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Paradiesfrucht aus Salzwedel Paradiesfrucht aus Salzwedel: Eiskalt getrocknet in die Welt

Von Ralf Böhme 28.11.2014, 07:25
In solchen bunten Tüten kommen Trockenfrüchte aus Salzwedel auf den fernöstlichen Markt.
In solchen bunten Tüten kommen Trockenfrüchte aus Salzwedel auf den fernöstlichen Markt. Andreas Stedtler Lizenz

Salzwedel - Der Papst mischt sein Müsli selbst. Barack Obama ist Schokoladen-Fan. Scheich Muhammad in Dubai liebt Kandiertes. Leckeres in vielen Varianten - mit einer Gemeinsamkeit: Früchte, die zwar getrocknet sind, aber am Ende für den unverwechselbaren Geschmack sorgen. Der Anspruch: Paradiesisch gut müssen sie sein, um weltweit die Gaumen verwöhnen zu können. Dieser Herausforderung stellt sich eine erfolgreiche Firma aus Sachsen-Anhalt seit zehn Jahren: Paradiesfrucht GmbH in Salzwedel (Altmark).

Jüngster Beleg für ihren Erfolg ist die Auszeichnung durch den Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) als „Unternehmen des Jahres 2014“. Fast zwei Dutzend andere Betriebe hatten sich noch an dem Wettbewerb beteiligt. Ausschlaggebend, sagt OSV-Präsident Michael Ermrich, war am Ende die Innovationskraft des Unternehmens, das Produkte in speziellen Kälte- und Trocknungsanlagen verarbeitet und 120 Mitarbeiter beschäftigt. Beliefert werden mit den gefriergetrockneten Früchten neben Müslifirmen auch weltbekannte Schokoladenhersteller.

Die Frage des guten Geschmacks

Egal, was Paradiesfrucht auf den Markt bringen will, immer geht es um die Frage des guten Geschmacks. Die erste Antwort muss in jedem Falle Carolin Thesing geben. Die Ernährungswissenschaftlerin ist verantwortlich für die Entwicklung neuer Produkte. Im Labor variiert die 32-Jährige bewährte Rezepte oder versucht sich an Kreationen, die es so noch nicht gibt. Gegenwärtig richtet sie ihr Augenmerk darauf, wie sich in Salzwedel aufbereitete Früchte mit diversen Joghurtsorten verbinden können. Damit kommt das Unternehmen den Wünschen von Partnern aus den USA entgegen. Paradiesfrucht-Geschäftsführer Bernd Wiesner: „Wir rechnen uns gute Chancen aus, einmal mehr den Nerv unserer Kunden in Übersee zu treffen.“

Die unternehmerische Idee, ein Geschäft mit Trockenfrüchten zu entwickeln, erweist sich bis heute als Erfolgsgeschichte. Anfangs von der EU und vom Land mit einer fast 50-prozentigen Förderung unterstützt, zahlt sich die Zehn-Millionen-Investition längst auch für die Region aus. So ist die Zahl der Mitarbeiter von 20 im ersten Jahr auf jetzt 150 gestiegen. Und auch künftig kann von einem Wachstum ausgegangen werden. Marktanalysen bestätigen, dass weltweit immer mehr Lebensmittel mit solchen Komponenten entwickelt werden. Die Zuwachsraten erreichen teilweise bis zu 50 Prozent. Weit vorn rangieren Milchprodukte, Süß- und Backwaren. Seinen Anteil an diesem Aufschwung sichert sich Paradiesfrucht durch eigene Vertriebsbüros in fünf Ländern, darunter in den USA, England und in der Ukraine. Enge Kontakte gibt es auch nach Australien, Korea und in die skandinavischen Länder. Stammgast ist das Unternehmen zudem auf der weltgrößten Lebensmittel-Fachmesse, der „Gulfood“ in Dubai.

Gefriertrocknung im Vakuum

Ohne Konservierungsstoffe, ohne künstliche Farben, ohne zusätzliche Chemikalien - diese drei Eigenschaften seiner Erzeugnisse öffnen Paradiesfrucht die Türen bei immer mehr Kunden. Dazu gehören Bio-Internethändler, die beispielsweise Bio-Müsli zum Selbstmischen anbieten.

Geschäftsführer Wiesner sagt: „Es gibt nichts, was wir für unsere Abnehmer nicht ausprobieren würden.“ Und es gebe nur wenige Früchte, die sich nicht für das Verfahren der Gefriertrocknung eigneten. Maracuja hätte beispielsweise kaum Struktur im Fruchtfleisch, Erdnüsse enthielten ohnehin zu wenig Wasser - aber ansonsten sei fast alles möglich.

Dreh- und Angelpunkt ist die großtechnische Gefriertrocknung im Vakuum: Rohstoffen aus aller Welt - täglich vier bis fünf Lkw-Ladungen - wird bei minus 18 Grad Celsius das Wasser entzogen. Übrig bleiben wahre Leichtgewichte. Ursprünglich 100 Kilogramm Erdbeeren bringen am Ende nur noch zehn Kilogramm auf die Waage. Nährwert und Farbe bleiben dagegen unverändert. Der fruchtige Geschmack kehrt, versichert Produktentwicklerin Thesing, in der Verarbeitung wieder zurück. Ähnlich verhält es sich bei zahlreichen anderen Dingen, die Paradiesfrucht inzwischen frostet und trocknet: fast 2 000 Erzeugnisse, auch Tee, Fisch, Fleisch, selbst Würstchenscheiben für die Fünf-Minuten-Terrine. Das Ergebnis ist eine starke Umsatzentwicklung. Die 50-Millionen-Marke ist erreicht. Das jährliche Plus beträgt 20 bis 30 Prozent. So lassen sich, meint Geschäftsführer Wiesner, sogar die russischen Wirtschaftssanktionen verkraften. Das dadurch verursachte Minus beträgt vier bis fünf Prozent. Irgendwann, glaubt der Manager, werde aber auch Putin merken, dass Trockenfrüchte aus Salzwedel paradiesisch schmecken. (mz)

Carolin Thesing ist die leitende Produktentwicklerin des Unternehmens. Aktuell sondiert sie neue Rezepturen für den amerikanischen Markt.
Carolin Thesing ist die leitende Produktentwicklerin des Unternehmens. Aktuell sondiert sie neue Rezepturen für den amerikanischen Markt.
Andreas Stedtler Lizenz