Bauhaus Awards Bauhaus Awards: Neue Spiele in der Stadt
Dessau/MZ. - Sturmwind rüttelte heftig an den Jalousien, aber drinnen im abgedunkelten Bühnensaal des Bauhauses war niemand abgelenkt von den Geschehnissen am Pult. Die Präsentation der vier verbliebenen Anwärter auf den Bauhaus-Award ließ am Sonnabend, anders als bei dessen Einführung vor zwei Jahren, nichts an Ideenreichtum, Tiefsinn und Eloquenz vermissen.
Damit hat die sechsköpfige, international besetzte Jury das Mögliche getan, an die Auswahl für den Preis den Maßstab anzulegen, der seiner Bezeichnung entspricht. Auch wenn in Rechnung gestellt werden muss, dass er Anwärtern vorbehalten ist, die noch möglichst am Anfang ihrer Laufbahn stehen, wäre alles andere eine nicht mehr umkehrbare Entwertung gewesen.
Denn verknüpft mit dem weltweit assoziationsstarken Namen ist der Anspruch, den Begriff der Urbanität ideell wie in der Praxis mit neuen Inhalten zu füllen. "Raum und Technologie im urbanen Kontext" ist auch der Kerngegenstand des laufenden Bauhaus-Kollegs "Tele City". Dass die Kriterien insbesondere einer interdisziplinären Sichtweise für die Auswahl der Bewerber entscheidend waren, hat die Jury auch in ihrer Abschlussbewertung betont.
167 Beiträge aus 31 Ländern waren so zunächst von einer Sichtungskommission gesiebt worden, und von den verbleibenden 111 Teilnehmern fanden vor der Hauptjury nur vier den Weg ins Finale. Außerdem gab sie die Kategorien "Architektur und Städtebau", "Kunst und Design" sowie "wissenschaftliche und theoretische Arbeiten" auf und bedachte am Ende alle vier Kandidaten mit einem Preis.
Der Gewinner kann außer der Preissumme von 4000 Euro einen vierwöchigen Gast-Aufenthalt am Bauhaus in Anspruch nehmen. Das sollte in der Region angesichts des künstlerischen Spektrums des kanadisch-mexikanischen Lichtwerkers Rafael Lozano-Hemmer Beachtung finden. Seine Arbeiten haben in verschiedenen Städten in aller Welt enorme Resonanz gefunden. So hat er am Himmel über dem gigantischen Zócolo-Platz in Mexico-City lenkbare Scheinwerfer installiert, deren Strahlenbündel über Internet von jedermann zu gestalten waren. In Linz, Rotterdam und anderen Städten machte er Passanten zu Akteuren eines Schattentheaters an Häuser- oder auf Leinwänden.
So versetzte der gelernte Chemiker die Bewohner der Stadt in die Lage, auf ihr Umfeld anders als gewohnt zu reagieren. Ähnliches bezweckte die Berliner Gruppe "Rude Architecture" - Gesa Glück, Tobias Neumann und Friedrich von Borries - mit ihrem 100-Tage-Projekt "Urban Diary" (Stadt-Tagebuch). Sie erhielt einen der zwei dritten Preise.
Die Gruppe ließ sich von der Beobachtung leiten, dass in der Stadt verkehrsreiche Orte viele Menschen zusammenführt, aber kein Miteinander entsteht. Bald fanden sie großen Widerhall mit ihrer öffentlichen Projektion von Handy-Botschaften (SMS) am U-Bahnhof Alexanderplatz in Berlin. 10000 Kurznachrichten fanden ihr Publikum, ob es um Liebeserklärungen oder Lebensweisheiten ging.
Theoretische Arbeiten des in Zürich lehrenden Kulturwissenschaftlers Steffen P. Walz (mit einem Computerspiel "hybrider Realität") sowie der in Brüssel tätigen Architektin Carole Schmit (mit einer Studie transnationaler Pendler im Benelux-Raum) ernteten die übrigen Preise. Sie zeigten, dass mit konzeptuell untersetzter "Feldforschung" unbewusste Vernetzungen des Lebens offenbar werden.