1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Ein «Ghostwriter» ohne Regisseur in Berlin

Ein «Ghostwriter» ohne Regisseur in Berlin

Von Elke Vogel und Aliki Nassoufis 12.02.2010, 15:40

Berlin/dpa. - Weil er mit elektronischer Fußfessel im Hausarrest in seinem Schweizer Chalet festsitzt, schickte der polnisch-französische Regisseur am Freitag seine Hauptdarsteller Ewan McGregor und Pierce Brosnan sowie den britischen Bestsellerautor Robert Harris auf den roten Teppich.

Dort stärkte die Filmcrew dem Regisseur den Rücken. «Ich war geschockt und enttäuscht, dass man Polanski festgenommen hat und fragte mich - warum jetzt, nach all den Jahren?», sagte Brosnan. Die USA fordern Polanskis Auslieferung. Ihm wird vorgeworfen, 1977 eine 13-Jährige mit Drogen gefügig gemacht und dann Sex mit ihr gehabt zu haben.

Er habe jedoch blindes Vertrauen gehabt, dass der Politthriller auch nach Polanskis Festnahme zu Ende gebracht wird, meinte Brosnan. Der Regisseur gab seine Anweisungen zur Fertigstellung des unter anderem auf Sylt, Usedom und in den Babelsberger Studios gedrehten Films dann vom Gefängnis und aus dem Hausarrest. «Wir schickten ihm durch seinen Schweizer Anwalt mit einem Kurierdienst Päckchen ins Gefängnis», sagte Produzent Robert Benmussa.

«Der Ghostwriter» ist die Verfilmung des brisanten Romans von Robert Harris. Erzählt wird vom Memoirenschreiber eines ehemaligen britischen Premierministers, dessen politische Karriere an Tony Blair erinnert. Die Idee zu der Geschichte habe er jedoch schon vor 15 Jahren gehabt, sagte Harris in Berlin.

In der spannenden Verfilmung spielt Brosnan den Premierminister Adam Lang, der bei der Terrorbekämpfung die Menschenrechte verletzt haben soll, indem er indirekt die CIA bei der Folterung von Verdächtigen unterstützte. Nachdem sein erster Memoirenschreiber unter dubiosen Umständen ums Leben gekommen ist, beauftragt er einen neuen Ghostwriter - gespielt von Ewan McGregor. Der kommt schon bald einer gefährlichen Verschwörung auf die Spur.

Hauptschauplatz ist die US-Atlantikinsel Martha's Vineyard, wohin sich der Ex-Premier mit seiner Frau Ruth (Olivia Williams) und einem kleinen Team um seine Assistentin Amelia (Kim Cattrall) zurückgezogen hat. Der Ghostwriter, der in der Abgeschiedenheit der Politikergattin Ruth näher kommt, muss sich entscheiden: Wird er zum Mitwisser oder deckt er die Verschwörung auf und riskiert damit sein eigenes Leben?

Polanski brachte es bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin bereits zu großen Ehren: 1966 gewann er für seinen Film «Wenn Katelbach kommt» den Goldenen Bären. Nach in der Vergangenheit spielenden Filmen wie «Oliver Twist» und «Der Pianist» ist Polanski mit «Der Ghostwriter» nun wieder in der Gegenwart angekommen.

Die Berlinale zeigt noch bis zum 21. Februar rund 400 Filme aus aller Welt. Im Wettbewerb um den Goldenen Bären sind neben «Der Ghostwriter» weitere 19 Regiearbeiten, darunter Werke von Oskar Roehler, Zhang Yimou und Michael Winterbottom. Außer Konkurrenz stellen die Berlinale-Stammgäste Leonardo DiCaprio und Martin Scorsese an diesem Samstag das Gefängnisdrama «Shutter Island» vor.

www.berlinale.de