-Label City Slang, seit mehr als 15 Jahren eine Heimstätte des guten Geschmacks mit fantastischen Bands wie Arcade Fire, Calexico oder Lambchop im Katalog. «Das war die erste Firma, die ich für die Veröffentlichung meiner Platte angeschrieben habe - weil es mein Lieblingslabel ist», sagt Gropper, der seit September selbst in der Hauptstadt lebt. Der Start mit Get Well Soon verlief für ihn «mehr als bilderbuchmäßig ­ das hätte auch eine größere Plattenfirma nicht besser hinbekommen».

Bald will der Hoffnungsträger aus der Provinz auch jenseits der Grenzen für Furore sorgen ­ am besten gleich im Pop-Mutterland England, wo sein Debüt im Mai erscheinen soll. Auf der Insel ist er immerhin nicht mehr ganz unbekannt: Im Vorjahr durfte Konstantin Gropper «nach heftiger Mundpropaganda durch unser Management» mit seiner siebenköpfigen Band beim weltberühmten Glastonbury-Festival auftreten ­ eine seltene Ehre für deutsche Popmusiker.

www.youwillgetwellsoon.com

www.myspace.com/youwillgetwellsoon

www.cityslang.com (dpa)