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"Anne Will" talkt über Griechenland "Anne Will" talkt über Griechenland: Macht Tsipras Ernst oder will er nur spielen?

Von Harry Nutt 05.02.2015, 06:42
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras rtr Lizenz

Berlin - Ein Gespenst geht um in Europa, und es trägt ein elegantes Jackett und das Hemd leger über der Hose. Nach der Griechenlandwahl vor fast zwei Wochen, aus der Alexis Tsipras und sein Linksbündnis Syriza deutlich als Sieger hervorgingen, rätselt man in Europa noch immer, ob es die Polit-Hasardeure Tsipras und Varoufakis ernst meinen mit der europäischen Gemeinschaft oder ob sie mit ihr nur spielen wollen.

Schockattacken wechseln ab mit Charmeoffensiven, starke Worte mit sanften Schmeicheleien. Die fabelhaften Syriza-Boys touren durch die Länder, und wir wissen nicht, was wir von ihnen halten sollen.

Beste Startbedingungen  also für eine politische Talk-Show, zu der Anne Will zu später Stunde die Politiker Norbert Röttgen (CDU) und Ralf Stegner (SPD), die ARD-Journalistin Marion von Haaren sowie den Syriza-Wirtschaftsberater Theodorus Paraskevopoulos und den Wirtschaftsweisen Christoph M. Schmidt geladen hatte. Und weil es nach dem Bundesliga-Fußball in der Englischen Woche geschah, lautete die Frage denn auch recht sportlich: „Die Machtprobe – Tsipras gegen das alte Europa“.

Die Frage nach der Geste

Und wie es bei der Bewertung sportlicher Duelle längst üblich ist, ging es auch bei Anne Will zunächst um Körpersprache. Was wollte EU-Chef Jean-Claude Juncker damit sagen, als er Alexis Tsipras an die Hand nahm und ihn von der Bühne geleitete. War es eine paternalistische Geste, wie Will unterstellte, oder doch eher eine aus der griechischen Symbolwelt, wie Paraskevopoulos augenzwinkernd anmerkte. Er würde es mit Anne Will in Athen genauso machen.

Norbert Roettgen wollte in der griechischen Woche, die Syriza abgefackelt hatte, zumindest eine falsche Tonlage wahrgenommen haben, die er aber geneigt sei zu überhören.

Viel Empfindsamkeit also im harten Polit-Geschäft, in der dann in der verbleibenden Zeit die ökonomische Ausweglosigkeit Griechenlands gegen die politische Chuzpe geschnitten wurde, ausgerechnet mit einem rechtspopulistischen Partner zu koalieren.

Ralf Stegner beharrte wiederholt darauf, dass sich das nicht gehöre. Man darf sich nicht mit Rechtspopulisten einlassen, lautete sein Mantra des Abends, gegen das Paraskevopoulos nur einzuwenden hatte, dass halt niemand anderes da war.

Von Haaren will Schuldenkonferenz

Und? Darf man sich mit Putin einlassen? Die Frage stand kurz im Raum, wurde aber eher vorsichtig abgetastet als kraftvoll mit Argumenten traktiert. Marion von Haaren war es am Ende vorbehalten, so etwas wie einen konstruktiven Vorschlag zu machen. Es brauche so etwas wie eine europäische Schuldenkonferenz, es müsse wieder kräftig Vertrauen in die Währung investiert werden.

Der ökonomische Sachverstand von Christoph M. Schmidt blieb dagegen eher einsilbig. Griechenland sei auf einem ganz guten Weg gewesen, der nun durch Syriza fahrlässig abgebrochen werde. Und: In Zeiten der Nullzinspolitik sind Schulden ohnehin eine überbewertete Kategorie.

Jean-Claude Juncker geleitet Alexis Tsipras von der Bühne.
Jean-Claude Juncker geleitet Alexis Tsipras von der Bühne.
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