Rente mit 63 Rente mit 63: So können Abschläge beim vorzeitigen Ruhestand stark begrenzt werden

München - Immer mehr Deutsche drängt es in frühzeitigen Ruhestand. Relativ einfach ist das ab 45 Beitragsjahren. Vorzeitig in Rente kann auch, wer 35 Beitragsjahre schafft. Das mindert entweder die Rente oder es kostet freiwillige Beiträge. Letzteres liegt im Trend. 2018 hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) 287 Millionen Euro an solchen Beiträgen erhalten. 2015 waren es 31 Millionen Euro. Experten erklären die Dynamik unter anderem mit den Dauerniedrigzinsen. Mit auf 67 Jahre steigendem Regelrentenalter wird vorzeitige Rente auch von daher immer gefragter. Voraussetzung ist, dass man im Erwerbsleben genug finanziellen Spielraum für freiwillige Beitragszahlungen hat, um sich von Rentenabschlägen freizukaufen. Thomas Magenheim-Hörmann beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
Kann man mit 35 Beitragsjahren alle Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand mit freiwilligen Zahlungen ausgleichen?
Nein, aber den größten Teil davon. Es gibt zwei Effekte, die bei vorzeitigem Ruhestand rentenmindernd wirken. Wer beispielsweise mit 63 statt 67 Jahren in Rente geht, bezieht diese vier Jahre länger. Das ist der eine Effekt, der die monatliche Rentenzahlung senkt. Den kann man durch freiwillige Beiträge ausgleichen. Zweitens zahlt man im Beispiel aber auch vier Jahre weniger seine Rentenbeiträge ein. Diesen zweiten Effekt kann man nicht kompensieren.
Wie groß ist dieser zweite Effekt?
Das ist vom Einkommen abhängig. Beim deutschen Brutto-Durchschnittslohn von 3 200 Euro monatlich sind es nach Auskunft der DRV Bund pro Jahr, das man früher in Rente geht 33 Euro, bei vier Jahren vorzeitigem Rentenantritt also 132 Euro weniger Rente pro Monat.
Und wie groß ist der erste Effekt, den man durch freiwillige Beiträge ausgleichen kann?
Das ist abhängig von der Höhe der Rente, die man ohne vorzeitigen Ruhestand erhalten würde und von der Zeit, die man früher in Rente gehen will. Jeder Monat, den man früher zu arbeiten aufhört, mindert die Rente um 0,3 Prozent. Wer beispielsweise 1 000 Euro Rente bekommen würde, aber ein Jahr früher aufhören will, erhält monatlich 36 Euro weniger. Wer vier Jahre früher in Rente geht, bekommt nur noch 856 Euro, also 144 Euro weniger Rente.
Was kostet es, die Abschläge zu vermeiden?
Bei 1 000 Euro zu erwartender Rente sind es bei einem Jahr vorzeitigem Ruhestand knapp 8 200 Euro, bei vier Jahren vorgezogenem Rentenbeginn fast 37 000 Euro. Diese Summen wirken zunächst abschreckend. Aber sie lassen sich zeitlich strecken. Seit einer Gesetzesänderung 2017 kann einen Antrag auf vorzeitige Rente ohne Abschläge stellen, wer mindestens 50 Jahre alt ist. Abstottern kann man die Summe dann jeweils über zwei Raten jährlich, also maximal 26 Teilzahlungen, was steuerlich ratsam ist.
Wie funktioniert das?
Die freiwilligen Rentenbeiträge kann man steuermindernd geltend machen, wenn dabei Höchstgrenzen nicht überschritten werden. Wer den Beitrag auf einen Schlag überweist, überschreitet diese Höchstgrenzen, verschenkt also Steuerminderungspotenziale. Zudem wird das Ganze so eher finanzierbar.
Kann jeder auf diese Weise vorzeitig in Rente gehen?
Nein. 35 Beitragsjahre muss man auf jeden Fall haben. Kindererziehungszeiten und Bundeswehr oder Zivildienst zählen dazu.
Was passiert, wenn ich die Rente mit 63 beantrage, dann doch länger arbeiten will?
Das ist kein Problem. Freiwillig gezahlte Beiträge sind nicht verloren, auch wenn man sie nicht in bar zurückbekommt. Aber sie wirken rentensteigernd. Über diesen Umweg kann man auch den anfangs erwähnten zweiten Rentenminderungseffekt durch die Hintertür ausgleichen. Man stellt einen Antrag auf Rente mit 63 Jahren, zahlt die errechnete Summe, arbeitet aber so lange über 63 Jahre hinaus weiter, bis der rentenerhöhende Effekt durch Zusatzbeitrag, den rentenmindernden durch weniger Beitragszeit ausgeglichen hat. Das verlängert dann aber wieder die Lebensarbeitszeit.
Rentiert sich das Ganze finanziell überhaupt?
Die Frage lässt sich nur individuell beantworten. Die Stiftung Warentest hat berechnet, dass Normalverdiener ihre Rente rund 20 Jahre lang beziehen müssen, damit sich freiwillige Ausgleichszahlungen finanziell rentieren. Nicht eingerechnet sind dabei künftige Rentenerhöhungen, die diese Zeitspanne reduzieren. Die Deutsche Rentenversicherung selbst sagt, dass die Rendite freiwilliger Rentenzahlungen derzeit zwischen zwei und drei Prozent liege.
(mz)