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Berlinale Berlinale: Davonlaufen, um anzukommen

15.02.2010, 17:18
Benjamin Heisenberg, Franziska Weisz, Markus Schleinzer und Andreas Lust (v.r.n.l) bei der Premiere von «Der Räuber» auf der Berlinale (FOTO: DPA)
Benjamin Heisenberg, Franziska Weisz, Markus Schleinzer und Andreas Lust (v.r.n.l) bei der Premiere von «Der Räuber» auf der Berlinale (FOTO: DPA) dpa

Berlin/dpa. - Wie ein Tier hetzt «Der Räuber» durch diewinterliche Landschaft Österreichs. Knapp 25 Minuten lang dauert diefinale Flucht des Verbrechers in Benjamin Heisenbergs Berlinale-Wettbewerbsfilm. Dem 35-jährigen, aus Tübingen stammenden Regisseurgelingt es, den Zuschauer in atemloser Spannung an eine Figur zufesseln, die weder sympathisch noch einsichtig ist. Nach einer wahrenGeschichte erzählt Heisenberg («Schläfer») von einem Ende der 80erJahre als Pumpgun-Ronnie in die österreichische Kriminalgeschichteeingegangenen Marathonläufer und Bankräuber. 

   Heisenberg hält sich nicht lange auf mit dem Vorleben von JohannesRettenberger (Andreas Lust), wie er im Film heißt. Er zeigt ihn imGefängnis, wo der professionelle Läufer wie manisch auf einemLaufband trainiert. Nach der Haftentlassung gewinnt RettenbergerLaufwettbewerbe, begeht einen Mord und startet in Wien eine Serie vonspektakulären Bankeinbrüchen. Doch die Liebe zu Erika (FranziskaWeisz) stört den Lauf der Dinge. «Der Räuber» wird entdeckt und läuftum sein Leben. 

   Warum raubt dieser gehetzte, krankhaft davonrennendeMarathonmensch Banken aus? «Er muss die Grenze suchen, um sichüberhaupt selbst zu spüren», sagt Heisenberg im dpa-Interview. «Sonstfühlt er sich wie in Watte gepackt, und das hält er nicht aus», soder Regisseur. «Für mich ist das Bankausrauben nur eine Weiterführungdes Laufens, des sich Austestens.» 

   Heisenberg sieht den «Räuber» auch als eine Art Tier und hatseinen Film deshalb in Teilen wie einen Tierfilm gedreht. «DasTierische an ihm ist, dass er sich nicht gegen seine Veranlagungentscheiden kann. Sein unglaublicher Drang zum Laufen und dazu, sichbeim Rauben ständig auf die Probe zu stellen, ist angeboren», erklärtHeisenberg, dessen Großvater der Physiker und Nobelpreisträger WernerHeisenberg war, seine Sicht. 

   «Der Räuber» erinnere ihn an einen Wolf. «Weil er so ruhelos istund eine kalte und eine heiße Seite hat - und weil er so schönläuft.» So läuft Rettenberg davon, um anzukommen. Das Ende isttragisch und bei aller Kühle poetisch. 

   Mit den österreichischen Schauspielern Andreas Lust und FranziskaWeisz hat Heisenberg für seine zwei Hauptfiguren ganz hervorragendeDarsteller gefunden. Lust zeigt den «Räuber» als konzentrierten,verbissenen Menschen, in dessen Augen sich die Liebe als flackerndeUnsicherheit spiegelt. Weisz holt die Franziska behutsam aus ihrerGelassenheit und konfrontiert sie mit einem unlösbaren Konflikt.Die stärkste emotionale Entwicklung durchlaufe «Der Räuber» in derLiebe, sagt Heisenberg. «Aber diese Liebe steht in einem unmöglichenWiderspruch zu seinem Leben.»