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DDR-Zigarettenmarke DDR-Zigarettenmarke: "Alte Juwel" haben ausgeraucht

Von Wolfram Schlaikier 15.07.2015, 11:12
20 Zigaretten für 2,50 DDR-Mark, so sahen „Juwel“-Zigaretten zu DDR-Zeiten aus. Zur Unterscheidung von „Juwel 72“ wurden sie oft „Alte Juwel“ genannt.
20 Zigaretten für 2,50 DDR-Mark, so sahen „Juwel“-Zigaretten zu DDR-Zeiten aus. Zur Unterscheidung von „Juwel 72“ wurden sie oft „Alte Juwel“ genannt. N-Lange.de Creative Commons ShareAlike 3.0

Halle (Saale) - „Wird es kleinere Zigarettenmarken bald nicht mehr geben?“, fragte die Augsburger Allgemeine vor wenigen Tagen. Die Online-Ausgabe der Welt wusste mehr und listete nebst Fotos auf, welche Marken bald verschwinden. Neben „Peer 100“ und „Lux“ sei das prominenteste Opfer „HB“ von Britisch American Tobacco (BAT), übrigens benannt nach der Dresdner Zigarettenfabrik „Haus Bergmann“ im Stadtteil Striesen.

Westzigaretten der Marke „HB“ kannte so ziemlich jeder Raucher in der DDR, obwohl sie sich im Osten nur ein Bruchteil beschaffen konnte. Denn nur wer D-Mark besaß oder Verwandte in der Bundesrepublik hatte, konnte West-Zigaretten wie „HB“ rauchen. „HB“ war deshalb häufiger Bestandteil vieler Westpakete, dazu gab es sie und andere West-Marken in den DDR-Intershops zu kaufen.

Hintergrund der Marktbereinigung ist neben dem sinkenden Absatz einiger Marken auch eine neue Tabakrichtlinie der EU-Kommission, die bis Mai 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Sie schreibt unter anderem deutlich größere Warnhinweise mit Fotos vor, die zusammen rund zwei Drittel der Vorder- und Rückseite der Packungen bedecken müssen. Außerdem wurden kleine Verpackungen für bestimmte Tabakwaren verboten.

Bei den kleinen Verpackungen gibt es noch ein weiteres Opfer an der Marken-Front, von dem bisher nicht die Rede war: „Juwel“ aus der zu Philip Morris gehörenden „f6 Cigarettenfabrik Dresden“. Die Marke wurde bereits Mitte März vom Markt genommen, wie Philip Morris auf MZ-Anfrage bestätigte. Die Zigaretten in der Pappschachtel, von vielen Rauchern „Alte Juwel“ genannt“, um sie von den mit Tabak aus Bulgarien gestopften „Juwel 72“ zu unterscheiden, wurde von Arbeitern, Handwerkern, Bauern und vielen Studenten geraucht.

Wie der Tabakhersteller Philip Morris versucht, Juwel-Raucher zu halten und wie viel Zigaretten zu DDR-Zeiten kosteten, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Was natürlich auch am Preis/Leistungs-Verhältnis von 2,50 DDR-Mark für 20 Zigaretten gelegen hat. Zwar gab es noch billigere Marken wie „Casino“, „Jubilar“ (zehn Zigaretten für 1 DDR-Mark) , „Real“ oder „Salem“ (20 Zigaretten für 1,60 DDR-Mark), weit verbreitet als Billig-Zigarette war aber vor allem Karo ohne Filter (20 Zigaretten für 1,60 DDR-Mark).

Ob „Juwel“-Raucher nun der Philip Morris-Werbung folgen und künftig die ebenfalls in Dresden produzierte „f6“ qualmen, wird sich zeigen. Denn wie viele Schachteln „Alte Juwel“ zuletzt in Dresden produziert wurden, beantwortete Philip Morris-Sprecherin Dorothea Misch nicht. Der Handel sei informiert worden, die Kunden per Aufdruck auf der Packung. Vermutlich war auch der Absatz der Marke zuletzt eher schwach, so dass „ab Mitte März die Marke Juwel nicht mehr im Markt sichtbar“ gewesen sei, so Misch.

Immerhin: So ganz gestorben sind die Ost-Marken ja noch nicht: Reemtsma produziert „Cabinet“ (3,20 DDR-Mark) und „Duett“ (6 DDR-Mark), und bei JT International Germany gibt es noch „Club“ (4 DDR-Mark). „Die Intelligenz saugte an Club-Stengeln, Duett wurde vom Abteilungsleiter angezündet, Friseure und Friedhofsgärtner schmauchten F6. Nur der Produktionsarbeiter griff zu Karo und füllte sich die Lungenflügel mit ungefilterter Wirklichkeit“, schreibt ein nach Marburg (Hessen) ausgewanderter Ostdeutscher auf seiner Webseite „Made in GDR“.

So war sie, die Deutsche Demokratische Republik. Zigaretten und Schnaps gab es immer, leider nur selten die Marken, die die Werktätigen bevorzugten. Im Zigarettenregal schmorten Juno, Inka und Juwel 72, nur wollte die kaum jemand kaufen. Und nebenan im Schnapsregal stand „Klarer Juwel“, wie der ähnlich berüchtigte „Kristall Wodka“ wegen seines blauen Etiketts „Blauer Würger“ genannt. Aber das ist eine andere Geschichte.

5,70 Euro kostete zuletzt eine Schachtel Juwel mit 19 Zigaretten.
5,70 Euro kostete zuletzt eine Schachtel Juwel mit 19 Zigaretten.
M. Lorenz Lizenz
Eine Zigarette wird in einem Aschenbecher ausgedrückt.
Eine Zigarette wird in einem Aschenbecher ausgedrückt.
dpa Lizenz