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Billigstromanbieter Billigstromanbieter: Prozess um Teldafax-Pleite vertagt

18.02.2014, 09:17

Bonn - Der Strafprozess um die Teldafax-Pleite vor knapp drei Jahren ist bereits zum Auftakt am Dienstag ins Stocken geraten. Vor dem Bonner Landgericht erhoben die Verteidiger von zwei der drei angeklagten Ex-Manager des Billigstromanbieters Einwände gegen die Besetzung der Strafkammer. Darüber will das Gericht am Freitag entscheiden. In ihrer Anklageschrift warf die Staatsanwaltschaft den Ex-Vorständen gewerbsmäßigen Betrug und Insolvenzschleppung vor.

Die angeklagten Ex-Teldafax-Vorstände Klaus B., Gernot K. und Michael J. sollen die Insolvenz des Troisdorfer Unternehmens über längere Zeit verschleiert und unterdessen zahlreiche Kunden durch Vorkasse-Tarifmodelle geschädigt haben. Den Beschuldigten im Alter zwischen 49 und 61 Jahren drohen mehrjährige Haftstrafen. Zumindest der Angeklagte K. könnte allerdings auf eine Bewährungsstrafe hoffen, sollte er ein Geständnis ablegen. Die Möglichkeit einer entsprechenden Verständigung sei im Vorfeld des ersten Verhandlungstages erörtert worden, sagte der Vorsitzende Richter Eugen Schwill.

Größte Insolvenz der Geschichte

Die Teldafax-Pleite vom Juni 2011 gilt gemessen an der Zahl der Gläubiger als die größte Unternehmens-Insolvenz in der deutschen Geschichte: Die 2001 gegründete Firma mit zuletzt 600 Mitarbeitern war innerhalb weniger Jahre zu Deutschlands größtem unabhängigen Energieanbieter aufgestiegen und zählte mehr als 700.000 Kunden.

Die Pleite des Billigstrom-Anbieters Teldafax ist eine der größten Insolvenzen der deutschen Energiebranche. Ein Rückblick.

Oktober 2010: Die Firma dementiert einen Zeitungsbericht, wonach sie seit eineinhalb Jahren überschuldet ist. Teldafax erwarte 2011 zum ersten Mal schwarze Zahlen, erklärt ein Unternehmenssprecher.

4. November 2010: Es wird bekannt, dass ein russischer Investor mit einem zweistelligen Millionenbetrag bei Teldafax einsteigen will.

30. November 2010: Die Bonner Staatsanwaltschaft erklärt, dass sie gegen Teldafax-Verantwortliche wegen möglicher Insolvenzverschleppung ermittelt. Es handelt sich den Angaben zufolge um eine Vorprüfung.

Februar 2011: Die Bundesnetzagentur leitet nach Kundenbeschwerden wegen einseitiger Umstellung von Zahlungsmodalitäten Untersuchungen gegen zwei Teldafax-Tochterfirmen ein.

März 2011: Ein Investor mit Sitz auf Zypern soll als Gesellschafter dem Billigstrom-Anbieter wieder auf die Beine helfen. Laut Teldafax geht es um eine Summe im mittleren zweistelligen Millionenbereich.

14. Juni 2011: Das Unternehmen stellt beim Bonner Amtsgericht wegen Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag.

17. Juni 2011: Teldafax setzt vorübergehend die Belieferung seiner Kunden aus. Die ersatzweise geplanten Lieferungen von Grundversorgern der jeweiligen Regionen müssen die Kunden zunächst selbst bezahlen.

September 2011: Das Amtsgericht Bonn eröffnet das Insolvenzverfahren über acht Teldafax-Gesellschaften.

November 2011: Auf einer Gläubigerversammlung schließt der zuständige Insolvenzverwalter nicht aus, dass sich die gesamten Schulden auf eine halbe Milliarde Euro belaufen könnten. Mit einem Abschluss des Insolvenzverfahrens sei nicht vor 2017 zu rechnen, heißt es.

Februar 2013: Die Staatsanwaltschaft Bonn erhebt Anklage gegen drei frühere Top-Manager von Teldafax wegen Insolvenzverschleppung und gewerbsmäßigen Betrugs in 241 Fällen.

Die drei beschuldigten Ex-Manager sollen laut Staatsanwaltschaft den Insolvenzantrag von Teldafax bis zum 14. Juni 2011 verzögert haben, obwohl die Firma schon im Sommer 2009 zahlungsunfähig gewesen sei. „Die Angeklagten hatten Kenntnis von der Überschuldung“, sagte Staatsanwalt Alexander Klingberg bei Verlesung der Anklageschrift zu Prozessbeginn.

Statt Insolvenz anzumelden, hätten die Verantwortlichen bei Teldafax Kunden mit Tarifen gelockt, die nicht kostendeckend gewesen seien - mit dem Ziel, dem Unternehmen Liquidität zu verschaffen. Das Geld sammelten sie laut Anklage in Vorkasse ein, wobei die Kunden wegen der Pleite dafür keine Gegenleistung mehr bekamen. Die Staatsanwaltschaft wertete dies als Betrug.

Buchführung nicht vorhanden

Aus Gründen der Verfahrenseffizienz erhoben die Strafverfolger nur in 241 ausgewählten Fällen Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs - obwohl sich die Gesamtzahl der geschädigten Kunden nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft im „mittleren fünfstelligen Bereich“ bewegen soll. In dem Bonner Verfahren wirft die Anklage den früheren Managern außerdem vor, seit 2008 keine ordnungsgemäße Bilanz für die Teldafax-Holding mehr aufgestellt zu haben. Die Buchhaltung bei Teldafax „entsprach in keiner Weise den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung“, sagte Staatsanwalt Klingberg.

Wegen der Verteidiger-Einwände gegen die Besetzung des Gerichts verzichtete die Bonner Wirtschaftsstrafkammer am ersten Prozesstag auf die ursprünglich geplante Befragung der Angeklagten. Die Anwälte der Angeklagten B. und J. begründeten ihre sogenannten Besetzungsrügen unter anderem damit, dass die Zuweisung des Verfahrens an die Strafkammer unzulässig gewesen sei. Der Vorsitzende Richter Schwill nannte es „ein Gebot der Fairness“, vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung über die Einwände zu beraten.

Für den Prozess sind zunächst 15 weitere Verhandlungstage bis Mitte Mai angesetzt. Allerdings wird damit gerechnet, dass der Prozess mindestens bis zum nächsten Jahr dauert. (afp)