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Drehorte Drehorte: Auf den Spuren der Familie Mann

Von Eva-Maria Mester 15.12.2008, 12:45

Lübeck/dpa. - Denn die Familie Buddenbrook hat es so nie gegeben,sie entstammt der Fantasie des Schriftstellers Thomas Mann, der denRoman 1901 als 26-Jähriger veröffentlichte. Trotzdem kann man denSpuren der Buddenbrooks in Lübeck an vielen Stellen begegnen. DennMann hat in dem Roman seine eigene Familie und das Leben in Lübeck inder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts porträtiert.

«Das wird beim Lesen schnell klar, auch wenn der Name Lübeck imRoman kein einziges Mal erwähnt wird», sagt der Direktor derKulturstiftung Hansestadt Lübeck, Hans Wisskirchen. «Er beschreibtdie Stadt, ihre Gebäude und die Befindlichkeiten ihrer Oberschicht sogenau, dass kein Zweifel möglich ist. Das Holstentor, das Rathaus,das Burgtor, das Katharineum, wo Hanno Buddenbrook eine ebensounrühmliche Schulzeit verbringt wie sein Schöpfer Thomas Mann - dasalles sind zentrale Orte der Handlung, die man auf einem Rundgangdurch die Stadt noch heute sieht», sagt Wisskirchen. «Der Film ist anauthentischen Orten gedreht worden. Das war nur in Lübeck möglich»,sagt er. Mittlerweile ist zu den schon seit Jahren angebotenenStadtführungen «auf den Spuren der Buddenbrooks» ein Rundgang «aufden Spuren des Films» hinzugekommen.

Denn während die letzte «Buddenbrooks»-Verfilmung, ein Elfteilerdes Hessischen Rundfunks, Ende der 1970er Jahre noch hauptsächlich inDanzig gedreht wurde, setzt Breloer in seinem Film fast immer dieOriginalschauplätze in Szene. Das Innere des Buddenbrookhauses wurdeallerdings in einem Studio nachgebaut - nach den Beschreibungen desRomans, aber ausladender, damit es genug Platz für die Kameras gab.

Am Buddenbrookhaus in der Mengstraße wird besonders deutlich, wiesich Dichtung und Wahrheit im Roman vermischen. Das Haus gehörte bis1891 den Großeltern Thomas Manns, der 1875 als Sohn des SenatorsThomas Johann Heinrich Mann in Lübeck zur Welt kam. In seinem Romanmachte der Schriftsteller das Gebäude zum Haus der Buddenbrooks.«Weihnachten im Hause Buddenbrook ist im Grunde das Weihnachtsfest,das Thomas Mann bei seinen Großeltern viele Male erlebt hat», sagtWisskirchen. Heute ist das Haus ein Literaturmuseum, das im erstenStock Originalszenen des Romans zeigt. «Die Touristen vor demBuddenbrookhaus haben also Recht und Unrecht zugleich, wenn siesagen, hier habe die Familie Buddenbrook gewohnt», stellt Wisskirchenfest.

Auch für die Personen gab es reale Vorbilder in der Familie Mannund in der Stadt. «Der Roman trägt ganz klar autobiografische Züge.Thomas Mann schildert in "Buddenbrooks" den Niedergang einer Familie,wie er ihn ähnlich in seinem Umfeld erlebt hat», erläutertWisskirchen. In seinem Buch «Die Welt der Buddenbrooks» schildert erdie politischen und gesellschaftlichen Hintergründe, auf die derRoman Bezug nimmt. So ist auch der Wirbel zu erklären, den der Romanbei seinem Erscheinen in der Lübecker Gesellschaft auslöste. So wirdin dem Buch Theodor Eschenburg (1904-1999), ein Enkel des LübeckerSenators und Bürgermeisters Johann Georg Eschenburg, zitiert: «Beiuns am Tisch durften der Roman und sein Verfasser nicht erwähntwerden.»

Auch die Kinder Thomas Manns haben offenbar nicht immer zwischenDichtung und Wahrheit unterscheiden können. Breloer berichtet inseinem Filmbuch zu «Buddenbrooks»: «Thomas Manns Sohn Golo hat einmalerzählt, wenn er und seine Geschwister in Lübeck am Grab der Mannsstanden, hätten sie gedacht, dort unten lägen die Buddenbrooks.»