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Diskussion in Halle Diskussion in Halle: Am Anfang war der Runde Tisch

Von Andreas Montag 08.12.2004, 19:05

Halle/MZ. - Warum der satten Serie von Talkrunden zum 15jährigen Jubiläum des Mauerfalls noch eine Erinnerungs-Übung hinzufügen? Weil der Runde Tisch, um den es gehen soll, der Gründungsmythos der Demokratie im Osten ist.

Also hat man sich am Dienstag in Halle getroffen, das Podium im Katholischen Pfarramt Heilig Kreuz ist prominent besetzt: die Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe, der PDS-Politiker Roland Claus, Lothar de Maizière, der erste und letzte frei gewählte DDR-Ministerpräsident, sowie Peter Willms, der am Runden Tisch in Halle Verantwortung trug.

Was aber war der Runde Tisch für ein seltsames Ding? Ein "vordemokratischer Debattier-Klub"? Lothar Tautz von der Landeszentrale für politische Bildung hat die Frage keck gestellt, seine Partner suchen eher Konsens als Kontroverse.

"Wir haben uns schwer getan, Mehrheitsbeschlüsse durchzusetzen", sagt de Maizière. Vom "Drunter und Drüber" bei der ersten Sitzung in Berlin erzählt er, von der Geschäftsordnung, die er auf einer geborgten Maschine hackte. Es sieht authentisch aus, das Bild. Aber auch ein bisschen weich gezeichnet. Poppe fügt trocken hinzu, den Mehrheitsbeschluss, keine Wahlkampfhilfe aus dem Westen anzunehmen, habe es gegeben: "Aber niemand hat sich daran gehalten". Im Übrigen seien die Frauen und Männer an den Runden Tischen zwar von den Bürgern entsandt - aber nicht wirklich demokratisch legitimiert gewesen. Wie auch, es gab ja noch keine Wahl.

Ihre Legitimation habe sich letzlich aus der Delegitimierung der alten Macht ergeben, antwortet de Maizière. Alle auf dem Podium bekunden wie Willms den "Feierabendpolitikern", die der DDR auf den Weg in die Demokratie halfen, Respekt. Roland Claus, damals als "Retter" in die SED-Bezirksleitung Halle geholt, spricht über verlorene Illusionen, versteinerte Genossen und Freunde aus den Blockparteien, die "entdeckten", schon immer im Widerstand gewesen zu sein.

Es wird auch an alte Wunden gerührt: Vom Einfluss der "Westparteien" ist in der Diskussion die Rede, vom "restriktiven Verhalten" de Maizières. Der kontert heiter preußisch, den Vorwurf lasse er sich gern gefallen. Ihm sei es darum gegangen, rechtsfreien Räume zu verhindern. Da gibt es noch mal Gänsehaut. Stimmt ja: Bei allem Jubel war immer ein Quäntchen Furcht.