Neue Agrartechnik in Bernburg Neue Agrartechnik in Bernburg: Tröpfchen gegen Trockenheit

Bernburg - Der schwarze, saftige Boden in der Börde und im Salzlandkreis gilt als fruchtbarstes Ackerland in Deutschland. Im Regenschatten des Harzes ist die Region allerdings mit Niederschlag nicht gerade gesegnet. Sie gilt als Trockengebiet. In diesem Frühjahr war es besonders extrem: Statt der durchschnittlich 250 Liter pro Quadratmeter fielen von Januar bis Mai nur knapp 120. Für einige Landwirte bedeutet dies Ernteeinbußen von 30 Prozent, da das Getreide regelrecht auf den Halmen verdorrte.
Gegen Trockenheit können die Bauern nichts tun. Bisher. Ein Forschungsversuch im Internationalen DLG-Pflanzenbauzentrum in Bernburg könnte dies künftig ändern. Seit Anfang des Jahres läuft das Projekt mit dem sperrigen Namen „Unterflur-Tropfbewässerung“. Forschungsleiter Klaus Erd-le zeigt auf einem Versuchsfeld, um was es geht: „Wir haben spezielle Tropfschläuche 30 Zentimeter tief in den Boden verlegt“ Die Spezialschläuche der israelischen Firma Netafim besitzen kleine Öffnungen, mit denen Wasser gezielt abgegeben werden kann.
Langzeittest für Schlauchsystem
Ähnliche Systeme werden schon seit Jahrzehnten etwa im Weinbau oder im Gemüseanbau verwendet, erklärt Erdle. Auch einige Hobbygärtner bewässern so ihre Pflanzen. Im großflächigen Ackerbau spielte die Tröpfchen-Methode aufgrund der hohen Kosten bisher keine Rolle. Auf sandigen Böden in Niedersachsen wird teilweise durch riesige Sprinkleranlagen Ackerboden bewässert.
Doch da durch den vorhergesagten Klimawandel Trocken- und Regenzeiten wahrscheinlich zunehmen werden, könnte diese Bewässerungsform auch für große Felder interessant werden. „In einem Langzeitversuch wollen wir herausfinden, ob es sich rechnet“, sagt der Agrarwissenschaftler.
In Bernburg wurden dazu auf einer Fläche von drei Hektar 16 große Parzellen angelegt. Auf diesen werden Raps, Weizen, Gerste, Mais und Zuckerrüben angebaut. Ein Teilstück ist dabei mit Schläuchen im Abstand von einem Meter ausgelegt - daneben fehlen sie. Der Unterschied beim Winterweizen ist aktuell beträchtlich: Während auf dem bewässerten Feld volle Ähren stehen, sind die benachbarten unbewässerten eher mickrig. „Die Wurzeln der Pflanzen reichen bis zu einem Meter tief“, erläutert Erdle. Das Wasser aus den Schläuchen trete dort aus, wo es am besten von den Pflanzen aufgenommen werde. Es werde nur bewässert, wenn dies wirklich nötig sei.
In einem zweiten Schritt soll durch das System auch Dünger „verabreicht“ werden. „Auch dabei kann die Dosierung viel genauer vorgenommen werden, als bei einer oberflächlichen Düngung“, so Erdle. Häufig würden Nährstoffe auf dem Feld einfach weggespült oder von den Pflanzen schlecht aufgenommen.
Dies alles spricht für die Bewässerung, doch Erdle weist genauso auf Herausforderungen hin: „Wir testen, wie lange die Schläuche halten.“ Nach seiner Ansicht müssten sie schon zehn bis 15 Jahre funktionieren, damit eine Verlegung überhaupt zu rechtfertigen ist. Das Know-how der Netafim-Produkte besteht darin, dass die Öffnungen nicht verschmutzen oder durch Düngemittel verkleben. Auch dies wollen die Agrarwissenschaftler untersuchen.
Doch was muss der Landwirt für das ganze investieren? „Die Materialkosten je Hektar liegen innerhalb einer Preisspanne von 850 bis 3 500 Euro“, sagt Nico Heinemann von Netafim Deutschland. Bei einer Installationsdauer von mindestens zehn Jahren entspreche dies 85 bis 350 Euro pro Hektar im Jahr.
Wasserquelle erforderlich
Nach Worten von Heinemann gibt es einfache Systemlösungen, mit autarken zeitgesteuerten Ventilen bis hin zum Tropfsystem gesteuert nach Klimadaten. Ein entscheidender Faktor für die Anwendung sei eine Wasserquelle in der Nähe - etwa ein Brunnen oder Oberflächenwasser. Die etwa 30 Zentimeter tief im Boden liegenden Schläuche erlauben laut Heinemann auch keinen Pflug bei der Bodenbearbeitung. All dies schränke die Zahl der potenziellen Anwender ein. Heinemann betont aber auch, dass solche Systeme weltweit auf mehreren Millionen Hektar eingesetzt würden und ausgereift seien.
Im Langzeittest prüft nun Agrarforscher Erdle, ob steigende oder stabile Erträge den teuren Technikeinsatz rechtfertigen. In der Vergangenheit waren die Landwirte und auch viele Wissenschaftler eher skeptisch. Nach dem trockenen Frühjahr in Sachsen-Anhalt sehen dies einige hiesige Bauern jetzt vielleicht auch anders. (mz)
