Peinlich ICE- 4-Schnellzug vibriert - Deutsche Bahn bekommt Probleme nicht in den Griff

Halle (Saale) - Im Doppelstock-Intercity zwischen Leipzig, Halle und Magdeburg fühlten sich Passagiere lange Zeit streckenweise wie auf hoher See - es schwankte. Die Erinnerungen an die Wackel-Waggons sind noch frisch, da rollt der nächste Problem-Zug an: Im neuen ICE 4, seit knapp einem Jahr im Probebetrieb zwischen Hamburg und München, treten während der Fahrt Vibrationen auf.
Die Deutsche Bahn AG und der Zughersteller Siemens bestätigten einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, wonach einzelne Waggons des neuen Hochgeschwindigkeitszuges auf bestimmten Streckenabschnitten bei hohem Tempo immer wieder vibrieren. Es sei, so die Konzerne, „mit zunehmender Laufleistung“ ein „hochfrequentes Vibrieren“ festgestellt worden. Die Sicherheit des Zuges sei aber nicht beeinträchtigt, es handele sich um eine „Komforteinschränkung“.
ICE 4, Doppelstock-IC: Die Deutsche Bahn bekommt ihre Probleme mit dem Fuhrpark nicht in den Griff
Als Ursache nannte eine Bahn-Sprecherin auf Anfrage ein „ungünstiges Zusammenspiel von Rad und Schiene“. Dahinter könnte womöglich ein größeres Problem stecken: Das Eisenbahn-Bundesamt wies bereits im Herbst vorigen Jahres in einem Papier auf von der Bahn vorgenommene Veränderungen der Schienenprofile hin. Dies führe „bei verschiedenen Fahrzeugen zu einem instabilen Fahrzeuglauf“. Ein mit den Vorgängen vertrauter Insider sagte der MZ: „Das Problem sind nicht die Räder der Züge. Das Problem sind die Schienen.“ Deren Profil passe nicht mehr zu dem der Räder. Die Bahn ließ am Donnerstag offen, welche und wie viele Züge noch betroffen sind und warum die Schienenprofile überhaupt verändert wurden.
Um das Vibrieren beim ICE 4 in den Griff zu bekommen, sollen nach MZ-Informationen zunächst die Radlaufflächen der betroffenen Waggons abgeschliffen werden. Mittelfristig sind aber auch Veränderungen an der Konstruktion nicht ausgeschlossen.
Viel Zeit bleibt nicht mehr: Der rund 40 Millionen Euro teure ICE 4 soll ab Mitte Dezember regulär eingesetzt werden, geplant sind anfangs fünf Züge zwischen Hamburg und München. Die Bahn geht davon aus, dass der Termin zu halten ist: „Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass die planmäßige Aufnahme des Regelbetriebs gefährdet ist“, sagte Berthold Huber, Vorstand der Sparte Personenverkehr. Der Bahn-Manager weiß das Eisenbahn-Bundesamt hinter sich. Die Aufsichtsbehörde erklärte am Donnerstag, es spreche „derzeit nichts gegen einen dauerhaften Betrieb der Fahrzeuge“. Die Zulassung für den regulären Verkehr mit Fahrgästen sei bereits Ende 2016 erteilt worden.
Huber sagte, die Bahn habe sich für die ein Jahr dauernde Probephase entschieden, „um das Fahrzeug auf Herz und Nieren zu testen und eventuelle Kinderkrankheiten vor Start des Regelbetriebs zu beseitigen“. Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ begrüßt das: „Alltagstauglichkeit bekommen Sie nicht auf der Teststrecke hin“, sagte Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann der MZ. Allerdings: Wenn es Pannen gibt im Alltagstest, haben die Fahrgäste das Nachsehen. So 2013, als die Deutsche Bahn vier Monate vor dem offiziellen Start die neuen S-Bahn-Züge zwischen Halle und Leipzig erprobte. Damals streikten immer wieder die Türen, manche Züge fielen ganz aus.
Wie nun beim ICE 4, war die Bahn vor knapp zwei Jahren auch beim Doppelstock-IC optimistisch, die Probleme rasch in den Griff zu bekommen. Die Waggons hatten streckenweise geschwankt, die Bahn sprach von „Querbewegungen, die von den Reisenden als Wanken empfunden werden“. Auch in diesem Fall harmonierten Rad und Schiene nicht wie sie sollten.
Bei der „normalen Instandhaltung über Nacht“ sollten die Mängel behoben werden, hieß es zunächst. Dann stellte sich heraus, dass dies nur schrittweise möglich ist, Monate später schließlich war klar, dass es mit geänderten Radprofilen nicht getan ist. Vielmehr, so hieß es, müsse auch die Federung der Waggons überarbeitet werden. Dies soll nun bis Ende dieses Jahres erledigt sein.
(mz)