Kürzungspläne in Sachsen-Anhalt Kürzungspläne in Sachsen-Anhalt: Hauen und Stechen im Nahverkehr

Halle (Saale) - Michael Schmiedel hat ein Déjà-vu: Der Landesvorsitzende für Mitteldeutschland des ökologisch ausgerichteten Verkehrsclubs Deutschlands verfolgt in Sachsen-Anhalt gerade, was er vor einigen Jahren in Sachsen schon einmal miterlebt hat: Das Land kündigt an, Mittel für den Schienennahverkehr zu kürzen und Strecken auszudünnen oder ganz einzustellen. In Sachsen ging es um 130 Millionen Euro. In Sachsen-Anhalt stehen akut 31 Millionen auf der Kippe, von Kürzungen betroffen wären Linien wie Halle-Eisleben und Weißenfels-Zeitz. Die Mittel sollen künftig in den Schülerverkehr fließen, der anders offenbar nicht mehr finanziert werden kann.
Es gibt bei der Nasa ein Konzept, eine S-Bahnlinie allein zwischen Halle und Eisleben einzurichten, dass schon vor der Ankündigung der Landesregierung, die Zuschüsse zu kürzen, erarbeitet wurde. Nach dem Ende einiger notwendiger Bauarbeiten im Bereich des halleschen Bahnhofs könnte, so die Nasa, eine bestimmte Linie zwischen den beiden Städten Halle und Eisleben pendeln. Offen ist nun, was aus diesen Plänen wird.
Neue Verhandlungsrunde
Das Problem: Die Gelder, um die es geht, sind sogenannte Regionalisierungsmittel, welche die Länder vom Bund erhalten, um den Nahverkehr zu finanzieren. Demnächst steht eine neue Verhandlungsrunde an, ab 2015 werden die Summen neu verteilt. Vor diesem Hintergrund Kürzungen anzukündigen, hält nicht nur Schmiedel für schwierig. Bei der Bahn etwa wird befürchtet, beim Bund könne das Signal aus Magdeburg so ankommen: Sachsen-Anhalt kommt offenbar mit weniger Geld aus, also erhält das Land künftig auch weniger. Schmiedel sieht das ähnlich: „Damit wird gesagt, wir nehmen 31 Millionen weg, und es funktioniert immer noch.“ Kritik kommt auch von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Deren Magdeburger Geschäftsstellenleiter Jürgen Geidies spricht von einem „vorauseilenden Sparkurs“ der Landesregierung. Er befürchtet, dass infolge der Kürzungen bis zu 300 Stellen im Schienenverkehr abgebaut werden müssten.
Bisher erhält Sachsen-Anhalt jährlich 367 Millionen Euro vom Bund. Das Papier mit den Kürzungsplänen war von der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa erarbeitet worden. „Das ist keine Drohung“, sagt Geschäftsführer Rüdiger Malter. „Wir haben nur aufgezeigt, was passieren würde, wenn die 31 Millionen nicht kommen.“ Entscheiden müsse die Politik.
VCD-Mann Schmiedel sieht Länder wie Sachsen-Anhalt und Sachsen mit ihren Kürzungsplänen in einer schlechten Verhandlungsposition, wenn es um die Verteilung der Bundesmittel geht. Dichtbesiedelte West-Länder wie etwa Nordrhein-Westfalen, die in den zurückliegenden Jahren mehr Zugkilometer bestellt hätten, rüsteten sich bereits für diese Debatte. Schmiedel warnt vor einem „Hauen und Stechen“ unter den Ländern.
Webel gibt sich gelassen
Allerdings zweigt auch Nordrhein-Westfalen aus den Regionalisierungsmitteln Geld für den Schülerverkehr ab. Direkt verboten ist das nicht. Im Gesetz heißt es lediglich sinngemäß, die Gelder sollten vornehmlich der Schiene dienen. Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) gibt sich denn auch demonstrativ gelassen. Die Zahlungen für den Schülerverkehr seien „nicht der Knackpunkt“, sagt er. „Wenn der Bund den ermittelten Bedarf an Regionalisierungsmitteln bestätigt und bereitstellt, dann werden sich die Länder über die Verwendung schon einigen.“ Nach Angaben von Nasa-Chef Malter haben die Länder insgesamt 8,5 Milliarden Euro angemeldet. Ein vom Bund in Auftrag gegebenes Gutachten gehe von 8,4 Milliarden Euro aus, um den Nahverkehr auf der Schiene auch künftig stabil finanzieren zu können. Der Bund selbst habe sich allerdings noch nicht positioniert, sagt Malter. Dabei dränge die Zeit: Bis zum Jahresende müsse eine Lösung gefunden sein, damit die Mittel ab 2015 fließen können. (mz)
