K+S in Zielitz K+S in Zielitz: Unruhe unter Tage

Zielitz - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) will gemeinsam mit dem Land Hessen einen möglichen Kauf des Kasseler Rohstoff-Produzenten K+S durch den kanadischen Konkurrenten Potash verhindern. „Zu einer Übernahme gegen den Willen des Unternehmens darf es nicht kommen“, sagte Haseloff am Dienstag beim Besuch des Kali-Bergwerkes Zielitz bei Magdeburg.
Der Erhalt der 1.800 Arbeitsplätze in Zielitz dürfe zudem nicht infrage stehen. Der K+S-Vorstand lehnt die Übernahme-Offerte bisher ab und will auch keine Gespräche führen. Potash hat den K+S-Aktionären bisher 41 Euro pro Aktie geboten und könnte das Angebot noch aufstocken. Die Bundesregierung kann den Kauf aufgrund der EU-Wettbewerbsregeln nicht verhindern. Haseloff kündigte allerdings an, rechtliche Möglichkeiten, die mit EU-Recht vereinbar sind, zu prüfen.
In 700 Metern Tiefe wird nördlich von Magdeburg Kalisalz abgebaut. Die mehr als 100 Meter hohen Halden des Bergwerks Zielitz sind allerdings schon von weitem sichtbar. Es ist die höchste Erhebung zwischen der Landeshauptstadt und der Ostsee. Von den Menschen in der Region werden die künstlichen Berge liebevoll „Kalimandscharo“ genannt. Knapp 1.800 Beschäftigte arbeiten an dem Standort des Kasseler Rohstoffkonzerns K+S. Über alle Wirtschaftskrisen hinweg lief das Werk stabil. Seit der kanadische Konkurrent Potash Ende Juni ein „freundliches“ Übernahmeangebot für K+S abgegeben hat, sind allerdings auch die Zielitzer Mitarbeiter verunsichert.
„In den vergangenen 25 Jahren haben wir hier eines der modernsten Kalibergwerke geschaffen“, sagt Betriebsratschef Michael Knackmuß. Diese Arbeit dürfe nicht gefährdet werden. Das Bergwerk, in dem 1973 die Arbeit aufgenommen wurde, ist einer der größten Arbeitgeber im nördlichen Sachsen-Anhalt. Hunderte Kumpel fahren pro Schicht unter Tage ein. Der Arbeitsrhythmus ist seit Jahrzehnten ähnlich: bohren, sprengen, laden, abtransportieren. „Jährlich werden zwölf Millionen Tonnen Kalisalz gefördert“, sagt Knackmuß, der 2001 als Kfz-Mechaniker in Zielitz anfing. Aus diesen würden zwei Millionen Tonnen Düngemittel (K2 O) gewonnen. 95 Prozent der Produkte werden exportiert - nach Europa, Südostasien und Südamerika.
Höhere Produktionskosten
Die Arbeit unter Tage ist trotz aller Technik anstrengend: In den Stollen herrschen bis zu 45 Grad Celsius, nicht nur bei den Sprengungen ist Konzentration wichtig. Dies wird laut Knackmuß allerdings auch ordentlich entlohnt. Der Betrieb zahlt Tariflohn, zudem gibt es Schichtzuschläge. Das hat aber auch eine Kehrseite: Aufgrund der Lohnkosten und der hohen Umweltstandards werde in Zielitz und den anderen K+S-Bergwerken in Deutschland teurer produziert als in anderen Weltregionen, sagt Werkleiter Martin Westphal. Das sei kein Geheimnis. Ein Branchenkenner sagte der MZ, dass „die deutschen Werke die Tonne etwa für 160 Dollar fördern“. In Kanada würden die Kosten, auch wegen vielfach anderer Fördertechnologien, bei etwa 90 Dollar liegen.
Dennoch erwirtschaftet K+S ordentliche Gewinne. K+S-Vorstandschef Norbert Steiner sagt daher: „K+S braucht Potash nicht.“ Die Übernahmeofferte für etwa acht Milliarden Euro hält er für zu niedrig. Steiner befürchtet zudem, dass die Nordamerikaner nach einem Kauf die Produktion in den deutschen Minen von K+S herunterfahren könnten, um das Angebot am Markt für Kali-Düngemittel zu verknappen. Damit würde ein Teil der weltweit rund 14.000 Arbeitsplätze bei K+S auf der Kippe stehen. Zwar beteuern die Kanadier, alle Arbeitsplätze erhalten zu wollen, doch konkrete Angebote fehlen bisher.
Werkleiter Westphal erläutert, was dies für den Standort bedeuten könnte: „Unsere Vorräte reichen noch für 40 Jahre.“ In den nächsten Jahren müsse allerdings eine Halde erweitert werden. Zudem werde erwogen, auch die Produktion von sogenannten Hartsalz aufzunehmen. „Als eigenständiges Unternehmen haben wir die Zukunft in der Hand“, sagt Westphal.
Ein Beispiel macht dies deutlich. Als 2013 die Preise auf dem Weltmarkt drastisch eingebrochen sind, traf dies auch K+S hart. Vorstandschef Steiner legte ein Effizienzprogramm auf, mit dem 500 Millionen Euro konzernweit gespart werden sollen. „In Zielitz bedeutete das konkret, dass Abteilungen zusammengelegt wurden“, sagt Knackmuß. Arbeitsabläufe seien durch den Einsatz neuer Technik gestrafft worden. „Die Arbeitnehmer waren dabei mit im Boot“, so der 39-Jährige. Er ist unsicher, wie die Kanadier in solchen Fällen reagiert hätten. Werden sie auch in Zielitz weiter investieren?
Haseloff sagt Hilfe zu
Politische Rückendeckung erhält K+S von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der gestern das Werk besuchte. Gemeinsam mit seinem hessischen Amtskollegen Volker Bouffier, wolle „man alles für den Erhalt des Unternehmens tun“. „Zu einer Übernahme gegen den Willen des Unternehmens dürfe es nicht kommen“, sagt Haseloff.
Neben Zielitz betreibt K+S auch noch ein großes Salzbergwerk in Bernburg (Salzlandkreis). Auch dort herrscht Unruhe. Unklar ist, ob die Kanadier auch langfristig an dem Salzgeschäft interessiert sind oder es weiterverkaufen wollen. In Bernburg wird vor allem Streusalz für Straßen und Salz für die Lebensmittelindustrie gefördert und hergestellt.
Eine Übernahme verhindern kann die Politik allerdings nur schwer. Sollte Potash sein Angebot an die Aktionäre erhöhen und die große Mehrheit das akzeptieren, kann die Bundesregierung kein Veto einlegen. Das Wettbewerbsrecht in der EU steht dem entgegen. „Wir prüfen dennoch, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt“, sagt Haseloff. Schließlich sei Potash kein Unternehmen aus der EU. Nach Ansicht von Haseloff sei der Kalibergbau eine strategisch wichtige Industrie für die Landwirtschaft. Aus diesem Grunde habe die kanadische Regierung auch vor zwei Jahren eine Übernahme von Potash durch einen australischen Konzern verhindert. In Zielitz hört man Haseloffs Worte gern. (mz)