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Preisentwicklung Preisentwicklung: Der lange Schatten der Mehrwertsteuer

Von Thorsten Wiese 05.10.2006, 07:50

Köln/Wiesbaden/dpa. - Wenn zum 1. Januar wird dieMehrwertsteuer um drei Punkte von 16 auf 19 Prozent angehoben. Autos,Möbel, Computer sowie viele Dinge des täglichen Bedarfs werden dannteurer. Dennoch sollten Verbraucher jetzt nicht unbedacht einkaufengehen. Denn viele Preise sind bereits gestiegen - wieVerbraucherschützer vermuten, damit die Händler in einigen Monatenmit stabilen Preisen werben können. Der Zeitpunkt, derMehrwertsteuererhöhung zuvor zu kommen, ist für Verbraucher damitmöglicherweise schon vorbei.

Nach der jüngsten Konsumklimastudie der GfK-Gruppe in Nürnbergbeabsichtigten die Bundesbürger im September zwar mehr denn je zuvorin diesem Jahr, größere Anschaffungen zu tätigen. Als Grund wird dieMehrwertsteuererhöhung angegeben. Im Warensortiment von Discounternhat es in den vergangenen Monaten aber bundesweit im Vergleich zumVorjahr schon bei weitem mehr Preisanhebungen als -senkungen gegeben.

Das geht aus Daten des Wirtschaftsinformationsdienstes Preiszeigerin Köln hervor, der täglich die Preise von Lebensmitteln undDrogerieartikeln mehrerer Billigketten erhebt. «In der Kosmetik hatsich am meisten getan», erläutert Geschäftsführer Andreas Breitbart.Düfte und Lotionen, aber auch hochwertige Nachtcremes sind teurergeworden. Ebenso seien die Preise für Haushaltswaren und Getränkeheute im Schnitt höher als zu Jahresbeginn.

Auf dieselbe Entwicklung weist der so genannte Preismonitor desStatistischen Bundesamtes in Wiesbaden hin: Seit Juni notieren dieExperten die Preisentwicklung für 42 Waren und Dienstleistungen.Ihren Aufzeichnungen zufolge sind im Sommer vor allem Drogerieartikelteurer geworden. So stiegen die Preise für Duschgel um ein halbesProzent, die für Zahnpasta um 1,3, für Geschirrspülmittel um 0,8Prozent und für Tapetenkleister um 1,3 Prozent. Eine Anhebung um denSatz der Mehrwertsteuer - 3,0 Prozent - wird zwar von den betroffenenGütern nicht erreicht. Dennoch sehen Experten eine klare Tendenz.

«Wir bekommen gerade immer mehr E-Mails von Verbrauchern, dass diePreise angezogen haben», sagt Theo Wolsing von derVerbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Das passe zwarauf den ersten Blick nicht mit den aktuellen Werbeaktionenverschiedener Händler zusammen, die in langen Listen versprechen,welche Preise zum 1. Januar in keinem Fall angehoben würden. «Da wirddoch aber eine Mischkalkulation gemacht. Wenn ich zum Beispiel denPreis für Erdbeerjoghurt erhöhe, kann ich den für Toilettenpapiernatürlich gleich lassen», erklärt Wolsing.

Dass Eile derzeit beim Einkaufen ein schlechter Ratgeber ist, hataber noch weitere Gründe. So hat zwar die deutsche Möbelindustrie für2007 schon höhere Preise angekündigt, weil die Kosten für Energie undHolz gestiegen seien. Gerade bei größeren Anschaffungen ratenExperten aber zur Besonnenheit. So könne es sich beim Autokauf sogarlohnen, den Jahreswechsel abzuwarten - wer seinen Gebrauchtengleichzeitig in Zahlung geben will, bekomme nach der allgemeinenPreisanhebung schließlich auch mehr für den Alten heraus. Zudemhätten Neuwagenangebote der Hersteller ihre Tücken, heißt es beimADAC in München. Die Unternehmen werben derzeit damit, Kunden dieMehrwertsteuer zu «schenken».

Theo Wolsing weist auf einen anderen Punkt hin: Ob aktuellePreiserhöhungen mit der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung zusammenhängen, lasse sich zwar nicht mit Sicherheit sagen. «Klar ist aber,dass derzeit ein gewisser Kaufdruck aufgebaut wird.» Verbrauchermachen daher auch keinen Fehler, wenn sie größere Anschaffungenverschieben. «Ich glaube, dass sich die Verbraucher nach dem 1.Januar erst einmal zurückhalten werden - und dann gibt es umso mehrRabatte, um die Kauflaune anzukurbeln.»

Auch Andreas Breitbart schätzt, dass die Verteuerung von Warenjetzt schon annähernd abgeschlossen ist: «Für die zahlreichenPreisanhebungen ist nicht zwingend die Mehrwertsteuer verantwortlich.Ich glaube aber, dass da jetzt nicht mehr allzu viel passiert.»

Viele Verbraucher haben daher möglicherweise richtig gehandelt,als sie ihr Geld schon im Sommer ausgaben, um die Steuererhöhungmöglichst spät und wenig zu spüren zu bekommen. So werden dieBundesbürger zwischen September und Dezember in diesem Jahr rund 5Prozent mehr für Reisen ausgegeben haben als im Vorjahreszeitraum,fanden die Marktforscher der GfK-Gruppe in einer repräsentativenStudie für die Internationale Tourismus Börse (ITB) in Berlin heraus.Als Grund wurde die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung angegeben.