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Berlin Berlin: Blaue Sheriffs sichern Schule

Von Peter Gärtner 10.12.2007, 18:07

Berlin/MZ. - Den Richardplatz, an den die Schulen direkt grenzen, machten in der Vergangenheit Cliquen türkisch- und arabischstämmiger Jugendlicher unsicher. "Im Notfall, wenn das Reden nicht mehr hilft", sagt Wachmann Öztürk, "rufen auch wir die Polizei." Ansonsten gilt: Reden, beruhigen, deeskalieren. Dafür sind die Männer speziell geschult worden.

Die wichtigste Aufgabe des Duos ist es, schulfremde Personen daran zu hindern, das Gelände zu betreten. Das heißt, sie müssen erst einmal ihre Schüler kennen, um dann andere, wie Kern sagt, "mit netten Worten zu vertreiben". Denn in den letzten Jahren haben sich in Neukölln nicht nur die sozialen Probleme verschärft. Auch die Situation an vielen Schulen spitzte sich zu.

Im letzten Schuljahr erreichte die Zahl der Gewalttaten im Bezirk die Rekordmarke von 139, 27 Übergriffe gingen von Schulfremden aus. "Da wird die Klassentür von Jugendlichen aufgerissen, der Lehrer angepöbelt und manchmal auch bedroht", berichtet Marlis Meinicke-Dietrich, die Schulleiterin der Röntgen-Realschule, aus dem Alltag. "Übergriffe von außen und üble Pöbeleien haben zugenommen. Der Ton gegenüber den Kollegen wird rüder und respektloser." Bis sich die Klasse dann beruhigt habe und die Lehrer wieder in Ruhe arbeiten könnten, sei die Stunde fast herum.

Der Übergriff eines schulfremden Jugendlichen, der einen Röntgen-Lehrer krankenhausreif prügelte, markierte im Juni dieses Jahres den traurigen Höhepunkt. Deshalb hatte Meinicke-Dietrich keine Sekunde gezögert, als es darum ging, welche Schule bei dem erst einmal bis zu den Sommerferien befristeten Pilotprojekt dabei ist. Insgesamt patrouillieren seit Montag vor 13 Schulen an zehn Standorten 20 private Wachleute. Dieser bundesweit erste Versuch einer Schulbehörde, neue Wege zu gehen, wird vom SPD / PDS-Senat ausdrücklich nicht unterstützt. "Paramilitärische Einheiten", ließ Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) seinen Parteifreund Heinz Buschkowsky wissen, seien der falsche Weg. So nahm der Stadtbezirks-Bürgermeister das umstrittene Projekt auf seine Kappe und die fälligen 200 000 Euro auf die Bezirks-Rechnung.

Die zwölfjährige Felime ist davon überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist. "Oft sind wir schon von fremden Jugendlichen angerempelt worden oder sie haben auf unserem Schulhof einfach Fußball gespielt", erzählt die Schulsprecherin der Grundschule. Gerade die kleineren Schüler hätten dann Angst bekommen. "Manchmal mussten die Lehrer aus dem Unterricht", sagt die 15-jährige Deniza, "weil auf dem Schulhof gestritten und geschrien wurde." Das habe ziemlich gestört.

Während der Senat zu Kooperationsverträgen mit der Polizei rät, wie sie Schulen in anderen Berliner Problemgebieten wie Wedding, Moabit und Kreuzberg abgeschlossen haben, hofft die Schulleiterin jetzt auf Prävention. "Wir haben in der Vergangenheit oft die Polizei gerufen. Trotzdem lief im Unterricht nach bestimmten Zwischenfällen nichts mehr", berichtet Meinicke-Dietrich. Ungestört arbeiten möchte auch Ferhet aus der 9. Klasse. "Echt cool" findet er deshalb die blauen Sheriffs.

Durch die Bank hatten Lehrer, Eltern und Schülervertreter dem Projekt zugestimmt. Dennoch sind nicht alle Schüler begeistert über den Wachschutz-Einsatz zwischen 7.30 Uhr und 16 Uhr. "Das wirkt jetzt so, als ob wir eine kriminelle Schule wären", mokiert sich Hanan. "Ganz schön doof ist das jetzt", klagt auch Kevin aus der 8. Klasse. "Die wissen jetzt, wenn ich zu spät komme."